Quarzite mit geschliffenen Facetten?

Begonnen von Steinkopf, 14. März 2011, 23:09:35

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Steinkopf

Zwischen vielen aufgelesenen Schlagsteinen fielen mir drei Exemplare auf, die an den Polen kein strapaziertes Narbenfeld sondern eine sehr glatt geschliffene Fläche in Form einer ,gekrümmten Facette' tragen.

In Fundberichten konnte ich keinen Hinweis auf das Vorkommen dieser facettierten Quarzite gefunden. Ich nehme an, dass diese Besonderheit bislang kaum beachtet und auch nicht für typologisch erwähnenswert gehalten wurde. Stehen doch die Feuersteinartefakte im Focus der archäologischen Forschung.

Welcher praktische Zweck steckt hinter diesen polierten Flächen, die in Längsrichtung gekrümmt, in der Querrichtung gerade sind? Handelt es sich um eine Gebrauchsspur bei einer Arbeit, die nicht so häufig vorkam, dass dieser Typus nur sporadisch vorkam?
Oder wurde diese glatte Fläche für ein Spezialwerkzeug erzeugt?

Welche bekannten Werkzeuge und/oder Gebrauchsspuren können zum Vergleich herangezogen werden?

Da sind zunächst die erwähnten Schlagsteine zur Flintbearbeitung. Diese nutzen sich an der Schlagfläche ab und es können ähnliche Flächen entstehen. Diese sind jedoch nicht glatt sondern zernarbt. Macht es einen Sinn, diese Flächen zu polieren?

Dann gibt es Schlagsteine zur Bearbeitung von ,Felstesteinsarten' im Sinne von ,Knusesten' nach P. V. Petersen. Also Werkzeuge, mit denen die Oberfläche von Granit, Quarz oder anderen Gesteinsarten pulverisiert und überformt werden. Durch Abnutzung entsteht auch hierbei eine Fläche, die jedoch eine in alle Richtungen ähnliche Krümmung trägt.

Läufersteine steinzeitlicher Mühlen sehen anders aus. Man kann an Mörser und Stößel denken. Die mir bekannten Stößel sind ebenfalls in alle Richtungen gleichmäßig verrundet und an der Arbeitsstelle noch etwas rau.

Es ist sicherlich möglich, experimentell eine solche polierte Fläche zu erzeugen. Die Verwendung dieser Quarzite in vorgeschichtlicher Zeit ist damit jedoch nicht geklärt.

Die drei von mir gefundenen Exemplare sind Oberflächenfunde.
Zumindest ein Stück stammt von einer bislang als rein mesolithisch klassifizierten Stelle.
Bei Bekannten im Norden von Jütland und auf Seeland (Dänemark) sind vereinzelt ähnliche Quarzite an mesolithischen Siedlungsplätzen gefunden worden.

Wo tauchen diese ,facettierten Quarzite' auf?
Gibt es Funde, die sich datieren lassen?
Lässt sich eine regionale Verbreitung feststellen?

Wer kennt ähnliche Funde?

mifomex


Hallo Steinkopf,

bin kein Fachmann, aber nur vom Anschauen tippe ich steinhart auf Moerser ?!

Viel Glueck noch bei Deiner Recherche, wird bestimmt Interessant ! :glotz:

Gruss Sash :winke:

"Wer Vergessenes ans Licht bringt, Bereichert das Wissen!"

thovalo

Von hier aus betrachtet  :glotz: :  das ist ein klassischer Schlagstein ohne jede weitere Besonderheit!
Such hier einmal quer durch die Beiträge und du wirst eine Menge Vergleichsstücke finden!   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wutach

Hallo Jan,

wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir um facettierte runde Steine, deren besonderes Merkmal die eben nicht vernarbten, sondern glatt geschliffenen Flächen an den Polen sind. Denn bei einer vernarbten Fläche würde man ja gleich von einem Schlagstein ausgehen können. Ausserdem grenzt Du die Sache auf Quarzite ein, vermutlich, weil deine Belegstücke bisher alle aus Quarzit sind. Diese Material bezogene Eingrenzung solltest Du aber meiner Meinung nach nicht vornehmen.

Tatsächlich gibt es in hier in Nordhessen ähnliche Steinartefakte. Ich kenne sie bisher nur aus mesolithischem Zusammenhang. Und ich habe mich genau wie Du auch schon gefragt, welche Funktion solchen Steinen zukommt. Sie werden in der mir bekannten Literatur gerne einfach als Reib- und Klopfsteine bezeichnet. Nach meinen Beobachtungen haben sie aber auch als Amboss oder Arbeitsunterlage gedient, da sich auf den Flächen zwischen den Polen manchmal ganz kleine eng begrenzte Narbenfelder finden. Hier habe ich schon vermutet, das sie auch zum Zerschlagen von Nüssen benutzt worden sind, was im Mesolithikum ja eine wesentliche Nahrungsquelle war. Auffällig sind aber insbesondere die glatten Polfacetten und auch die manchmal glänzend glatten Flächen dazwischen. Die einzig mir bekannte Parallele sind die sogenannten Glättsteine, wie man sie schon im Jungpaläolithikum kennt, ohne das sich mir deren Funktion bis jetzt wirklich erschliesst.

Zusammenfassend habe ich die Vermutung, das es sich bei dem von dir hier zur Sprache gebrachten Artefakttyp um eine Art Mehrzweckwerkzeug speziell aus dem Mesolithikum handelt.

FG Marc.

rolfpeter

Servus,

wie Thomas schon schrieb, handelt es sich um klassische Schlagsteine, bekannt über eigentlich alle vorgeschichtlichen Zeiten. Deshalb ist die Datierung schwierig. Ich selbst habe welche auf mesolithischen und neolithischen Plätzen gefunden. Wie sind die Beifunde?

Benutzt wurden z.B. zur Steingeräteherstellung. In machen Quellen werden sie auch als Reibsteine bezeichnet, Gebrauchsspurenanalyse und experimentelle Archäologie hat das aber widerlegt.
Es sind Schlag- oder Klopfsteine.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Marienbad

Moin Leute,
erst vor einigen Tagen habe ich eine Feststellung gemacht, die für dieses Thema passt.
Beim Töpfern mit hiesigem Lehm von der Küste hatte ich eine "glänzende" Idee.
Den schon fast trockenen Pott wollte ich noch in "Form" bringen.
Die Wandungen waren nicht gleich dick und sollten etwas abgearbeitet werden.
Ich nahm einen kleinen Schlagstein, dessen Arbeitsfläche schön rubbelig war.
Mit diesem Schlagstein glich ich nun die Unebenheiten der Wandung von dem Pott aus,
indem ich die raue Fläche vom Schlagstein als Feile nutzte.
Das hatte zur Folge, dass die raue Seite vom Stein sehr glatt wurde.
Leider habe ich keine Fotos gefertigt, könnte es aber noch einmal wiederholen und
dann mit Bildern dokumentieren.
Das könnte auch eine Art der Entstehung dieser glatten Flächen sein, vermute ich.
Einige weitere Hinweise zur Entstehung glatter Flächen sind auch auf dem folgenden Link
zu sehen.(fast am unteren Bereich der Seite)
:winke:  Manfred

Schlagsteine mit glatter Fläche

StoneMan

Moin Steinkopf,

zu Deinen Fragen kann ich auch nicht mehr beitragen, als das bisher schon geschah.

Als Besonderheit an Deinen Schlagsteinen möchte ich die bemerkenswert klar ausgeprägten
Arbeitsbereiche hervorheben.

Eindrucksvolle Fundbelege  :super:


Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Verleihnix

#7
Zitat von: StoneMan in 15. März 2011, 20:47:25
Moin Steinkopf,

zu Deinen Fragen kann ich auch nicht mehr beitragen, als das bisher schon geschah.

Als Besonderheit an Deinen Schlagsteinen möchte ich die bemerkenswert klar ausgeprägten
Arbeitsbereiche hervorheben.

Eindrucksvolle Fundbelege  :super:


Gruß

Jürgen

@Jürgen
Ich kann auch nichts weiter beitragen, schreibe aber trotzdem. Tolle Fundbelege, besonders die klar ausgeprägten Arbeitsbereiche. Gelegentlich sollen die bei Schlagsteinen vorkommen. Sonst wären es ja keine.  :super:  :narr: Viel Spass noch beim Hobby.  :ildf::winke:

@Steinkopf
Typische Schlagsteine, wie der Thomas schon anfangs angemerkt hat.  :winke:

Wutach

Vielen Dank Manfred für die Ausführungen. Das erklärt ja auch schon vieles. Und das mit der Keramikbearbeitung ist auch ein interessanter Hinweis, soweit es das Neolithikum betrifft. Das die exponierten Bereiche solcher Steine mit ihren Facetten vorwiegend durch das Steineklopfen entstehen, sehe ich auch so. Nur wieso ist die grosse Fläche auf den mesolithischen Stücken so glatt wie ein Kinderpopo. Das ist nicht die natürliche Gesteinsoberfläche und hier wurde auch nicht damit geschlagen oder geklopft. Die Fläche ist geradezu poliert. Für diesen Vorgang interessiere ich mich. Zur Anschauung hier ein Beispiel von mir - definitiv Mesolithikum.

