kleines Feines von Heute

Begonnen von thovalo, 27. März 2014, 22:19:06

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thovalo

 

Dieser wahre "Klein"fund fand sich heute auf staubiger Flur am rechten Niederrhein!


Es ist nicht geklärt wozu diese hier oft auch tatsächlich gebrauchten Mikrokratzer verwendet worden sind.
Ebenso ist der Rahmen der Datierung weit offen.

Da am Platz das Paläolithikum nicht zu erwarten ist kann man hier mit einem Zeitrahmen ab dem späten Mesolithikum rechnen.

Charakteristische Fundbelege sind diese kleinen Kratzerformen in Belgien, den Niederlanden und hier am rechten Niederrhein für die Zeit des späten Neolithikums wo sie in größeren Umfang u.a. mit Pfeilschneiden und ausgesplitterten Stücken gemeinsam auftreten.

Das Fundareal scheint nach dem verdichteten Aufkommen dieser Fundgruppen ein intensiver aufgesuchtes und genutztes Siedlungsgelände dieser Zeitstellung am Niederrhein zu sein.


lG Thomas   :winke:


Länge 2.2 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

Moin Thomas,

schöner geht nicht  :super:  :glotz:

Zitat von: thovalo in 27. März 2014, 22:19:06
...
Es ist nicht geklärt wozu diese hier oft auch tatsächlich gebrauchten Mikrokratzer verwendet worden sind.
...

Gibt es denn keine wissenschaftlichen Gebrauchsspurenanalysen zu derartig kleinen Kratzern?
Ich würde ihn als kleinen Kratzer verwenden.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

StoneMan

Moin Thomas,

hast Du es überlesen, oder kennst Du dazu keine Abhandlungen?
Da diese ´Daumennagelkratzer´ immer wieder vorkommen, würde es mich interessieren.

Danke im Voraus

Jürgen

Zitat von: StoneMan in 28. März 2014, 14:05:02
...

Gibt es denn keine wissenschaftlichen Gebrauchsspurenanalysen zu derartig kleinen Kratzern?
Ich würde ihn als kleinen Kratzer verwenden.

...
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

Zitat von: thovalo in 27. März 2014, 22:19:06


Dieser wahre "Klein"fund fand sich heute auf staubiger Flur am rechten Niederrhein!
Da am Platz das Paläolithikum nicht zu erwarten ist kann man hier mit einem Zeitrahmen ab dem späten Mesolithikum rechnen.
Charakteristische Fundbelege sind diese kleinen Kratzerformen in Belgien, den Niederlanden und hier am rechten Niederrhein für die Zeit des späten Neolithikums wo sie in größeren Umfang u.a. mit Pfeilschneiden und ausgesplitterten Stücken gemeinsam auftreten.
lG Thomas   :winke:


Länge 2.2 cm

und wenn man den Horizont etwas erweitert, :zwinker:
dann sieht man diese Kratzertypen auch im Süden der Republik.
Schon der altehrwürdige Seitz hat über diese Kratzertypen und deren Verwendung bereits Anfang der 70-er Jahre geschrieben.

Grüße
Peter

StoneMan

Zitat von: Furchenhäschen in 31. März 2014, 22:12:52
...
Schon der altehrwürdige Seitz hat über diese Kratzertypen und deren Verwendung bereits Anfang der 70-er Jahre geschrieben.

Grüße
Peter

Moin,

was hat er denn zur Verwendung geschrieben? Obwohl - mir klingt es noch aus anderen Threads
in den Ohren - in alten Werken steht veraltetes... (nicht meine Worte) ...^^

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

..... die kleinen Kratzer finden sich hier auch
http://www.steinzeitwissen.de/funde/miniaturkratzer

allerdings sind diese ebenso schon im sehr sehr  frühen Mesolithikum des Südens zu finden. Dies ist eben wohl Regional sehr differenziert zu betrachten.
Gruß
Peter 

Steinkopf

Hallo in die Runde,

zunächst will ich Thomas zu diesem schönen Fundstück gratulieren!

Es ist nicht nur klein, sondern auch noch präzise und sorgfältig gearbeitet.
Solche handwerklich fein herausragenden Stücke gibt es auch in größerer Ausführung.

Auch die Präsentation ist in ihrer farblich fast in sw-gehaltenen Art gekonnt - 
lediglich der Daumen ragt - als 'Nichtartefakt' - farblich aus dieser Komposition hervor.

Belastbare Untersuchungen zum Gebrauch dieser extrem kleinen Artefakte sind mir nicht bekannt.
Bei diesen Winzlingen bringt Peter Vang Petersen die Deutung als Spielstein (Spillebrik Nr. 45)
aus dem Ostseeraum in die Diskussion.

Selber habe ich diese kleinen Teile in NW-Deutschland nur selten gefunden.
Es gab vor einiger Zeit hier im Forum mal einen Hinweis auf einen Fundplatz mit gehäuftem Auftreten.

LG

Jan


thovalo

Zitat von: Steinkopf in 31. März 2014, 23:35:22
Hallo in die Runde,

zunächst will ich Thomas zu diesem schönen Fundstück gratulieren!

Es ist nicht nur klein, sondern auch noch präzise und sorgfältig gearbeitet.
Solche handwerklich fein herausragenden Stücke gibt es auch in größerer Ausführung.

Auch die Präsentation ist in ihrer farblich fast in sw-gehaltenen Art gekonnt -  
lediglich der Daumen ragt - als 'Nichtartefakt' - farblich aus dieser Komposition hervor.

Belastbare Untersuchungen zum Gebrauch dieser extrem kleinen Artefakte sind mir nicht bekannt.
Bei diesen Winzlingen bringt Peter Vang Petersen die Deutung als Spielstein (Spillebrik Nr. 45)
aus dem Ostseeraum in die Diskussion.

Selber habe ich diese kleinen Teile in NW-Deutschland nur selten gefunden.
Es gab vor einiger Zeit hier im Forum mal einen Hinweis auf einen Fundplatz mit gehäuftem Auftreten.

LG

Jan




Das ist das Fundgelände von dem dieser Neufund stammt.
Die Stücke weisen hier durchaus auch Abnutzungspuren auf.


Sie werden für den Fundort in der Menge dem späten Neolithikum zugeschrieben und mit den hier gleichfalls häufigen und sonst in diesen Mengen nicht bekannten Pfeilschneiden und "ausgesplitterten Stücken" dem Kulturhorizont "Seine-Oise-Marne (SOM) - Vlaardingen - Stein -Wartberg" zugeordnet.

Dieser Platz liegt offensichtlich als Zentralort an dem Kreuzungspunkt eine Fernverbindung über Land mit dem Rheinlauf über den Silices entlang dieser Linie aus der Maasregion im Westen in Richtung Osten ausgetauscht worden sind. Als Gegengut des Fernaustauschs wird Salz aus der Soester Börde angenommen. In diesen Zusammenhang werden auch die Beilklingen aus grünfarbigen Mineralgesteinen aus der Alpenregion gesehen von denen am Ort ein Beleg mit vertreten ist. Aus dem nahen Umland stammen zwei weitere solcher exotischer Beilklingenbelege. Die Pfeilschneiden bestehen oft aus Feuerstein aus dem "Hespengau" in Belgien und erstaunlich viele Belege von Beilklingen aus einem als "taubengrau/taubenblau" angesprochenen französischen Hornstein.

So scheint sich diese sonst am gesamten Niederrhein noch nicht beobachtete Tradition für den besonderen Ort über den Ferngüteraustausch und damit verbundenen Kulturtransfer zu erklären. Aktuell werden Funde eines Platzes des Geländes, dem so genannten "Siedlungshügel", an der Universität Köln aufgenommen. Ziel ist die Eintragung des gesamten Fundgeländes als Bodendenkmal.


Die Mikrokratzer konzentrieren sich an drei Plätzen in hohen Fundzahlen.
Insgesamt dürften es inzwischen etwa 200 Fundbelege sein.


Ob die Kulturzuordnung so zutreffen wird steht bei Oberflächenfundzusammenhängen immer mit in Fragen.

Hier ist die Einschätzung dieser Zuordnung, nicht nur durch die Archäologen der Uni Köln, über die analogen Bezüge zu den genannten Kulturerscheinungen erfolgt.

Das Material ist im übrigen tatsächlich dunkelgrau bis fast schwarz.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.