einfacher Schaber

Begonnen von RockandRole, 20. Oktober 2015, 23:34:36

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RockandRole

Hallo Leute  :winke:

Am Sonnstag waren mein Dad und ich auf einer unserer lieblings Fundstellen. Dieser Platz wurde zwar nicht von uns entdeckt, wir haben aber die Zeitstellungen ein ´wenig´ erweitert und seine große Bedeutung belegt.
Er liegt auf der Hochterrasse am Main und liefert vom Mittelpaläolithikum, Jungpaläolithikum, Mesolithikum bis Neolithikum, alles was das Herz begehrt.

Mittlerweile sind es hunderte Artefakte. Der Großteil davon sind Kerne aller Zeitstellungen von kleinen wohl Levallois (eine Besonderheit meiner Fundregion), Abschlag- und Klingenkernen, sowie auch Kerne des Mesolithikums und Neolithikums. Die meisten sind aber amorph, was nicht zuletzt an dem Rohstoff(en) Keiselschiefer/Lydit liegt, aus dem 98% der Artefakte gefertigt sind. Dieser ist schwer zu bearbeiten und hat viele natürliche Klüfte an denen die Grundformen und Werkzeuge oft brechen. Mistiges, aber schönes Zeuch  :zwinker:

Manchmal sind aber auch Werkzeuge unter den Fundstücken, wo hier ganz klar einfache Schaber dominieren. Faustkeile und Blattspitzen fehlen bisher in den Aufsammlungen völlig.

Die Fundstreuung ist riesig, und die Fundstücke verteilen sich auf einer Fläche von ca 650x600 Meter. Einzelne Artefakte finden sich aber eigentlich überall auf der Hochterrasse.

Zum Fundstück: Dieser einfache Schaber ist recht intensiv genutz worden, was die steile Retusche anzeigt. An seiner ´Basis´ finden sich bifaciell Negative zur Ausdünnung. Evtl zu Schäftungszwecken? Dieses Stück reiht sich an der Obergrenze der Schabergrößen mit ein. Von der Ausführung ist es einer der schönsten den der Platz geliefert hat, und wir je finden durften. Zeitstellung ist wohl Mittelpaläolithikum, obwohl es auch noch im Jungpaläolithiukum diese Werkzeugform gibt.

Viel Spaß beim Schauen Daniel und Bruno
gefährliches Drittelwissen

Furchenhäschen

Servus Daniel,
da könnte ja direkt Fundneid aufkommen!
Solche Plätze gibt es nicht viele.
Gut betreuen!
Radiolarit scheint auf diesem Platz ein bevorzugtes Material zur Werkzeugherstellung gewesen zu sein!
Ich habe einen Platz der sowohl vom Werkzeugtyp als auch vom verwendeten Material nahezu identisch ist.

Grüße
Peter

RockandRole

Hallo Peter  :winke:

Der Platz ist wirklich was besonderes, mittlerweile messen wir fast jedes Artefakt einzeln ein. Leider war ich am Anfang aber noch nicht so weit und viele Fundstücke sind jetzt ohne GPS Daten.  :besorgt:
Kieselschiefer/ Lydit sind fast die einzigen Rohmaterialien die man in Main finden kann. Die zweitgrößte Fraktion ist eigentlich Quarz. Quarzartefakte sind aber eine ganz andere Geschichte.
Weiterer Rohstoff ist magmatisch überprägtes Gestein. Wird ab und an in der Literatur erwähnt. Da hab ich aber nur wenige Verdachtsfälle. Quarzit, Muschelkalkhornstein, Jurahornstein, Keuperhornstein und Flint spielen eine sehr untergeordnete Rolle. Am Sonntag war auch ein Stück roter Radiolarit dabei.

Fredi meinte schon, Schaber Typ Quina!?!

Liebe Grüße Daniel

gefährliches Drittelwissen

Furchenhäschen

Zitat von: RockandRole in 21. Oktober 2015, 18:42:00
Hallo Peter  :winke:

Der Platz ist wirklich was besonderes, mittlerweile messen wir fast jedes Artefakt einzeln ein. Leider war ich am Anfang aber noch nicht so weit und viele Fundstücke sind jetzt ohne GPS Daten.  :besorgt:
Kieselschiefer/ Lydit sind fast die einzigen Rohmaterialien die man in Main finden kann. Die zweitgrößte Fraktion ist eigentlich Quarz. Quarzartefakte sind aber eine ganz andere Geschichte.
Weiterer Rohstoff ist magmatisch überprägtes Gestein. Wird ab und an in der Literatur erwähnt. Da hab ich aber nur wenige Verdachtsfälle. Quarzit, Muschelkalkhornstein, Jurahornstein, Keuperhornstein und Flint spielen eine sehr untergeordnete Rolle. Am Sonntag war auch ein Stück roter Radiolarit dabei.

Fredi meinte schon, Schaber Typ Quina!?!

Liebe Grüße Daniel



Servus Daniel,
was der hier:
nö,
der wurde nur ein paar mal nachretuschiert,

Grüße
Peter

RockandRole

Das dachte ich mir persönlich auch, wollte nur nachfragen.   :schaem:   Eine gestaffelte Retusche ergibt sich ja zwingend wenn man die Laterale wieder flacher einstellen will. Irgendwann ist aber dann Ende mit nachschärfen wegen den Steckenbleibern usw.



gefährliches Drittelwissen

Steinkopf

Hi Daniel,

fein, dass Du uns diese Funde zeigst!

Zeitstellung und Material sind für mein Auge ungewohnt aber hochinteressant!

LG

Jan

Furchenhäschen

Zitat von: RockandRole in 21. Oktober 2015, 19:19:40
Das dachte ich mir persönlich auch, wollte nur nachfragen.   :schaem:   Eine gestaffelte Retusche ergibt sich ja zwingend wenn man die Laterale wieder flacher einstellen will. Irgendwann ist aber dann Ende mit nachschärfen wegen den Steckenbleibern usw.



genau und ich finde das erkennt man in dem Fall recht ordentlich.
Gruß
Peter

RockandRole

Hallo Jan,

das Material ist wirklich schwer zu lesen. Mit etwas Übung und dem Wissen um das Bruchverhalten, taste ich mich aber langsam ran  :zwinker: Manchmal muss man sich aber einfach nur auf die ´klaren´ Stücke beschränken. Das Zeuch gibt es von bröselig bis richtig homogen.

Nur nochmal dumm gefragt Peter. Was macht eigentlich eine Quina Retusche aus?

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Merle2

Hallo  :winke:

toller Fund, ne Augenweide. Mich würde auch die Quina- Retuschen Frage beschäftigen :kopfkratz:..
Viele Grüße
Marc

Furchenhäschen

Servus,

anbei zur Quina Technik ein Zitat aus dem Hahn und die Retuschen sind häufig steil und schuppig ausgeführt. siehe auch hier gezeigte  Beispiele aus dem Beitrag ein Mittelpaläolithikum aus dem Schwäbischen.

Zitat aus der Artefaktmorphologie Hahn:
4.3.3 Quina-Technik Mit dieser Bezeichnung hat TURQ ( 1989) die Zerlegungstechniken des Mousterien Typ Quina beschrieben. Als Ziel für Grundformen wird das Ausformen eines Rückens angesehen. Dieser entsteht durch Herstellung von Grundformen mit einem asymmetri- schen Querschnitt, bei denen die größte Dicke einer scharfen Kante gegenüberliegt. Die besondere Form erlaubt die leichtere Handhabung oder Schäftung. In den Regionen, in denen Feuerstein in Knollenform mit dünner Rinde vorliegt, werden längliche Knollen (10-15cm) ausgewählt. Drei verschiedene Herstellungstechniken mit entsprechenden Zielabschlägen werden unterschieden : a) "Wurstscheiben!Salami • -Abschläge Hierbei wird zunächst eine Kappe (Abb.27), ein Kortexabschlag mit dünnen Kanten, anschließend parallel eine nächste Scheibe entfernt, die ringsum steilwandige Kort-- exkanten aufweist. Diese speziellen Abschläge, selten in Charentieninventaren, sollen gerade zur Herstellung von Schabern gedient haben. 86 4 .3 Abschlagtechniken b) Abschläge mit Kortexbasis Die Vorbereitung durch einen Kortexabschlag entspricht der "Wurstscheibentechnik" , ebenfalls die Verwendung der Rinde ohne Präparation als Schlagfläche. Es wird jedoch schräg geschlagen und nur die proximale Hälfte oder ein Drittel trägt Kortex l;lnd (Abb. 28). Diesem Rücken liegt eine scharfe Kante gegenüber. Je nach Anzahl _ Umriß der erfolgten Abhebung(en) entstehen verschiedene Grundformen
c) Grundformen mit natürlichem Rücken Diese sind von BORDES (1961, 33) beschrieben worden. Bei ihnen liegt die mehr oder weniger senkrechte Kortexkante parallel zur Schlagachse, ihr gegenüber die scharfe Kante. Sie können mit zwei Methoden erzeugt werden: Bei der ersten bildet ein quer zur Knolle geschlagener Kortexabschlag die Schlagfläche, von der aus in Längsachse dann die "Messer mit natürlichem Rücken" abgeschlagen werden. Bei der zweiten Methode dient der erste Kortexabschlag nur dazu, Schlagfläche für einen weiteren in Längsrichtung zu sein, von dessen Negativ aus dann quer die Messer mit natürlichem Rücken gelöst werden (Abb. 29). d) Basis-Rückenabschläge Bei diesen wird der Rücken durch die Basis, den SFR gebildet. Die Negative kommen aus verschiedenen Richtungen, Kortex ist selten. Das bedeutet, daß sie aus späteren Abbauphasen als die mit natürlichem Rücken stammen. Es ist noch unklar, ob sie gezielt produziert wurden oder ob es sich um eine opportunistische Zerlegung handelt. Die Kerne sind unförmig, selten diskoid und eindeutige Restkerne, die bis zur letzten Möglichkeit abgebaut sind. Bei Verwendung von plattigem Silex (z.B. Chalzedon) existieren die Scheibenabschläge nicht und die Kerne werden aus großen Abschlägen gefertigt. 87

Zitat aus dem Hahn Ende:
Dazu gibt es noch eine Zeichnung, die ich aber nicht einfügen kann.
@Daniel, Du hast doch den Hahn, oder?


Grüße
Peter

RockandRole

Hallo Marc,

du kennst den Kram ja auch zur Genüge. Das ist wirklich ein homogenes Stück Rohmaterial gewesen, oder? Gracias  :zwinker:

Hallo Peter  :winke: wirklich nett von dir, dass du den Meister Hahn mit ins Spiel gebracht hast. Leider ist mir bis jetzt noch eine originale Version abgegangen. Bin noch am suchen.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Kelten111

Zitat von: RockandRole in 21. Oktober 2015, 19:19:40
Das dachte ich mir persönlich auch, wollte nur nachfragen.   :schaem:   Eine gestaffelte Retusche ergibt sich ja zwingend wenn man die Laterale wieder flacher einstellen will. Irgendwann ist aber dann Ende mit nachschärfen wegen den Steckenbleibern usw.






:-D :-D :-D

Mfg  :smoke: