Klinge der Federmessergruppe oder Bromme-Kultur

Begonnen von Pipin, 23. Oktober 2015, 17:19:11

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Pipin

Moin moin,

ich möchte Euch gerne eine Klinge zeigen, die ich nördlich von Hamburg nähe des Alsterlaufes gefunden habe. Diese Klinge besitzt einen glatten und ovalen SFR ohne Lippe. Der Herz'sche Kegel ist gut erkennbar. Der Bulbus ist flach und die Schlagnarbe ausgesplittert. Die Klinge ist breit und dick. Am Distalende wurde durch einen Schlag quer zur Schneide, eine glatte unscharfe Kante erzeugt. Am rechten Distalende ist auf der Dorsalseite gut eine leichte Flächenretusche zu sehen. Ich gehe davon aus, das diese zusätzlich zur Entgratung angebracht wurde, um den Zeigefinger beim Druck nicht zu verletzen. Andere Theorien sind natürlich willkommen. Die Schneide zeigt eindeutige Absplitterungen durch den Gebrauch.  

Ein schönes Stück Geschichte steckt in dieser Klinge finde ich.

Gruß Christian

Siebenpapagei

Hallo Pipin,

der flache Bulbus ist typisch für den weichen Schlag ( Geweih, Knochen, Holz ).
Das Distalende sieht mir gebrochen aus. Einen bewußt gesetzten seitlichen Schlag kann ich auf den Bildern nicht erkennen.
Klingen brechen schon häufig beim lösen vom Kern. Entweder distal oder proximal.
Bei der Retusche, denke ich nicht an eine Schutzretusche. Warum sollte man diese schöne Schneide stumpfen?
Gibt es denn Glanz im Schneidenbereich, auf beiden Seiten? Die Retusche könnte eine Gebrauchsretusche sein. Oder Pflugretusche, dann müsste aber die Patina unterbrochen sein, wie bei den anderen rezenten Beschädigungen.

Viele Grüße

Ralf :winke:

Steinkopf

Die beiden Macken auf der konkaven Seite sehen nach rezenter Verletzung aus.

LG

Jan

Pipin

 :winke: Hallo Ralf,

schön dass Du deine Einschätzung mit mir teilst. Meine Angaben habe ich aus der Beschreibung der Klingenherstellung von J.Hahn.
In Verbindung zum Fundort nähe der Alster passt das mit dem Spätpaläolitikum auch.

"Das Distalende sieht mir gebrochen aus" -> wenn Sie gebrochen ist, wäre dann nicht eine Verrundung zu erkennen ? Die Kannten sind aber scharf und weißlich patiniert.

"Einen bewußt gesetzten seitlichen Schlag kann ich auf den Bildern nicht erkennen" -> sehe ich auch nicht  :besorgt: war für mich aber eine wenn auch vage Erklärung

"Bei der Retusche, denke ich nicht an eine Schutzretusche. Warum sollte man diese schöne Schneide stumpfen? " -> Da ist eine Kannte keine Schneide und beim Rechtshänder wäre genau dort der Druckpunkt des Zeigefingers daher meine Erklärung

Gibt es denn Glanz im Schneidenbereich, auf beiden Seiten? -> Glanz hat keine Schneidenseite oder  :glotz:. Die Klinge scheint nur auf einer Seite gebraucht worden zu sein ( siehe Foto mit Pfeilen ) Die andere Seite sieht unbenutzt aus. Das leite ich aus dem Klingenrand ab, der auf einer Seite eine durchgehende weiße Patinierung aufweist und auf der anderen Seite keine.

"Die Retusche könnte eine Gebrauchsretusche sein. Oder Pflugretusche, dann müsste aber die Patina unterbrochen sein, wie bei den anderen rezenten Beschädigungen" Die gezeigten und angesprochen Retuschen sind alle patiniert.

Eine Zuordnung Bromme oder Federmesser ist so wohl nichtmal von den nordischen Profis machbar oder?

@ Jan 

Ja das sind ganz klar frische Beschädigungen die findest du auch konvex.




Siebenpapagei

Bruchkannten müssen nicht verrundet sein. Gerade die Bruchkannten eignen sich aus eigener Erfahrung hervorragend zum hobeln.
Benutze ich meistens um Haselzweige für Pfeilschäfte zu entrinden.
Nach meinem Verständnis hat eine Klinge eine (zwei) Schneide(n). Kurz meine Gedanken zusammengefasst:

Bin im Mesolithikum im Alstertal
Wenig Flint
Muss schon danach suchen
endlich Flint gefunden
mindere Qualität
naja Geschiebe eben
Für ein Paar Klingen wird es schon reichen
brauche ich dringend um die Beute zu zerlegen
Kern mühevoll präpariert
endlich einige brauchbare Klingen gelöst.
Benutze die Klingen so lange ich kann
habe ja zum Glück zwei Schneiden pro Klinge
Abendessen gesichert! :-)


Die Klinge könnte von Jungpaläolithikum - Neolithikum einzustufen seien. Wenn du Beifunde, wie Federmesser oder Brommespitzen hättest, dann wäre deine Vermutung möglich.
Dem Fundplatz nach ist die Klinge höchster Wahrscheinlichkeit dem Frühmesolithikum der Maglemosekultur zuzuordnen. 

Grüße

Ralf

Pipin

Hallo Ralf,
danke für deinen Ansatz.
Ich finde der ist sehr plausibel und dann könnte die Retusche am Kopf vom Gebrauch stammen.

Zur zeitlichen Zuordnung sehe ich ein, das wäre reine Spekulation.

Gruß Christian

RockandRole

Hallo Leute

Hätte da noch ein paar Gedanken zum Thema Schutzretusche. Wenn ein Artefakt 2 Schneiden hat, wäre es da nicht sinnvoll, die Seite auf der die Hand liegt, mit einem Stück Leder oder ähnlichen abzudecken? Dann hätte man, wenn die Schneide stumpf ist, noch eine weitere scharfe zum Weitermachen. Oder wäre so ein eine Handhabe unpraktisch?

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen