hoch glänzendes Steinzeiträtsel

Begonnen von thovalo, 04. Juli 2010, 20:55:13

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thovalo

Hallo Forum!  :winke:

Dies ist ein ungewöhnlicher und für mich tatsächlich absolut rätselhafter Fundbeleg!

Nicht wegen seiner typologischen Einordung, es handelt sich um einen Abschlag von einem größeren Kernstein, oder des Materials, es handelt sich um Silex der Varietät "Rijkholt", sondern vielmehr wegen der sich an diesem Fundbeleg erheblich unterscheidenden Oberflächenstruktur der Dorsal- gegenüber der Ventralfläche!

Während die Dorsalpartie vom äußersten Rand an vollkommen der üblichen Oberflächenstruktur der gut bekannten Silexvarietät entspricht, ist die Ventralfläche von der äußersten Kante an flächendeckend hoch glänzend spiegelnd ausgeprägt ("klarlackspiegelndglänzend")!

Eine vergleichbar vollständig flächige (!) Ausprägung von "Spiegelglanz" ist mir noch Nirgendwo begegnet und auch aus der Literatur kenne ich keinen vergleichbaren Fundbeleg.

Einen geochemischen Prozess halte ich für unwahrscheinlich, denn der Abschlag müsste gegenüber dem überlagernden Erdreich einer geochemisch absolut abweichend zusammengesetzten Erdschicht plan aufgelegen haben.
Das halte ich für kaum vorstellbar. Der Fundplatz liegt in einer Aue.

Sog. "Wüstenschliff" ist auf die Zeitstellung bezogen (spätes Jung-, eher noch Spätneolithikum) nicht vorstellbar und hätte zudem einen Materialabtrag mit Kantenverrundungen zur Folge gehabt.

:kopfkratz:


Meine Idee wäre: .... der Abschlag lag mit der Ventralfläche vollständig pflanzlichen Material auf, dessen austretende Kieselsäure sich in einem längeren Austauschprozess auf der Ventralfläche flächig anlagern konnte.
Selbst innerhalb der Vertiefungen der Schlagnarbe spiegelt sich das Licht.

Unter den hunderten Artefakten des Fundareals zeigt kein einziges Stück auch nur annähernd vergleichbare Spuren von "Sichelglanz".


Ich würde mich über eine intensive Auseinanersetzung mit der Besonderheit dieses außergewöhnlichen Fundstücks freuen!!!


Länge: 7 cm; Breite: 5.7 cm; DM: max. 1.2 cm


Bilder 1 -3: Ansichten der Dorsalfläche

Bilder 4 - 9: Ansichten der glänzend spiegelnden Ventralfläche



LG und Allen einen guten Start in die kommende Woche!!!!!!!!  


thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Der Wikinger

Hallo Thomas  :-)

Bei Peter Vang Petersen wird die sogenannte Glanz-Patinierung von ackergefundenen Flintstücke u.a. so erklärt:

(vom Dänischen übersetzt)

Ausschnitt:
Die Oberfläche ist etwas blanker, mehr "fettig" und wachsartig, als bei frischen Abschlägen des gleichen Flintqualitäts.
Die Ursache der Umwandlung ist wahrscheinlich eine Umlagerung des Kiesels auf der Oberfläche des Flints.
Nur eine ganz dünne Aussenzone wird von diesem Prozess beeinflusst.



fuchs

Hallo ihr beiden,
ich habe natürlich gar keine Ahnung, aber zwei Anmerkungen:
@ Wikinger: Müsste dann nicht auch die Dorsalfläche glänzen?
@ Thovalo: Tritt denn (ausreichend) Kieselsäure schon bei Lagerung aus? Und wäre das dann nicht recht häufig zu beobachten?

thovalo

#3
Zitat von: Der Wikinger in 04. Juli 2010, 21:22:49
Hallo Thomas  :-)

Bei Peter Vang Petersen wird die sogenannte Glanz-Patinierung von ackergefundenen Flintstücke u.a. so erklärt:

(vom Dänischen übersetzt)

Ausschnitt:
Die Oberfläche ist etwas blanker, mehr "fettig" und wachsartig, als bei frischen Abschlägen des gleichen Flintqualitäts.
Die Ursache der Umwandlung ist wahrscheinlich eine Umlagerung des Kiesels auf der Oberfläche des Flints.
Nur eine ganz dünne Aussenzone wird von diesem Prozess beeinflusst.





Hallo Wikinger!

Dem kann ich gut folgen, doch ist hier ja nur eine Seite des Artefakts, dann aber bis zur kleinsten Ecke vollständig und zwar nicht nur " etwas blanker, mehr "fettig" und wachsartig", sondern glatt wie eine Glasoberfläche und wie mit Klarlack hoch glänzend und glatt spiegelnd überzogen.


Nach Peter Vang Petersen müsste doch eher die Oberfläche des ganzen Stücks verändert sein?
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Der Wikinger

Kann laut PVP partiell oder einseitig sein !  :winke:

Ich verstehe es so, dass da ein chemischer Prozess im Gang war, wo der Kiesel (Kieselsäure wohl?) ausgetreten ist, und eine ganz glatte Oberfläche gemacht hat, wie eine Art Glassierung. Er erklärt es nicht näher.

Vielleicht sollte man sich überlegen den Thread nach "Mineralien" zu verschieben, vielleicht können die Experte dort eine nähere Erklärung geben ?

:winke:

PS: einseitige oder partielle Patinierungen von andrer Art sind ja auch nicht unbekannt.

thovalo

Zitat von: fuchs in 04. Juli 2010, 21:34:59
Hallo ihr beiden,
ich habe natürlich gar keine Ahnung, aber zwei Anmerkungen:
@ Wikinger: Müsste dann nicht auch die Dorsalfläche glänzen?
@ Thovalo: Tritt denn (ausreichend) Kieselsäure schon bei Lagerung aus? Und wäre das dann nicht recht häufig zu beobachten?



Die Fragen stelle ich mir mit Dir zusammen!!!!   :kopfkratz:

Wenn man z.B. den Stein als Beschwerung von zusammengepressten Pflanzenfasern genommen hätte, die kontinuierlich Flüssigkeit verlieren. Irgendwie eine konzentriert nur auf die eine Seite einwirkende Sondersituation .......    :glotz:

... es scheint sich zumindest in dieser klar abgegrenzten Wechselseitigkeit um keine gewöhnliche Ausprägung zu handeln!  
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Silex

Meinereiner vermutet dass Kieselsäure als purer Saft kaum den Glanz hervorrufen würde. Die Partien hiesiger  Sichelglänze sind  meiner Meinung nach  mit mechanischen Verrundungszonen in "Tateinheit" zu stellen.
Aus der neolithischen Diaspora


Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.