FG Marc.

Wutach


Marienbad

Wie lang sind die Steine, sind es mehr wie 10 cm , ich kann es schlecht auf den Fotos erkennen.

StoneMan

Zitat von: Verleihnix in 15. März 2011, 20:49:46
[...]
...
[...]
@Verleihnix, sag bescheid, wenn Du mit Editieren fertig bist, denn wenn Du ständig nachträglich editierst, bringt eine Antwort ja nix...

« Letzte Änderung: Heute um 20:56:34 von Verleihnix »
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Verleihnix


Wutach

Hallo Manfred,

meiner ist nur einer und der ist etwa 10 cm lang.

FG Marc.

Marienbad

Es könnten alle möglichen Materialien damit über lange Zeit geglättet worden sein.
Aber das wird ein Rätsel bleiben.
Hier noch ein Hinweis.
  :winke:

Klopfstein für Sehnenherstellung

Wutach

Hallo Manfred,

vielen Dank für die Antwort. Das gute ist: Wenn Du es nicht so genau weist, dann muss ich mir's nicht übelnehmen, wenn ich's auch nicht weis.

FG Marc.

Marienbad


Steinkopf

Schönen Dank 'Wutach' für die deutlichen Fotos. Bei Deinen Bildern kommt die polierte 'gekrümmte Facette' sehr deutlich heraus.
Zwei Fragen: Aus welcher Gesteinsart sind Deine Exemplare? Und wo etwa ist das Fundgebiet?

Wutach

Hallo Jan,

das Fundgebiet liegt in Nordhessen - nördlich von Kassel. Bei dem Material vermute ich Granit, aber da bin ich kein Experte.

FG Marc.

Tapir

Zitat von: Wutach in 15. März 2011, 23:36:43
Bei dem Material vermute ich Granit, aber da bin ich kein Experte.

FG Marc.

Ach, kein Problem. machen wir eine Dünnschliffserie  :zwinker: (Mein UFG-Prof ist bei diesem für einen Geologen typischen Spruch immer rot angelaufen, keine Ahnung wieso :-D)

teabone

"Beim Töpfern mit hiesigem Lehm von der Küste hatte ich eine "glänzende" Idee.
Den schon fast trockenen Pott wollte ich noch in "Form" bringen.
Die Wandungen waren nicht gleich dick und sollten etwas abgearbeitet werden.
Ich nahm einen kleinen Schlagstein, dessen Arbeitsfläche schön rubbelig war. "   
Zitat Marienbad


zum Thema hab ich folgenden link gefunden:

http://geologie.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/dep_geodyn_sedim/draganits/1994_Draganits_ArchA_Glaettsteine.pdf

Gruß
Augustin
Such- und Fundgebiet: Weinviertel, Nö.

Marienbad


thovalo

Zitat von: teabone in 16. März 2011, 14:23:48
"Beim Töpfern mit hiesigem Lehm von der Küste hatte ich eine "glänzende" Idee.
Den schon fast trockenen Pott wollte ich noch in "Form" bringen.
Die Wandungen waren nicht gleich dick und sollten etwas abgearbeitet werden.
Ich nahm einen kleinen Schlagstein, dessen Arbeitsfläche schön rubbelig war. "    
Zitat Marienbad


zum Thema hab ich folgenden link gefunden:

http://geologie.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/dep_geodyn_sedim/draganits/1994_Draganits_ArchA_Glaettsteine.pdf

Gruß
Augustin


Der link ist klasse !  :super:

....... denn er bestätigt das Glättsteine eben nicht glatt werden, sondern folgerichtig, durch die groben Anteile in der Magerungsmasse Krizter und Schrammen erhalten.


Daher muss es für die Entstehung von glasglänzenden Flächen auf Geröllen ganz andere Erklärungen und Gebrauchsmuster geben!  :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.