Klinge

Begonnen von Kelten111, 02. Januar 2009, 18:33:29

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Kelten111

Hier eine Klinge aus einer bekannten Altsteinzeitlichen Fundstelle :winke:

mc.leahcim

Entschuldigt bitte meinen unwissenden Einwurf an dieser Stelle.
Rein vom praktischen würde ich mit dieser gebogenen "Klinge" eher das Fell vom Fett befreien als das ich damit schneiden wollte.
Ich würde also damit schaben. Somit würde ich das Teil als "Schaber" in meine Werkzeugkiste packen.
Oder schneidet man das Fett aus dem Fell und schabt es nicht???  :irre:
Manchmal verwirrt mich die Systematik.  :platt:

Verzeiht dem nur mitlesenden  :amen:

Michael
Gum biodh ràth le do thurus. = Möge deine Suche erfolgreich sein (Keltisch/Gälisch)
Die soziale Kälte hilft nicht die globale Erwärmung aufzuhalten!!

rolfpeter

Zitat von: mc.leahcim in 02. Januar 2009, 18:52:36

Manchmal verwirrt mich die Systematik.  :platt:


Wir sind froh über jeden Mitleser!
Die Kelten haben das schon richtig erkannt.
Per Definition handelt es sich bei einer Klinge um die Sonderform eines Abschlages. Wenn die Längskanten annähernd parallel sind und das Längen/Breitenverhältnis größer ist als etwa 2:1 ist, dann handelt es sich um eine Klinge. Klingen, die schmaler als 10 mm sind, nennt man Lamellen.
Ob das Ding gerade oder gebogen, ob es zum Schneiden oder Werfen oder Bohren benutzt wurde, das ist wurscht. Es kommt nur auf die oben beschriebenen Merkmale an.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

osman.herberger

Hallo Rolfpeter,

danke für Deine Definition einer Klinge bzw. die Unterscheidung zu einer Lamelle. Mir war das nämlich auch nicht ganz klar.
In dem noch so jungen Jahr schon wieder was Wichtiges dazu gelernt !

Liebe Grüße

Stefan
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

mc.leahcim

Danke rolfpeter
für die klare Definition einer Klinge. Vielleicht sehe ich die tollen Wekzeuge einfach zu pragmatisch wenn ihr die hier zeigt. Doch bei jedem Teil versuche ich mir vorzustellen was der Hersteller mit dem Wekzeug das er hergestellt hat nun vor hatte. Ich glaube das die Menschen ihre Werkzeuge für kurzfristige, mittelftistige und langfristige Aufgaben hergestellt haben. (wenn genug Ausgangsmaterial vorhanden war)

Dementsprechend viel Zeit haben sie aufgewandt für die Geräte. Ich kann mir nicht vorstellen das z.B. ein Mann auf der Jagd für alle notwendigen Arbeiten zum zerlegen der Beute alles Werkzeug mitschleppte. Also hat er die wichtigsten Geräte sehr sorgfältig und aufwendig hergestellt. (Pfeilspitzen, Messer, Beil) Dann hat er ev. vor Ort nach dem erlegen des Wildes alles was er sonst noch brauchte hergestellt. Übertrieben gesagt Wegwerfgeräte oder einfach Funktionsgeräte. Er mußte ja nach der Jagt als erstes und wichtigstes die Beute nach Hause schleppen und ich z.B hätte keine Lust auch noch die ganzen Geräte mitzuschleppen. Einen kleinen Schaber, einen mittleren Schaber  und auch noch einen großen Schaber und noch die verschiedenen Klingen zum entbeinen und und und.

Doch zurück zu meinem Einwurf.

Zitat  rolfpeter
Ob das Ding gerade oder gebogen, ob es zum Schneiden oder Werfen oder Bohren benutzt wurde, das ist wurscht. Es kommt nur auf die oben beschriebenen Merkmale an.
Zitat Ende

Klar von der Definition her ist es natürlich eine Klinge, aber überlegt ihr nicht auch manchmal was der Mensch mit dem geschaffenem Gerät wohl gemacht hat. Warum er es so gemacht hat wie er es geschaffen hat und was er damit vor hatte. An der Beispielklinge vom Kelten hab ich mich halt gefragt ob es bewusst so gebogen werden sollte um damit zu schaben. Ist die Klinge bewusst gebogen geschaffen, weil ergonomisch? Waren Sie so geschickt bei der Herstellung der Geräte auch noch an Ergonomie zu denken, oder ist das Ding halt so krumm abgesprungen und wurde halt "trotzdem" genutzt.

Das sie sehr geschickt waren sieht man an den aufwendig, oft detailiert ausgearbeiteten Geräten. Aber waren sie so gut das sie auch bei den kurzfristigen Geräten Werkzeuge für ganz bestimmte Aufgaben geschaffen haben?

Ich finde es schon toll überhaupt solche Werkzeuge herzustellen und ich bewundere den Wikinger der das ja schon in einigen Threads gezeigt hat. Auch habe ich mir einige hier verlinkte Videos von der Herstellung angesehen. Es ist erstaunlich das jemand beim zuschlagen auf einen Ausgangsflintstein schon vorausberechnet wo und wie und womit er schlagen muß um das Gerät das er im Kopf hat dann auch in Händen zu halten.

Irgendein Bildhauer hat mal gesagt das es ganz einfach wäre eine Figur zu schaffen. Man müsse halt nur alles wegschlagen was nicht zu der Figur gehört. So einfach und doch unendlich schwer.

Mit all dem Geschreibsel wollte ich nur mal meine Erfurcht vor Leistung dieser Menschen bekunden die ich empfinde wenn ich einen Fund von euch hier sehe und mir halt vorstelle wer der Erschaffer war und was hat er sich dabei gedacht hat.

Danke immer wieder fürs zeigen und erklären und für die Emotionen die beim Ansehen geweckt werden.

Gruß an alle

Michael
Gum biodh ràth le do thurus. = Möge deine Suche erfolgreich sein (Keltisch/Gälisch)
Die soziale Kälte hilft nicht die globale Erwärmung aufzuhalten!!

CALIGULA

 :idee: michael schön geschriben wie immer  :super:

rolfpeter

Zitat von: mc.leahcim in 03. Januar 2009, 00:24:32
Klar von der Definition her ist es natürlich eine Klinge, aber überlegt ihr nicht auch manchmal was der Mensch mit dem geschaffenem Gerät wohl gemacht hat. Warum er es so gemacht hat wie er es geschaffen hat und was er damit vor hatte. An der Beispielklinge vom Kelten hab ich mich halt gefragt ob es bewusst so gebogen werden sollte um damit zu schaben. Ist die Klinge bewusst gebogen geschaffen, weil ergonomisch? Waren Sie so geschickt bei der Herstellung der Geräte auch noch an Ergonomie zu denken, oder ist das Ding halt so krumm abgesprungen und wurde halt "trotzdem" genutzt.


Noch mal kurz einige Worte zur Nutzung der Klingen:
Geräte, die aus einer einzigen, großen Klinge bestehen, tauchen erst sehr spät auf. Hier im Rheinland fängt das im Jungneolithikum mit den Spitzklingen der Michelsberger Kultur an. Dann gibt es noch später im Spät- und Endneolithikum einzelne Spandolche, teilweise als Import aus Frankreich, das war's schon.
Alle übrigen Klingen waren Zwischenprodukte, Halbfabrikate. Nehmen wir die Bandkeramik, aus feuersteintechnischer Sicht eine reine Klingenindustrie. Es gibt dort keine Kerngeräte, kaum Abschlagkratzer, fast nur Klingen. Wenn man von den Abmessungen der zahlreichen Restkerne, die man auf den Siedlungsstellen findet, ausgeht, dann sind von den LBK-Leuten ansehnliche und große Klingen hergestellt worden, man findet aber kaum welche. Diese wurden weiterverarbeitet, in Stücke gehackt, intentionell zerbrochen. Heraus kamen dann Klingenkratzer, Erntemessereinsätze, Pfeilspitzen, Bohrer usw.
"Schneiden" im Sinne von Fleisch ausbeinen oder Leder in Stücke schneiden, das wird man mit geeignetem Werkzeug gemacht haben - beispielsweise mit Abschlägen. Die haben meistens eine scharfe Seite, dann wird der Rücken ein wenig abgestumpft, fertig ist das Messer. Etwas schärferes als einen frischen Abschlag kann man aus Feuerstein nicht herstellen. Wenn ein Abschlag verbraucht war, nahm man eben den nächsten, es war ja genug da.
Wenn man etwas messerähnliches, nachretuschiertes, hübsch anzusehendes findet, dann war das nach meiner Meinung häufig ein Prestigeobjekt oder etwas für die Reise, ein Taschenmesser sozusagen. Unterwegs gab es keine Abschläge. Ich besitze auch ein Taschenmesser, auf die Idee, daheim die Butterbrote damit zu schmieren, bin ich allerdings noch nicht gekommen.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert