Scherben und Flint

Begonnen von Birk, 21. Oktober 2012, 09:06:16

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Birk

Diese scherben habe ich vor ein paar wochen auf einem Acker (  Hannover) gefunden. Darunter war auch dieser Flint.  Könnte es sich dabei um ein Artefakt handeln? :nixweiss:  Länge 43 mm  Breite 19 mm

        Gruß
      Birk

Steinkopf

Moin Birk,

So ein rein weisses Stück lässt die Details an der Oberfläche nur schwer erkennen.

Fühl doch mal die beiden Enden - ist wenigstens eines davon verrundet, glatt?

LG

Jan

Birk

Zitat von: Steinkopf in 21. Oktober 2012, 09:17:45
Moin Birk,

So ein rein weisses Stück lässt die Details an der Oberfläche nur schwer erkennen.

Fühl doch mal die beiden Enden - ist wenigstens eines davon verrundet, glatt?

LG

Jan
Hallo  Jan. Wie meinst du das mit verrundet oder glatt?  Also es ist nicht so rund wie ein Schaber oder sowas. An dieser stelle , wurden wohl schon mehrfach sachen aus dem Spätneolithikum gefunden. Die Scherben stammen wohl aus der frühen Eisenzeit. Eventuell  Harpstedter Rauhtöpfe?

   Gruß
    Thomas

Steinkopf

Hallo Birk,
Ich war unpräzise.

Wenn sich bei länglichen Siilex-Objekten die 'Pole', die Enden glatt verrundet anfühlen,
dann handelt es sich in der Regel um Feuerschlagsteine.
Das kann man mit der 'Fingersensorik' besser fühlen, als es auf Bildern sichtbar wird.
Es wäre nicht untypisch füe solche Einzelstücke von Siedlungsplätzen.

LG
Jan

Birk

Hallo Jan. Also das eine ende ist schon abgerundet und relativ stumpf.  Auf bild 4 wäre das die linke seite des Steins. Wenn es so ein Feuerschlagstein sein würde, wurde damit dan Feuer gemacht ?

Gruß
    Thomas

Steinkopf

Hallo Birk,

Zwei gut abgebildetes Beispiele für die glatte Verrundung, die beim Funken schlagen
durch Berührung mit Pyrit oder Markasit entstehen, sind hier zu finden:

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,54820.0.html

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,53807.0.html

Ich kann es immer besser fühlen, als auf Bildern erkennen, weil die Form des
Artefakts recht beliebig ist.

LG

Jan



Siebenpapagei

Hallo Birk,

interessantes Stück! Ich denke auch, dass es sehr gut ein Feuerschläger sein kann. Um das aber sicher sagen zu können sind die Bilder zu undeutlich. Die eine Seite scheint aber leicht konvex retuschiert zu sein. Es könnte auch ein Abschlag mit Schliff sein, vorletztes Bild. Die Beilklingen wurden bevorzugt aus diesem weißen Flint gefertigt.
Also, wenn ich in der Heide diesen weißen Flint finde, dann ist das zu 95% etwas artifizielles.  :smoke:

Zum Feuerschlagen weiß ich so viel, dass mit dem Feuerschläger aus Flint auf Pyrit geschlagen wurde, seitlich mit den Kanten oder Spitzen des Steines. Die dadurch entstehenden Funken wurden in ein Nest aus Zunderschwamm und Pflaum oder Stroh aufgefangen, biss der Zunderschwamm zu glimmen anfing. Durch anblasen sollte dann ein Feuerchen entstehen. So die Theorie!

Ich habe das mal ausprobiert und bin kläglich gescheitert.
Mich wundert es auch, dass man häufig diese Feuerschläger findet, wenn es denn wirklich welche waren, aber nie ein Stückchen Pyrit. Oder geht das auch mit Flint auf Flint? Wer kennt sich hier damit aus, die Fragen geistern mir schon häufiger durch den Kopf :kopfkratz:
Sicherlich weiß Manfred dazu mehr :belehr:

Viele Grüße

Ralf :winke:

Steinkopf

@Ralf  7P,

Zitat: "Mich wundert es auch, dass man häufig diese Feuerschläger findet,
           wenn es denn wirklich welche waren, aber nie ein Stückchen Pyrit."

