Minidechsel und Amphibolith??Schneide

Begonnen von rolfpeter, 10. Februar 2007, 22:11:40

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rolfpeter

Servus Freunde,

auf die Gefahr, euch zu langweilen, neue Funde vom Dexelacker. Eine winzige, flache Dechselklinge aus grünlichem (Hornblende?)Schiefer. Das Ding bringt gerade mal 16 g auf die Waage. Ist aber fleißig benutzt worden, hat Glanz am Nacken an der Stelle, wo das Futter von hinten gedrückt hat.
Und dann noch ein Schneidenbruchstück einer Dechselklinge, ich hoffe, aus dem besten Amphibolith. Im trockenen Zustand schwarz, wenn's feucht ist, ganz dunkelgrün, wie Patina an der Bronze. Mein AmV hat den bekannten linearbandkeramischen Brunnen in Kückhoven ausgegraben, und ich konnte bei ihm eine Dechselklinge aus eben diesem Brunnen in der Hand halten. Die hatte genau diese Färbung und den matten Glanz auf der Oberfläche. Über eben diese Klinge hat J. Weiner eine Arbeit veröffentlicht, die letztendliche Auskunft über die Schäftung gibt (sehr lesenswert!).
Naja, bei dem Trümmerchen ist nix mit Schäftung aber ich zeige sie wegen des schönen Steines.
Beifunde deuten auf älteres Neolithikum: 2 Sicheleinsätze mit prima Glanz, ein Minikratzer.....aber auch ein kapitaler Abschlag aus Lousberg-Flint. Hmmmm paßt eigentlich nicht dahin!
Habe die Stelle jetzt zu 80% abgelaufen, morgen gehts's weiter  :frech:

Zwergdechsel1



Zwergdechsel2



und die vermeintliche Amphibolithschneide



Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Danke Du rühriger Heber, für Deine schönen Brocken.
Kannst Du die Sicheleinsätze auch  mal reinstellen?
Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Aber sicher doch, Du treuer Antworter.
Beide Klingenbruchstücke glänzen extrabright. Die linke hat auch deinen diagonalen Glanzverlauf, was auf eine schräg eingesetzte Klinge hindeutet. Die rechte glänzt an der Schneide, ist vielleicht etwas zu groß für 'nen Sicheleinsatz, könnte auch ein abgebrochenes Messer sein.

Beste Grüße
RP



Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

danke RP, immer wieder faszinierend dieser "Glanz".
Vornehmlich entstehen soll dieser angeblich beim Schnitt von  Gräsern und Ried in Ufernähe wo feinster Schwemmsand in der Pflanzenfaser hochgezogen- beim Schnitt (Rupf) diese Abnutzungsspuren  auf den Silexschneiden hinterlassen haben soll.
Bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Ja Edi, ich habe gelesen, daß sogar unabhängig ob Ufer oder Ried, auch die meisten Getreidesorten Kieselsäureanteile haben. Es ist hier bei uns im Hambacher Forst mal ein Feldversuch durchgeführt worden, bei dem ein Stück Wald gerodet, gesät, und dann dieses Ur-Getreide (Dinkel, Emmer und sowas, ich weiß nicht mehr genau) mit einer von J.Weiner geschlagenen Feuersteinsichel geerntet wurden. Schon nach relativ kurzer Zeit hätte sich an der Klinge dieser Sichelglanz gezeigt.

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger

Zitat von: rolfpeter in 12. Februar 2007, 09:54:43

.........daß sogar unabhängig ob Ufer oder Ried, auch die meisten Getreidesorten Kieselsäureanteile haben.


Stimmt !!  :super: :winke:

Khamsin

#6
Salaam!

Welch ein schnuckeliges kleines Kerlchen (#1); Gratulation! Das ist fraglos Amphibolit "im weiteren Sinne" bzw. ein Gestein der AHS-Gruppe (Aktinolith-Hornblende-Schiefer-Gruppe).
Unbeschadet des dorsalen Ausbruchs bei 14.00 Uhr (Blick in Funktionsrichtung) ein in mancherlei Hinsicht bemerkenswertes Stück. Denn es zeigt einmal mehr, dass es - was uns ja nicht weiter wundern kann - im LBK-"Werkzeugkoffer" eben auch solch kleine Dechseln (hier in Form einer Dechselklinge) nicht fehlten. Gewiss wäre es lohnenswert, wenn die Archäologen der Frage nach der Schäftung und Verwendung dieser "Mini"stücke einmal intensiver nachgingen, analog zu derjenigen nach der Verwendung von Riesenstücken, was ja im Jahre 2003 von J. Weiner gemacht worden ist (in Festschrift für Jens Lüning zum 65 Geburtstag).

Die beiden "Sichelklingen" - Einsätze von Erntemessern - sind Beispiele par excellence, die jeder Lehrsammlung eines Institutes für Urgeschichte zur Ehre gereichten! Ach ja, die Zähnung an dem einen Stück: Selten, aber immer einmal wieder tritt dieses ansonsten für bronzezeitliche Erntemesser-Einsätze auf. Freilich sind die dort viel grober.
Diese Zähnung ist übrigens eine der wenigen Ausnahmen, wo Flint mit Flint bearbeitet wird. Agersoe hat sich ja wohl kürzlich irgendwo im Formum dazu geäussert. Die Zähnung wird durch Druck mit einer nicht zu dünnen, aber auch nicht zu dicken geradlinigen Kante eines Abschlages hergestellt. Das geht ganz einfach und sehr schnell, und es ist ja auch nicht richtiges "Retuschieren"! Denn man muss es nochmals in aller Deutlichkeit sagen, so, wie es in den 1920ern von einem französiscen Archäologe einmal formuliert worden ist: "On ne peut retoucher silex avec du silex!" - Man kann Feuerstein nicht (sinnvoll/sachdienlich; Anm. von mir) mit Feuerstein retuschieren! 

@Edi: Alle Gräser haben in ihren Stängeln und Blättern sog. Opalphytolite - winzige Kieselsäurekristalle - eingelagert. Wer hat sich nicht schon einmal an einem Schilfblatt geschnitten? Diese Winzlinge führen bei entsprechend längerem Arbeitseinsatz der Erntemesser unweigerlich zur Abrasion, der Verrundung der Oberflächen; der Glanz ist nichts anderes als die Reflektion des Lichts von diesen glatten Oberflächen.   

Aber nun zu dem Trümmerstück der anderen Dechselklinge (# 2): RP, kennt Dein Archäologe das Stück? Würde mich - bei aller Zürückhaltung - nicht wundern, wenn das kein "Amphibolit" wäre, sondern Phtanit d´Ottignies aus Belgien. Mal was davon gehört?

Beste Grüsse und weiterhin so schöne Funde KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

rolfpeter

Hallo Khamsin,

danke für die ausführliche Antwort!
Kommenden Freitag werde ich mit einigen meiner letzten Funde bei meinem Archäologen aufkreuzen. Die Artefakte vom "Dexelacker" nehme ich mit, ich hoffe dann auf Klarheit, was die Fundstelle - besonders auf die zeitliche Einordnung in Verbindung mit den Keramikfunden - angeht.
Von Phtanit d'Ottignies habe ich noch nie was gehört. J. Weiner wird mir sicherlich alles dazu sagen können.

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert