Prospektion auf einem häuptsächlich spätaltsteinzeitlich belegten Fundplatz

Begonnen von thovalo, 22. Oktober 2023, 13:00:01

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thovalo

Moin!

Aufgrund der starken Regenfälle konnte ich auch auch während der vierten Begehung des Fundplatzes erneut  frisch ausgeschwemmte Artefakte aufsammeln und einmessen.

Auf der Fundübersicht des vierten Laufs befindet sich neben dem Lineal seitlich auch der eigentümliche kreuzförmig rundum retuschierte Fundbeleg.

Ein Kern war mit dabei, die Distalpartie einer rückenretuschierten Spitze und eine lange und vollständig erhalten gebliebene Lamelle, sowie einige kleinere kurze Klingen.

Die spätpaläolithischen Funde sind auf dem Fundplatz in aller Regel bläulich-weiß oder stark porzellanartig weiß patiniert und bei einer Begehung gut zu erkennen.

Der Hauptfundtyp des Platzes ist erstaunlicherweise der Stichel mit 28 Belegen (meist an Endretusche, mehrere Doppelstichel, überraschend auch ein Papageischnabelstichel, der eher charakteristisch für das späte Magdalenién ist). Dann folgen die "kurzen Kratzer". Belege von Federmessern und andere Spitzentypen der Zeit (Geradspitze, Spitze mit umlaufend retuschierter Basis, Mikrolithen) fanden sich nur vereinzelt. Das Gesamtfundinventar gehört der "Federmesserkultur" an und überliefert die nun höchste Anzahl an Sticheln eines Rheinischen Fundplatzes dieser Zeitstellung, was auf eine hohe Spezialisierung während dieses Aufenthaltes hindeutet.

Da es am Platz keine Silexvorkommen gibt, muss das Material auf der Wanderung mitgeführt worden sein und da es sich bisalng ausschließlich um nordischen Feuerstein handelt, hatten diese Menschen mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht den Rhein nach Westen überquert, wo sie linksrheinisch zumindest den sogenannten Schotterfeuerstein hätten erreichen, auflesen und bearbeiten können.

Die Gesamtzahl der eingemessenen Artefakte aller vier Begehungen beläuft sich auf etwas unter 200 überwiegend spätpaläolithisch einzuschätzende Fundbelege. Darunter befinden sich 3 Stichel und mehrere Kratzer. Die Dominanz der Stichel, überwiegend kleinformatige Exemplare, ist erstaunlich und bildet wohl eine vornehmliche Feinbearbeitung von Holz, Knochen und Geweih ab, wozu man auch die "kurzen Kratzer" nutzen konnte. Vielleicht bereitete man hier Harpunen und Knochenspitzen für anstehenden Jagdzüge vor.

Die Funde gehen alle in die, seit einem Jahr laufende, facharchäologische Aufnahme und Bearbeitung des Fundkomplexes ein. Am kommenden Dienstag finden erste Bodenbeprobungen durch einen archäo-geologische Fachfirma statt.  Ziel ist die Erfassung des stratigrafischen Bodenaufbaus  und die GEwinnung archäo-botanischer Kenntnisse. Sehr wahrscheinlich kann ich ausgerechnet an diesme Tag nicht mit daran teilnehmen


lG Thomas  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.