Eine aufgegebene Pfeilspitzenvorarbeit

Begonnen von thovalo, 10. Mai 2014, 04:32:58

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thovalo



Die Ausarbeitung dieses neu gefundenen verworfenen neolithischen Projektils war bereits weit fortgeschritten. Dann scheiterte der Bearbeiter an einer einzigen Stelle die er als massive seitliche Störung nicht mehr beseitigen konnte.

Bei der flächigen Ausführung von Retuschen ist die Ausführung wechselnd immer flacher werdender umlaufender Abhebungen von Material notwendig. Wird dieser Vorgang durch einen Störung unterbrochen konnte, wie hier, die Arbeit nicht zu Ende ausgeführt werden.


Das verwendete Material ist über mehr als 130 Kilometer hinweg an den rechten Niederrhein hin ausgetauschter Maasfeuerstein.


Das Fundgelände überliefert, von der mittleren Jungsteinzeit an und ab dem Jungneolithikum hoch ansteigend, eine außergewöhnliche Funddichte von Pfeilspitzen, Pfeilschneiden und darunter auch solche verworfenen Vorarbeiten. Dem steht ein ebenso außergewöhnlich
hohes Fundaufkommen sonstiger Artefakttypen zur Seite.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#1



Auch das ist eine, hier bereits gezeigte, verworfene Vorarbeit als Neufund aus Begehungen diesen Jahres vom selben Fundgelände.

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,62187.0.html


Die beiden Fundstellen dieser Vorarbeiten liegen etwa 150 m voneinander entfernt und haben, neben diesen verworfenen Vorarbeiten, auch viele "gelungene" Projektile überliefert.


Hier blockierten zwei Stellen die Fertigstellung.


Einmal eine "Scharte" an einer der Langseiten und entscheidend eine der Ecken der Basislinie.
Diese fehl gelaufenen Abhebungen blockierten die Weiterführung des flächigen Materialabtrags.


Diese Vorarbeit blieb im Querschnitt viel zu dick um bereits geschäftet werden zu können.

So schön und eindrucksvoll gelungen retuschierte Projektile sein können, die aussagekräftigen sind eher solche aufgegebenen Stücke, die technologische Phänomene und Probleme dokumentieren.


Das Material ist gleichfalls hierher ausgetauschter Maasfeuerstein.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Birk

Moin Thomas. Das ist ja echt mal wieder interessant. Da wird der Hersteller sich aber doch ein wenig geärgert haben.  Weiß man eigentlich wie lange die früher für  eine  fertige Spitze brauchten ? :nixweiss:  Klasse finde ich auch den vergleich in deinem älteren Thema. Dort kann man wirklich sehr schön sehen, wie filigran die Spitzen waren. :zwinker:  Kannst du anhand deiner Funde abschätzen , wieviele Spitzen nichts geworden sind?

     Gruß
    Thomas

thovalo

#3
Zitat von: Birk in 10. Mai 2014, 07:44:25
Moin Thomas. Das ist ja echt mal wieder interessant. Da wird der Hersteller sich aber doch ein wenig geärgert haben.  Weiß man eigentlich wie lange die früher für  eine  fertige Spitze brauchten ? :nixweiss:  Klasse finde ich auch den vergleich in deinem älteren Thema. Dort kann man wirklich sehr schön sehen, wie filigran die Spitzen waren. :zwinker:  Kannst du anhand deiner Funde abschätzen , wieviele Spitzen nichts geworden sind?

    Gruß
   Thomas


Wie lange man zur Herstellung solcher Pfeilspitzen brauchte bzw. heute braucht wenn man es kann weiss ich nicht zu sagen!

Ein Freund hat mal einige gemacht, einmal Ahrensburger Spitzen einmal eine flächig retuschierte.
Ich habe aber nicht auf die Zeit geachtet, sondern war schon so fasziniert genug.

Ich würde schätzen, dass in einer flächig retuschierten Pfeilspitze von der Gewinnung der Grundform an, wenn es eine Klinge ist, eine Zeit von einer Stunde stecken kann. Wenn es "nur" um die Ausführung an einer bereits vorliegenden Klinge geht vielleicht 20 - 30 Minuten.
Es gibt hier bestimmt Jemanden der das besser und klarer belegen kann.

Die flächigen Stücke zu arbeiten war für einen geübten Menschen sicher auch nicht allzu kompliziert. Was in der Relation auch gesehen werden muss, ist nicht nur die Arbeitszeit sondern, insbesondere hier für den Ort, die Verfügbarkeit von Grundformen aus geeigneten Material. Hier gibt es, außer den rundlichen Maaseiern nichts weiter Verwertbares und Projektile aus Maaseiern sind im gesamten Rheinland absolute Raritäten. Die mehr als 200 Projektile aus einem Zeitraum von etwa 2.500 Jahren vom Fundgelände sind aus eingetauschten oder eingetragenen Materialien gearbeitet. Eine einzige besteht gesichert aus Maaseisilex.


Hier finden sich ja immer wieder neue Belege von gelungenen und nicht gelungenen Stücken auf dem Gelände, daher kann ich kein "statistisches Endergebnis" auswerten. Solche deutlich verworfenen und weitgehend bearbeiteten Vorarbeiten finden sich im aktuellen Fundbestand in etwa ein Verhältnis von 1:20., in den letzten 3 Monaten allerdings überraschend nun gleich zwei davon.

Solche hohen Fundkonzentrationen finden sich allerdings auch nur an lange besiedelten Plätzen mit Werkbereichen in den und um die Siedlungs-/Hofesstellen.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Birk

Hallo Thomas. Dank dir für die ausführliche Antwort. :super:

Gruß
  Thomas