zwei neue Schlagsteine (Klopfer)

Begonnen von Saxaloquuntur, 24. November 2011, 11:46:17

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Saxaloquuntur

Zu diesen Kernen gehörig:
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,52827.0/topicseen.html
Zu dieser in "Neue Kerne von heute" Fundstelle heute auch zwei neue Klopfer, die aus demselben Material bestehen, wie die Kerne. Eine sekundäre Klopferfunktion haben auch viele Kerne, besonders an den Kernfüßen lassen sich Schlagnarbenfelder erkennen. Derartig große Klopfer, für den harten, direkten Schlag sind nicht all zu häufig. Nicht immer ganz sicher bin ich mir, ob dazu verworfene Rohnknollen, die für den Abbau nicht taugten verwendet wurde, also die größeren Ausbrüche eine Folge der schlagenden Tätigkeit waren, oder ob sie schon entstanden, als die Rohnknolle eine Prüfung für die Spaltbarkeit unterzogen worden war. Ich denke, dass bei diesen Beiden die erste Möglichkeit stimmt, weil die Negative nicht für einen gezielten Abbau sprechen. Seht selbst. (erster 1-5 und  zweiter 6-8 ) Konnte nicht warten, bis die Dinger trocken waren. Saxaloquuntur.

Steinkopf

Hallo Sax!

Sind die Schlagsteine auch aus Hornstein?

Ist auch Quarzitgeröll verfügbar?

mfg Jan

Saxaloquuntur

#2
Wie eigentlich schon gesagt, der nämliche Hornstein, der auch in Kernen und Geräten vorliegt. Quarzit habe ich noch nie gefunden. Obgleich es in pleistozänen (?) Schottern auch hier rumliegt. War noch nix mit Schlagmarken dabei.Sax.

Marienbad

moin Saxaloquuntur,
welches Material wurde Deiner Meinung nach mit den gezeigten Steinen bearbeitet ?
Kommen auf der Fundstelle entsprechende Bearbeitungsobjekte vor ?
Mit dem Klopfer auf Foto 4 möchte ich nicht auf ein anderes hartes Material Schlagen,
die Sollbruchstelle würde den Flint explodieren lassen.  :kopfkratz:
Hättest Du da eine Erklärung ?

:winke:  Manfred

Steinkopf


@ Manfred 'Marienbad'

Hi Manfred!

Für Sax kann ich die Frage natürlich nicht beantworten. Aber als
versierter Flintschmied arbeitest Du ja auch sicherlich mit Geweih.

Aber die anstehende Frage, ob auch mit Hornstein/Flint  auf Feuerstein
geschlagen wurde ist für mich noch offen, weil auch auf Fundstellen
zwischen Nord- und Ostsee viele Schlagsteine aus Flint gefunden werden.

Ich glaub Dir gerne, dass Du diese Art der Bearbeitung lieber vermeidest.
Sowohl Beilbruch als auch Kernsteine etc. sind oft mit sehr strapazierten
Narbenfeldern überzogen. Natürlich kann man nicht feststellen. wie diese
eingesetzt wurden. Hast Du da eine Idee?

Jan

Marienbad

moin Jan,
Flint auf Flint oder Flint auf Hornstein reagiert sicher so, als wenn man zwei Glasflaschen gegeneinander schlägt.
Hier in SH kenne ich derartige Flintschlagsteine nur für die flächige Bearbeitung von Felsgesteinen.
Äxte, Keulenköpfe, Mahlwannen, Oberlieger und die Schleifplatten wurden mit den Flintklopfern zugerichtet oder aufgerauht.
Mit Flintknollen oder Beilresten würde ich keinen Flint bearbeiten wollen. Es sei denn, ich schlage mit einer Flintkugel auf ein
Geweihzwischenstück, beim Klingenschlagen. Aber ich ziehe einen hölzernen Prügel vor.