So geht es mir auch.
Wahrscheinlich sind Markasit und Pyrit nach einigen tausend Jahren Verwitterung
nicht so beständig und dauerhaft wie Feuerstein, der zumeist noch recht gut erhalten
aus dem Boden kommt.

Beim Suchen werde ich in Zukunft verstärkt darauf achten.

mfg
Jan

Siebenpapagei

Hallo Jan :winke:

Ja, das ist echt interessant.

Die Frage ist doch auch, woher, wenn Pyrit genommen wurde, es bezogen wurde? Es gibt in Deutschland glaube ich im Harz und im Weser Bergland Pyritvorkommen. Die Steinzeitler waren zwar schon sehr mobil und haben auch schon fleißig Handel betrieben, aber wenn ich mir so vorstelle, dass ja letztendlich jede Steinzeitsiedlung die Fähigkeit der Feuerherstellung besessen haben muss, wäre das eine enorme Leistung damit die Siedlungen, na sagen wir mal nur in Deutschland zu versorgen. Das muss ja auch bergmännisch abgebaut werden. Also, die Funde zeigen zumindest bundesweit, dass das Feuerschlagen wohl eine häufig angewendete Technik gewesen sein muss. Wie weit das Feuerbohren verbreitet war, bleibt wohl für ewig ein großes ? da die Befunde fehlen.

Finde ich schon wieder voll faszinierend. Solche Rätsel machen dieses Hobby doch total spannend  :-)

Viele Grüße aus HH

Ralf

Steinkopf

@ Ralf:

Das ist eine sehr interessante Frage, die man sicherlich regional / naturräumlich sehen muss.

Für die Norddeutsche Tiefebene mag geeignetes Material möglicherweise sogar im Geschiebe
vorgekommen sein? - Es bildet sich sich auch in der Kreide, die auch den Flint umgibt.
Ein interessanter Link:
http://www.feuer-steinzeit.de/ressourcen/markasit.php

Auf einem Treffen der Geo-AG Kiel sah ich einen Geschiebesammler, der ein etwa ziegelsteingroßes
Stück (es wog deutlich mehr als drei Ziegelsteine!) mitgebracht hatte.

Sicherlich haben schon andere Sucherkollegen hier schon mehr herausgefunden.

LG
Jan

StoneMan

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Steinkopf

Schönen Dank für diesen Link, Jürgen!

Hier wird sehr tiefschürfend auf die Funde einer Region und die mineralischen Hintergründe eingegangen.

Die geringe Haltbarkeit (im archäologischen Maßstab) wir auch beschrieben Zitat:

" Schwe­fel­kies zer­fällt oft inner­halb weni­ger Jahre durch Ein­wir­kung von Feuch­tig­keit9 und Sau­er­stof­f­e­in­fluss an der Erd­ober­flä­che zu Eisen­oxid­hy­drat, bes­ser bekannt als Limo­nit oder Brau­nei­sen­erz.10 Mar­ka­sit, eine Vor­stufe von Pyrit, zer­fällt dabei in der Regel schnel­ler, rei­ner Pyrit ist weni­ger anfäl­lig, auch zwi­schen ein­zel­nen Lager­stät­ten beste­hen erheb­li­che Unter­schiede in Bezug auf die Halt­bar­keit.11 Ein ande­rer Feind ist ein Bazil­lus, Aci­dithi­o­ba­cil­lus fer­rooxidans. Die­ser hat einen auf Schwe­fel basie­ren­den Stoff­wech­sel, die Eisen­schwe­fel­ver­bin­dung wird auf­ge­bro­chen, es ent­steht unter ande­rem Schwe­fel­säure und Eisen­sul­fat. Diese Zer­set­zung ist sehr viel schnel­ler als der natür­li­che Zer­fall."

Wie die von Ralf hinterfragte Versorgung im Norddeutschen Raum ausgesehen hat, bleibt weiterhin die Frage.

