Kielkratzer also named Lamellenkern

Begonnen von RockandRole, 22. Mai 2020, 12:47:18

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RockandRole

Hallo Leute,

gestern am Vatertag haben Dady und ich uns eine kleine Auszeit gegönnt und sind auf ein paar unserer Stellen gefahren.

Diesmal war es nicht nur archäologisch sondern auch geologisch sehr interessant. Wir hatten unter anderem auch ein fossiles Holz mit Zellstruktur-Erhaltung ein Bergkristall und einen Amethysten.

Hier möchte ich aber 2 Artefakte vorstellen, wo ich frühes JP vermute. Leider hat das erste Stück einen derben Treffer abbekommen, man kann es aber noch als Kielkratzer/Lamellenkern identifizieren. Einige weitere Teile mit dieser weißen Patina konnten wir finden. Dann gibt es von dem Platz noch einen Zinken und einen weiteren möglichen Kandidat für das Aurignacien, welchen Prof. Fiedler schon begutachtet hat. Eine mögliche Spite mit Aurignacien Retusche hatte ich hier schon vorgestellt. Das lief aber etwas aus dem Ruder  :-D

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,77321.0.html
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,77172.0.html

Wenn sich unsere Vermutung bestätigt, dann haben wir schon die 2. Aurignacien Fundstelle in der Gegend entdecken können. Wäre aber ja auch kein Wunder. Wo eine ist, müssen noch mehr sein.

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

RockandRole

Hier das 2. Stück aus einem blauen Kieselschiefer, welches nicht weit entfernt vom erstgezeigten Stück lag

:winke:
gefährliches Drittelwissen

RockandRole

Hier ein Beifund, wo man auch ganz klar den Hang zum lamellaren Abbau erkennen kann. Typologisch könnte man das vielleicht auch Stichel nennen  :nixweiss: Die Grundform ist ein Abschlag.

Passt schon mit dem Aurignacien oder bzw. schon mal mit Jungpaläolithikum, oder?

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Steinkopf

Hi Daniel,
Das sieht schon sehr nach  Aurignacien aus!

Kenn diese Form nur aus Frankreich.

LG

Jan

RockandRole

Hallo Jan,

dank dir für deinen Zuspruch. Es gibt seit einiger Zeit einige wenige bekannte Fundstellen in Bayern. In den letzen Jahren sind noch ein paar dazu gekommen. Insgesamt sollten es vielleicht 20-25 Fundstellen sein. Wahrscheinlich hat noch der ein oder andere Sucher etwas unentdeckt in seiner Sammlung schlummern. Natürlich gibts das auch in anderen Bundesländern.

Hier mal aus dem Geisenklösterle einige Vergleiche  :glotz:

https://www.researchgate.net/profile/Nicolas_Teyssandier/publication/32232586/figure/fig10/AS:668263369428999@1536337811382/Geissenkloesterle-cave-Examples-of-carinated-pieces-from-level-IIIa-no-3-is-a-preform.ppm

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Merle2

Hallo Daniel,

Unglaublich,  ich freue mich sehr für euch. :super: :super: :super:
Das ist die absolute Nadel im Heuhaufen und stellt meiner Meinung nach die Fundregion in ein besonderes Licht. Scherzhaft haben wir von schon fränkischer Dordogne gesprochen :zwinker:  Toller Wein und alte Steine, einfach geil...
Viele Grüße
Marc

Furchenhäschen

ja, wirklich  :super:

schau mal im Link weiter unten, der weiße Jura war im Aurignacien und Magdalenien heiß begehrt.
Funde mit dem weissen Jura gibt es von den Klausenhöhlen und dem Speckberg

http://www.archaeologie-beilngries.de/museum/archaeologie/altsteinzeit.html

Grüße
Peter :winke:

Danske

Hallo Daniel,

das ist wirklich sehr beeindruckend, bin begeistert :super: :prost:

Diese Kielkratzer oder Lamellenkerne kommen zwar bereits seit dem ausgehenden MP gelegentlich in den Keilmesser- und Blattspitzengruppen vor, sind aber natürlich Leitformen im Aurignacien.

