Klingenbruchstück, Erntemessereinsatz, Querschneider

Begonnen von Silex, 27. August 2008, 22:18:30

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Silex

Dieser Acker  liefert fast nur Ausnahmestücke und die Leute vom Amt haben seit Jahren  Schwierigkeiten etwas dazu zu sagen. Das Rohmaterial ist durchwegs Jurahornstein.
Zuerst galt die Stelle als Entsorgungsplatz der nahen Saltendorfer Flintensteinmanufaktur... dann kamen immer mehr eindeutige Leitformen des Paläo- Meso- und Neolithikums - ABER...diese Leitformen liegen  mindestens 100 m weiter.
Dieses Areal  aber hat nur Seltsamkeiten  erbracht (die nächsten Postings bringen ein paar dieser Dinger- vielleicht weiß ja Jemand,  hinsichtlich der Funktion und der Zeitstellung, weiter).
Hier ein trapezoides Teil mit Retuschen an einer Seite- gegenüberliegend eine scharfe Schneide.
Querschneider gab es hier   bisher weitum noch nicht.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger


Klingenbruchstück mit partieller Retuschierung !  :-D

Khamsin

Salaam Edi!

"Zuerst galt die Stelle als Entsorgungsplatz der nahen Saltendorfer Flintensteinmanufaktur..."

Wie Du wohl weisst, fallen besonders die Flintensteine in den Fokus meines Interesses. Deshalb erlaube mir bitte folgende Hinweise:

- Saltendorfer Flintensteinmanufaktur": Nach den mir vorliegenden Informationen gab es in Saltendorf keine derartige Manufaktur. Was ich aber vor Jahrzehnten unter hochkompetenter Führung auf der Hochfläche südlich von Saltendorf persönlich im Wald gesehen und begangen habe, sind abgesoffene (weil bei Regen wassergefüllte) Pingen vom barockzeitlichen Hornsteinabbau für die Flintensteinherstellung.

Die eigentliche Verarbeitung des Saltendorfer Hornsteins fand seit dem Jahr 1795 (geschlossen 1808) exklusiv in der durch Sylvius Baron von Hohenhausen privat (!) finanzierten "Flintensteinfabrik" in Burglengenfeld statt (Hohenhausen, S. Baron von, Ankündigung eines neu entdekten Landes-Produkts in Baiern, und in der Obern-Pfalz. München 1796; Tausendpfund,A., Die Manufaktur im Fürstentum Neuburg. Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 16, 1975, 70ff; Berwing,M., Burglengenfeld. Die Geschichte der Stadt und ihrer Ortsteile. Regensburg 1996, 237ff).

- "Entsorgungsplatz": Das grösste Problem bei allen Flintensteinmanufakturen egal welcher Grösse und Bedeutung war die Entsorgung der teilweise ungeheuren Abfallmengen (Mortillet,A. de, Les Pierres à Fusil. Revue de l´École d´Anthropologie 18, 1908, 266, Fig. 111; Emy,J., Histoire de la Pierre à Fusil. Blois 1978, Planche X). Dieses Problem wurde je nach Region unterschiedlich - aber immer nach arbeitsökonomischen Gesichtspunkten - gelöst. Da gibt es übrigens keinen wesentlichen Unterschied zum neolithischen Feuersteinbergbau, wo dies gleichartig der Fall war!
Betrachtet man nun die bekannte Lage der Burglengenfelder Manufaktur unmittelbar am Fuss des dortigen Burgberges und zugleich die Entfernung und Lage der Abbaustellen auf der Hochfläche bei Saltendorf, dann wird klar, dass es keinerlei Sinn gemacht hätte, den Abfall nach Saltendorf zu bringen und dort zu entsorgen.
Als Kriterium der "Stelle als Entsorgungsplatz" hätten ohnehin nur die für alle auf Klingenproduktion basierenden Flintensteinmanufakturen charakteristischen Abfallprodukte gelten können: Proximale und distale Klingenbruchstücke mit typischen Bruchformen, während der Zurichtung zerbrochene Flintensteine in unterschiedlichen Zuständen und Restkerne und natürlich die üblichen Präparationsabschläge und -Klingen vor allem mit Rinde.
Dass die Stelle offensichtlich nicht mehr als Entsorgungsplatz angesprochen wird, dürfte daran liegen, dass diese charakteristischen Abfallprodukte fehlen, oder?
Mir ist bestens bekannt, wo die Entsorgung tatsächlich stattgefunden hat und wer das entdeckt hat, aber das ist eine andere Geschichte...

Herzliche Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Silex

Danke Khamsin , für Deine Einlassungen und Korrekturen.
Zur  Benennung der Manufaktur war ich  in der Tat etwas zu ungenau - die Lage der "Pingen" hab ich  aufgrund eines örtlichen "Gewährsmannes" in folgende Lageskizze eingezeichnet. Sie liegen bergan , rechts des Sträßleins unweit der Kirche im düsterschönen Thann- und Buchenwald.
Vor Ort schaut es in jedem Fall danach  aus.
Die  hier angesprochene "seltsame Fundstelle"  weist  kaum Klingenbruchstücke auf.... in der übergroßen Mehrzahl eher grobteilige, angeschlagene Kerne.(Allerdings könnte die, diesem Beitrag benachbarte, ausreißerische "Rechteckklinge"  , vom selben Acker, doch  in diese Richtung weisen)
Ich hoffe die  frühere LfD-Vermutung kann mit dieser Skizze  entkräftet werden.
Das Areal liegt auf einer Art Düne und im Untergrund kommen die aus dem Jura aberodierten Hornsteinknollen (auch) natürlich vor.
Weit entfernt  liegt sie nicht...aber wohl zu weit für manufakturhaftes, barockes  Denken.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.