Kratzer und Klinge von einem Federmeserfundplatz rechts des Rheinlaufs

Begonnen von thovalo, 10. Dezember 2022, 19:11:20

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo


Guten Abend!


Am rechten Niederrhein befindet sich einer der rechtsrheinisch noch sehr seltenen Fundplätze der spätalsteinzeitlichen Federmesserkultur. Das Fundinventar ist inzwischen soweit umfassend, dass sich die zuständige Bodendenkmalpflege dazu entschieden hat das Fundinventar nun von einem versierten Facharchäologen systematisch aufnehmen zu lassen,, auch um einschätzen zu können ob sich die Eintragung als Bodendenkmal empfiehlt. Die Finanzierung dafür wurde dann in diesem Jahr aus dem städtischen Budget zur Verfügung gestellt.

Die aktuelle Prospektion hat einige weitere Artefakte erbracht, darunter befindet sich eine hier gezeigte kleine Klinge und einer der für diese Zeitstellung und Kultur typischen vertreter der "kurzen Kratzer".

Die "kurzen Kratzer" bilden den auf dem Fundareal den am zahlreichsten angetroffenen Gerätetyp. Als Besonderheit folgen den "kurzen Kratzern" bereits die Stichel als zweitgrößte Fundgruppe. Offenbar bildete die Bearbeitung von Knochen und Geweih einen Schwerpunkt der Aktivitäten.

Es scheint sich um einen einmaligen Aufenthalt einer vergleichsweisen kleinen Gruppe oder Jagdeinheit gehandelt zu haben. Der Platz befindet sich auf einem erhöht gelegenen Plateau direkt an dem heute verlandeten Altarm eines kleinen Flüsschens dass in den Rhein entwässert und einem in der Zeit des Aufenthaltes bereits abgetrennten Altarm des Rheinlaufs der sich etwa 150 Meter weiter entfernt befindet. Es zeigt sich eine  Auenlandschaft die zumindest den Fisch- und Vogelfang ermöglichte.

Die Frage ob gelegentlich noch größere Herden von Pferden oder Rentieren den Fluss aufsuchten und überquerten ist noch nicht abschließend  geklärt. Für die Zeit wird für das Rheinland insbesondere die Jagd auf die letzten Riesenhirsche, Elche, den Ur, Wisente, Hirsche und Schwarzwild, Vögel und das Fischen angenommen. So nahe zum Rheinlauf ist auch an die jährliche Wanderung der Lachse als besondere Nahrungsquelle zu denken.

Der Fundplatz überliefert rechts des Rheinlaufs das bislang umfangreichste Fundinventar dieser Zeitstellung. Durch die verbindende Lage in Richtung der Hellwegzone und damit in Richtung Westfalen kommt dem Fundplatz eine eigenständige Bedeutung zu.

Die dem Fundkomplex zugehörigen Artefakte sind alle weiß oder blauweiß patiniert. Weil es in der Lage keine natürlichen Feursteinvorkommen gibt sind die kleinen Artefakte und die Debitage vergleichsweise gut zu erkennen. Ich muss dennoch viel Zeit aufbringen um die kleinen Stücke zu entdecken die, wie der Kratzer, meist nur teilweise oberflächig erkennbar sind.


Der Kratzer misst 1.9 cm Länge


lG Thomas    :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#1


Die Klinge misst 3.6 cm Länge
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.