Dann weiter gut Fund!

LG
Holger :winke:
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

RockandRole

Guten Morgen,

der weiße Jura ist schon ein sahnemäßiges Material. Da kannst du aber mit dem Patina-Argument nicht mehr kommen. Unmöglich ohne Beschädigung den zu unterscheiden.

Das ist vollkommen richitg mit den Kielkratzern/Lamellenkernen im ausgehenden MP. Die gleiche Diskussion hatten wir auf einer anderen Fundstelle, als die ersten 2 von diesen Dingern aufgetaucht sind. Mit der Zeit wurden es aber mehr und es kamen auch Stichel dazu, in was für ner Form auch immer. Ich denke, in einer Oberflächenaufsammlung muss man da über die Masse gehen. Wenn es heißt, im MP sind diese Stück selten und es überschreitet einen gewissen Schwellenwert und die Beifunde passen, dann kann man da schon relativ sicher sein, mit dem JP. Im Umkehrschluss steht auch nie dabei, das z. B. Faustkeile selten sind. Davon haben wir nur einen gefunden (ganz wo anders) und von den Kielkratzern ca 8-10

Interessanterweise hat sich ja wieder mal die Besiedlung des H.s. von Europa um 5000 Jahre nach vorne verschoben (noch ältere Funde sind in der Diskussion)
https://www.mpg.de/14782878/0506-evan-019609-aeltester-homo-sapiens-europas-lebte-im-jungpalaeolithikum

liebe Grüße Daniel



gefährliches Drittelwissen

Danske

Zitat von: RockandRole in 23. Mai 2020, 08:23:25

Interessanterweise hat sich ja wieder mal die Besiedlung des H.s. von Europa um 5000 Jahre nach vorne verschoben (noch ältere Funde sind in der Diskussion)
https://www.mpg.de/14782878/0506-evan-019609-aeltester-homo-sapiens-europas-lebte-im-jungpalaeolithikum

liebe Grüße Daniel


Im Rhonetal hat man in der Grotte von Mandrin angeblich zwischen zwei Horizonten MP in einer Schicht, die auf ca. 50.000 BP datiert wird, Pfeilspitzen gefunden, die auf eine kurzzeitige Begehung der Grotte durch von moderne Menschen hindeuten.

Die Ausbreitung des modernen Menschen wird aber nicht nur in Europa, sondern weltweit zeitlich nach vorn korrigiert.

LG
Holger 
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

RockandRole

Hallo Holger,

der Übergang von MP zu JP ist für mich das faszinierendste Thema der Steinzeit überhaupt. Da sind noch so viele Fragen offen. Wie gerne hätte ich da mal Mäuschen gespielt  :winke:

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Steinkopf

Hallo Daniel,

Du schreibst: "Wie gerne hätte ich da mal Mäuschen gespielt"

Das hätte in der Höhle dann gefährlich werden können!

LG
Jan

Danske

Zitat von: RockandRole in 25. Mai 2020, 18:19:19
Hallo Holger,

der Übergang von MP zu JP ist für mich das faszinierendste Thema der Steinzeit überhaupt. Da sind noch so viele Fragen offen. Wie gerne hätte ich da mal Mäuschen gespielt  :winke:

liebe Grüße Daniel

Ich auch.  :-) Um einen Tag in dieser Zeit erleben zu können, würde mancher Forscher einen Arm hergeben. Aber auch nicht viel länger, das würde er nämlich nicht überleben.

LG Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

RockandRole

Wahrscheinlich wäre man als Mittagessen oder als Gott geendet  :-) in eine Höhle hätte ich mich nicht getraut, sind ja zum Glück alles Freilandfundstellen  :winke:
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