LG

Jan

Marienbad

moin in die Runde,
hier in SH finde ich die Schwefelkiesknollen in Kiesgruben und an der Ostseeküste.
Aufzufinden sind die Knollen etwa so oft wie Bernstein.  :zwinker:
Von Grabungen und aus Ausstellungen kenne ich keine Knollen, evtl. einer von Euch ?
Die Bodenbedingungen lassen die Funkenspender oft zerfallen.

Ob es sich bei dem Fundstück um einen Feuerschlagstein handelt kann ich auf den Fotos nicht erkennen.
Bei der Winzigkeit hätte das gute Stück aber in einer Schäftung stecken müssen, wenn es denn einer wäre.  :dumdidum:

:winke:  Manfred

fuchs

#13
Zitat von: Siebenpapagei in 24. Oktober 2012, 20:51:58
Mich wundert es auch, dass man häufig diese Feuerschläger findet, wenn es denn wirklich welche waren, aber nie ein Stückchen Pyrit. Oder geht das auch mit Flint auf Flint?

Hallo Ralf,

Aus steinzeitlichem Zusammenhang als Bestandteil eines Schlagfeuerzeuges gibt es meines Wissens nach nur einen einzigen Nachweis als Oberflächenfund. :-D

Feuerstein auf Feuerstein liefert keine heißen, zündfähigen Funken.

fuchs

Zitat von: Siebenpapagei in 24. Oktober 2012, 22:31:22
Die Frage ist doch auch, woher, wenn Pyrit genommen wurde, es bezogen wurde? Es gibt in Deutschland glaube ich im Harz und im Weser Bergland Pyritvorkommen. Die Steinzeitler waren zwar schon sehr mobil und haben auch schon fleißig Handel betrieben, aber wenn ich mir so vorstelle, dass ja letztendlich jede Steinzeitsiedlung die Fähigkeit der Feuerherstellung besessen haben muss, wäre das eine enorme Leistung damit die Siedlungen, na sagen wir mal nur in Deutschland zu versorgen. Das muss ja auch bergmännisch abgebaut werden. Also, die Funde zeigen zumindest bundesweit, dass das Feuerschlagen wohl eine häufig angewendete Technik gewesen sein muss. Wie weit das Feuerbohren verbreitet war, bleibt wohl für ewig ein großes ? da die Befunde fehlen.

Nochmal Hallo Ralf,

Schwefelkies kommt eigentlich weltweit sehr häufig vor. Allerdings ist nicht jede Erscheinungsform zum Feuerschlagen geeignet. Nur feinkristalline Knollen ausreichender Größe kommen in Frage. Da keinerlei Hinweise auf einen bergmännischen Abbau in der Steinzeit vorliegen, kann bisher nur angenommen werden, dass es sich um sekundäre Lagerstätten handelte. Zum einen kommen die Küsten in Betracht, wie Manfred auch schon geschrieben hat, sehr viel Schwefelkies findet sich an Cap Blanc Nez, französische Ärmelkanalküste. Zum anderen durch Bäche o. ä. aufgeschlossene Vorkommen ausgewitterter Knollen, wie beispielsweise im Raum Aachen.

Beim Feuerbohren hast du ja schon ein Fragezeichen gesetzt, das ist gut, denn... http://www.steinzeitwissen.de/feuer/feuerbohren-und-feuerschlagen

fuchs

Zitat von: Marienbad in 25. Oktober 2012, 07:54:24
Bei der Winzigkeit hätte das gute Stück aber in einer Schäftung stecken müssen, wenn es denn einer wäre.  :dumdidum:

Hallo Manfred,

es gibt Belege von geschäfteten Feuerschlagsteinen, auch von geschäftetem Schwefelkies. http://retro.seals.ch/cntmng?type=pdf&rid=ars-001:1999:22::271&subp=hires

fuchs

Nochmal ich,

noch was zu Feuerschlagsteinen zum Vergleich: http://www.steinzeitwissen.de/feuer/feuerschlagstein

Birk

Vielen dank für die interessanten links. :-) Schon klasse wenn dann aus so einem Thema eine solche  diskusion entsteht. :super:

    Gruß
  Thomas

Birk

Zitat von: Steinkopf in 24. Oktober 2012, 20:36:13
Hallo Birk,

Zwei gut abgebildetes Beispiele für die glatte Verrundung, die beim Funken schlagen
durch Berührung mit Pyrit oder Markasit entstehen, sind hier zu finden:




Die eine Seite sieht tatsächlich so abgerundet aus , wie auf den Links. Leider bekomme ich die Fotos nicht besser hin. :besorgt: Das Stück werde ich demnächst mal  beim Museum vorlegen. Vieleicht können die da was zu sagen.

  Gruß

Siebenpapagei

Leute, das ist der absolute Hammer! :super:

So viel neuen Input zu diesem Thema, super Links und Expertenaustausch, einfach toll!!!
Ich saß gestern Abend nur mit offenem Mund vorm Bildschirm und voller staunen, besonders der Fundbeleg der Schwefelkiesknolle mit der eingeschliffenen Kerbe ist ja ein absoluter Sensationsfund und war mir auch bislang völlig unbekannt. Dass es Schwefelkies auch an der Ostsee an der Oberfläche gibt wusste ich auch nicht. Die Frage stellt sich mir auch gleich, ob sich diese oberflächen Schwefelkiese auch wirklich zum Funkenschlagen eignen. Wie geschrieben wurde eignet sich ja nicht jede Art von Schwefelkies zur Funkenerzeugung. Man benötigt ja auch z.B. gut spaltbaren Flint zur Geräteherstellung.

@Manfred: Hast du damit schon mal experimentiert und brauchbare Ergebnisse erzielt?
Ich hatte mir mal Pyrit gekauft und versucht damit Funken zu schlagen, die sind aber dabei auseinandergebröselt.

Dass die Schwefelkiese in der Erde so schnell zerfallen erklärt dann auch das fehlen im Fundinventar von Siedlungen. Was ich wiederum interessant finde, ist, dass sich neolithische Keramik länger hält als der Schwefelkies. Da siegt das weiche Material gegenüber dem harten Gestein.

Um aber nochmal zu dem vorgestellten Artefakt zurück zu kommen. @Birk: Kannst du nicht doch nochmal versuchen, vielleicht vor einem anderen Hintergrund oder mit anderem Lichteinfall, vielleicht von der Seite, neue Fotos zu machen? Mich interessiert das Stück schon sehr, auch, ob es sich um einen Abschlag aus einer Beilklinge handelt, welcher als Feuerschlagstein genutzt wurde. Ist ja bis jetzt nur reine Vermutung....??? :glotz:
Ansonsten abwarten, was die Archäologen sagen.

Viele Grüße

Ralf :winke:

Siebenpapagei

Kleiner Nachtrag,

ich habe mich mal in Paint versucht, an Jürgens Fotobearbeitungskünste kommt das allerdings noch lange nicht ran  :zwinker:

Möchte damit aufzeigen, wo ich meine eventuell Schliff zu erkennen. Auf dem 2. Foto habe ich eingekreist, wo ich denke, dass es überschliffene Schlagfacetten sein könnten, wenn es sich denn um die Dorsalfläche eines Abschlages handelt.
Könnte doch sein, oder was meint ihr?

Gruß
Ralf

Marienbad

@ Ralf,
mit allen von mir gefundenen Knollen konnte ich Funken schlagen, es kommt sicher auch auf die "Reinheit" von dem Material an.
Zerbröselt sind mir in den vergangenen Jahren keine.
Morgen bin ich hier  http://www.geschichtserlebnisraum.de/index.html   von 1300- 1800 Uhr anzutreffen, habe immer einige Funkenspender dabei. :zwinker: :zwinker:

HG   Manfred   :winke:

Birk

Hallo Ralf.  Wenn es passt, versuche ich das morgen noch mal mit Fotos.

  Gruß
   Thomas

Birk

Mit den Fotos hat leider nicht so geklappt. :besorgt: Das stück und ein paar andere sind nun unterwegs zum Museum. Mal sehen was die so sagen.

     Gruß
     Thomas

Birk

So. Das Stück flint war nun beim Museum.  Es handelt sich laut museum um eine vorarbeit zu einer  Neo. Pfeilspitze.

Gruß
   Thomas