:winke: Manfred

Saxaloquuntur

#6
Das sind viele Fragen, deren Beantwortung ich gerne denen überliese, die experimentelle Steinzerlegung betreiben. Ob diese Hornsteinknollen auch für die Geräteherstellung Verwendung gefunden haben, kann ich nicht beantworten, schon die Einwände von Marienbad sind sehr einleuchtend. Auch der gute alte Hahn geht beim Thema Schlagsteine, bzw. im Neolithikum das hier vorliegt an keiner Stelle wirklich auf das Material ein. Angesichts der Fülle an der von ihm beschriebenen Zerlegungstechniken ein Missverhältnis. Ob da reine Flintschläger, die mit Feuerstein o.ä. arbeiten, schon wegen der großen Verfügbarkeit etwa an der Ostseeküste aber auch alle Fragen beantworten können, die den Jurahornstein betreffen, weiß ich nicht.
Hornstein ist ein spezielles Material, das Archäologen wie Kieselbach sehr übersichtlich unterteilen (Metamorphose des Steins, Doktorarbeit) und versuchen zu differenzieren. Mineralogen und Geologen haben da z.T. auch verschiedene Definitionen. Hornsteinknollen wie sie hier vorkommen sind kein homogenes Zeugs, es kommt innerhalb der Sekundärlagerstätten in unterschiedlichen Konkretionen vor, mit unterschiedlicher Dichte, Härte, Textur, auch Färbung. Bin kein Rohmaterialspezialist und kann da auch nur dazu lernen. Die Übergänge zu Kieselkalk und verkieseltem Kalk sind fließend bis abrupt, können auch innerhalb einer Knolle unter geschlossener Kortex stark variieren, meist unter der Rinde feiner, dichter und härter, also hochwertiger und besser für feine Geräte, als zur Mitte hin. Dass für unterschiedliches Material, vor allem bei der Modifikation unterschiedliche Werkzeuge verwendet wurde, liegt auf der Hand. Wie die Kerne und Klingen zeigen, darf die Klingenherstellung hier im gesamten Zeitraum von der Bandkeramik bis zum Jungneolithikum durch Anwendung der direkten, weichen Schlagtechnik angenommen werden. ( belegt durch Biegebrüche, sowie geteilte und facettiere Schlagflächenreste, die zumeist fehlenden Narben, überwiegend dorsale Reduktionenund vornehmlich spitzovale, dreieckige, sowie punkt- und gratförmige Schlagflächenreste... das können andere besser beschreiben)
Daneben, und damit kommen wir zum Thema Klopfer, gibt es aber auch Hinweise auf den harten, direkten Schlag, also mit Schlagsteinen aus geführt. Die fehlen aber bislang in allen Inventaren, weil sie entweder nicht gefunden wurden, oder unter diesen Klopfern zu vermuten sind. Sie verursachen den Hertz'schen Kegelbruch mit seinen typischen Merkmalen. Der harte, direkte Schlag findet sich selten auf präparierten Flächen, sondern auf Kortex und Kluftflächen, mehr für eine Grobzerlegung (Denke ich mir selbst, könnt ihr nirgends nach lesen) Ich denke, dass es für eine Nachweisführung  richtig wissenschaftliche Vorgehensweisen braucht, mit Vergleichen von Inventaren usw. Fakt ist jedenfalls, dass selbst an den frei gelegten Pingen, die das Rohmaterial lieferten und wo die Knollen einer Prüfung und Grobzerlegung, teilweise auch Klingenherstellung belegt ist, keinerlei andere Schlagsteine bisher geborgen werden konnten, als eben diese Klopfer (Kerne, Kugeln, Abschläge mit Schlagnarbenfeldern) Funde auf Siedlungen lassen hier sehr viel andere Verwendungsmöglichkeiten zu. (Bei den Eskimos konnten solche Schlagmarken in Verbindung mit Knochenzerlegung belegt werden, auch zu Zeiten, in denen es andere Möglichkeiten außer Stein gab.) Nahe liegend, dass (auch) organisches Material wie Knochen und Holz, wie Marienbad schreibt eine große Rolle spielten. Dass für den weichen, direkten Schlag auch Kalkstein zur Verfügung stand ist mir auch bewusst, doch wie schnell der verwittert, zeigen die jährlichen Kalkungen der Felder durch die Bauern...und das im Juragebiet. Sowas zu finden...das wäre mal was! Obwohl in nahen Flussläufen die auch an Größe und damit unterschiedlichem "Wumms" reichlich vorhandenen Kiesel noch nie mit Schlagmarken gefunden wurden, muss entweder an meiner Weitsichtigkeit oder am schlichten Fehlen dieser Dinger liegen.  Selbst der alpine Schotter, der reichlich auf den Feldern liegt, und damit nahe, konnte noch keine solchen Funde zeitigen. Hier liegt auch Quarzit. Ergo: ein Desiderat, aber eines, das auch ich gerne beantwortet hätte. Ich weiß, dass ich nichts weiß... In Ehrenstein beispielsweise ( Schussenried/Michelsberg) werden die Schlagflächen der Kerne gezählt und es wird bemerkt, dass eine Aussage dazu schwer möglich ist, weil von 99 Kernen 78 Kerne keine Aussagen wegen der Sekundärnutzung als Klopfer zu lassen... Das macht doch nachdenklich.
Zum Bild: Experiment: Ein Abschlag, der deutliche Merkmale des Hertz'schen Kegelbruches zeigt: Geschlagen mit einer Hornsteinknolle von einer unpräparierten Schlagfläche, einer natürlichen Kluft aus. Die Schlagnarbe auf dem Bulbus ist deutlich zu erkennen. Gehen tut es.

Saxaloquuntur

Vom erwähnten Pingenfeld gibt es natürlich auch Obeflächenfunde, die zu diesem Thema passen. Schlagsteine unterschiedlicher Größe und eine Klinge, die mit hartem, direktem Schlag gewonnen wurde.
Wie bei vielen Kernen auf den umliegenden Siedlungen an denen Geräteherstellung belegt ist, sitzen die Schlagnarben an Vorsprüngen und wurden nur kurz temporär, vielleicht für einen einmaligen Gebrauch verwendet. Da müssen die Fetzen geflogen sein, denke ich.
Saxaloquuntur.

Marienbad

moin Saxaloquuntur,

vielen Dank für Deine Erklärungen    :Danke2:

Daran sehe ich wiedereinmal, wie unterschiedlich die natürlichen Materialien und deren Verarbeitung in dem sogenannten
Nordsüdgefälle sind.

:winke:  Manfred