gebohrter Schleifstein

Begonnen von RockandRole, 28. Dezember 2018, 13:12:19

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RockandRole

Morsche,

gestern waren Dady und ich in der Nähe des Maindreiecks unterwegs. Eigentlich wollten wir eine schon bekannte Fundstelle, welche auch mit Mesolithikum belegt ist begehen. Leider ist sie gerade eine Wiese.
Ganz in der Nähe fanden wir einen freien Acker und wir wurden fündig. Die Keramik der neuen Sielungsstelle muss noch trocknen und gesäubert werden. Wir gehen hier jetzt von einer germanischen Fundstelle aus, weil evtl. auch Importkeramik vorliegt. Insgesamt konnten wir 4 Konzentrationen mit Keramik und auch 2 deutliche Verfärbungen dokumentieren.
Mein Highlite war dieser wohl bikonisch gebohrte Schleifstein. Er ist noch sehr akkurat, deshalb denke ich, dass er nicht so lange in Benutzung war oder darauf geachtet wurde, dass er recht gleichmäßig abgenutzt wird. Die Bohrung ist leider etwas dezentral, vielleicht hat das ja zu dem Bruch und dem Verlust geführt. Trotzdem sieht er noch recht frisch aus und könnte auch später passiert sein.

Obwohl wir eindeutige Belege für Vor- bis Frügeschichtliche Siedlungsspuren haben, ist das Stück wahrscheinlich nicht zu datieren. Die Bohrung lässt ihn aber älter erscheinen. Wir hatten sogar 2 gebohrte Schleifsteine bei unserer Grabung eines Gräberfeldes der UFK. Es gibt sie also schon lange.

Hatte solche Stücke auch neben ihrer Funktion als Werkzeug auch Amulettcharakter?

Liebe Grüße Daniel 
gefährliches Drittelwissen

RockandRole

VORSICHT ich habe den Winkel der Bohrung wohl etwas überspitzt. In Wahrheit ist es deutlich weniger. Trotzdem bleibe ich bei bikonisch  :friede:
gefährliches Drittelwissen

Danske

Moin Daniel,

ein interessanter Fund, auch wegen der Bohrung.

An eine abschließende Datierung will ich mich auch nicht wagen, der Schleifstein könnte eventuell aus dem gleichen Zeithorizont wie die Scherben (vorrömische Eisenzeit oder RKZ??) stammen. Ich tippe aber eher auf Mittelalter, ein vergleichbares Stück habe ich hier gefunden: http://www.spessartprojekt.de/?page_id=21742

Jedes Objekt kann in irgendeiner Weise für den Träger auch einen Amulettcharakter haben. Bei den Schleifsteinen denke ich aber vorrangig um ganz profane Gründe des Tragens um den Hals oder am Gürtel, eben, um ein Gerät zum Schärfen eines Werkzeugs zu haben.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

RockandRole

Hallo Holger,

danke für dein Beispiel. Ich durfte schon einige Funde von Elisabethenzell selbst begutachten. Da war der auch dabei und ich habe mich an den (ist nur einer, habe mich gestern informiert) gebohrten Schleifstein aus der Grabung in Mainaschaff erinnert. Mittelalter ist aber gut möglich. Ich glaube, dass da auch ein wenig Mittelalterkeramik von uns mit aufgesammelt wurde. Die Begehung war auch sehr unvollständig um da weitere Aussagen zu treffen. Ich bleibe da aber dran.

Pofener Anhänger hatte ich an anderer Stelle auch gesagt  :-)

Liebe Grüße Daniel 
gefährliches Drittelwissen

Steinsucher

Hallo Daniel,

kann es sein, dass es gar nicht um einen Schleifstein sondern um einen Wetzstein geht?

Wetzsteine sind auch bis in die Neuzeit am Körper - zum Beispiel um den Hals - getragen worden um "Nachzuschärfen", also wie auch heute noch bei Küchenmessern um die scharfe Kante wieder aufzurichten. Das eigentliche Schärfen geschah durch "Dengeln", also durch kaltes schmieden mit dem Hammer. Ich würde eher auf Wetzstein gehen, dadurch aber auch  nicht besser datierbar. Das Loch macht keinen unterschied.

2019 wird bestimmt besser, alles Gute,

Fritz

Schwabe

Das ist mit Sicherheit ein Wetzstein wie er zum Schärfen einer Sense verwendet wird/wurde. Ich kenne diese Form noch aus meiner Kindheit. Da kamen allerdings bereits die bauchigen in Mode, die eine mehr als doppelt so lange Standzeit haben bis sie ersetzt werden müssen.

VG Daniel

crapseeker

hallo,

ein sehr schöner und interessanter Fund! gratuliere!
lg,
crapi :winke:

If it ay bost, dow fix it! (Black Country Saying)

RockandRole

Hallo Leute,

ihr habt natürlich recht. Schleifstein bzw Wetzstein machen ja irgendwie das gleiche. Sie schärfen etwas. Darum geht es hier. Für Handsicheln wäre die Größe sicher noch zu gebrauchen. Für große Sicheln wäre mir das für meine Finger zu gefährlich  :winke:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Schwabe

Hallo Daniel,

Du hast natürlich völlig recht. Der Wetzstein ist sehr kurz (10 cm???). Da habe ich nicht aufgepasst. Und er sieht mir nicht so aus, als wäre er abgebrochen. Auch wenn er durch Verschleiss einst  etwas länger war, so war er doch sehr kurz.

Ich habe mich gerade mit einem 90jährigen telefonisch ausgetauscht, der in einer Landwirtschaft aufgewachsen und dann eine Lehre als Sattler gemacht hatte.
Demnach dürfte der Wetzstein wahrscheinlich für das Schärfen von Messern benutzt worden sein. Er selbst hat noch einen 90 Jahre alten Wetzstein zum Schärfen seiner Sattlermesser in Gebrauch. Und wenn ich demnächst wieder bei ihm bin, werde ich ihn mir einmal zeigen lassen. Dieser sei aber auch länger, obwohl er ja speziell für die kleinen Sattlermesser verwendet wird.

Es spricht also alles dafür, dass der Fund ein älteres Stück ist. Gratuliere dem Finder!

VG Der Daniel