Glättstein?

Begonnen von Lodolu, 03. September 2024, 20:54:26

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Lodolu

Hallo zusammen,

bereits im letzten Jahr konnte ich dieses Fundstück hier beim Antesten neuer Stellen bergen.

Mir sprang sofort Glättstein ins Gedächtnis, da die vermeintlich abgeriebene(n) Fläche(n) wirklich glatt wie Glas sind. Außerdem ist die (zwar gebrochene) Form immer noch sehr praktisch in der Hand zu halten, sodass die Arbeitsfläche (?) nach vorn zeigt. Die nicht abgelichteten Flächen sind die Bruchflächen.
Zum Material kann ich nicht wirklich was sagen, Ihr bestimmt mehr. Von der Erscheinung her evtl. Radiolarit/Feuerstein?  :nixweiss:

Vor längerer Zeit hat schon mal eine bekannte das Teil ebenfalls als Glättstein angesprochen, eben aufgrund der deutlich zu erkennenden Abriebkanten.

Etwas stutzig macht mich bisher, dass das Teil auf dem Acker das bisher einzige Fundstück geblieben ist. Der Acker liegt im Löß in relativer günstiger Lage in Unterfranken. Im Umfeld sind div. vorgeschichtliche Siedlungsstellen bekannt.

Gab es so etwas evtl. auch in jüngerer Zeit und ist wie die anderen neuzeitlichen Funde mit dem Abfall auf dem Feld gelandet oder handelt es sich eh um etwas komplett anderes?

Momentan liegt die Stelle zwar brach aber ohne Regen ist da leider noch nichts zu machen.

PS: Sorry für die nicht perfekten Bilder


Viele Grüße
Luca :winke:

RockandRole

Hey Luca,

kannst du bitte noch die vermeintliche Bruchstelle zeigen, damit man das Material evtl. bestimmen kann. Tonschiefer oder Lydit?

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Lodolu


Danske

Hallo Luca,

das dürfte Radiolarit/ Lydit sein. Tonschiefer würde ich ausschließen. Ein Ritztest mit dem Fingernagel dürfte Klarheit bringen.

Glättstein bzw. Polierstein für Keramik zutreffen. Kannst du eventuell feine Riefen auf den Oberflächen des Stücks erkennen?

LG
Holger
Das Leben ist die Summe all unserer Entscheidungen

Lodolu

Zitat von: Danske in 03. September 2024, 23:04:29Hallo Luca,

das dürfte Radiolarit/ Lydit sein. Tonschiefer würde ich ausschließen. Ein Ritztest mit dem Fingernagel dürfte Klarheit bringen.

Glättstein bzw. Polierstein für Keramik zutreffen. Kannst du eventuell feine Riefen auf den Oberflächen des Stücks erkennen?

LG
Holger

Danke dir schon mal  :super: 
Auf der glatten Seite meine ich feinste quer verlaufende Riefen zu erkennen, sieht aus wie ein sehr, sehr feiner ,,Schliff", vermutlich von der Benutzung?! :kopfkratz:

Kann man etwas zum Alter sagen?

Radiolarit wurde ja vornehmlich noch bis zum Neolithikum verwendet (soweit ich weiß) oder könnte der auch jünger sein?
Wenn ich es richtig verstanden habe sind jüngere Glättsteine aus Glas, nur irritiert mich eben dass der Fund bisher dort mutterseelenallein lag. Vielleicht doch nur ein Verlust- bzw. Zufallsfund.

RockandRole

Schönen guten Morgen Luca,

ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass Keramik in der Lage ist solch eine Facette an einen Radiolarit zu schleifen. Vor allem müsste ja schon eine glatte Fläche da gewesen sein, sonst hätte man ja jahrelang damit alles krumm gemacht.  Glanz erzeugen geht wohl schon.

Vielleicht hast du da einen Windkanter?

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

StoneMan

Moin,

da habe ich Zweifel, ob es denn ein Artefakt ist.

Mutter Natur kann tatsächlich Zirkeln, Planen, Quadern und beherrscht das Rollen > siehe hier < :glotz:
Das sind nur wenige meiner Funde aus "Lydit - Radiolarit - Kieselschiefer", die ich in NRW gefunden habe.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Lodolu

Danke Euch beiden. Dass auch die Natur dafür verantwortlich sein kann, glaube ich gerne. Hatte mal einen Stein, der von der Form her 1:1 eine Dechselklinge war.

Habe mal versucht, die Spuren auf der glatten Seite zu fotografieren.

Erstaunlich ist eben nur, dass nur diese eine Seite so geglättet ist, die anderen sind wesentlich poröser/rauer. Mit der ist auf jeden Fall etwas passiert, was mit den anderen Flächen nicht der Fall ist. Auch die sehr gute "Handlichkeit", auch wenn der Stein ganz wäre ist auffällig. Die beiden Flanken, an denen man es vermeintlich mit den Fingern festhielt, sind auch etwas "sauberer" bzw. abgegriffener als die schmalere Oberseite, die im Vergleich dazu noch etwas rauer ist.

Vielleicht werden wir es nie erfahren  :friede:

Danske

Hallo zusammen,

solche Fundstücke wie das hier von Luca gezeigte sind nur schwer einzuordnen. Es könnte ein Artefakt sein, es könnte aber auch Natur sein. Gerölle können im Geschiebe ein- oder mehrseitig glatt geschliffen sein und dadurch eine Bearbeitung durch Menschenhand vortäuschen. Daher auch meine erste Einschätzung im Konjunktiv.

Selbst für erfahrene Archäologen ist es mitunter schwierig, solche Stücke zweifelsfrei anzusprechen.

Auf jeden Fall würde ich das Teil nicht verwerfen, sondern bei Gelegenheit dem Amt vorlegen. Bei mir kommen solche Stücke in die Kiste "Zweifelhafte Fundstücke".

Zur Ergänzung dazu noch ein Auszug aus "Felsgesteinartefakte des Alt- und Mittelneolithikums" von Birgit Gehlen:

"Stücke mit unbestimmbarem Schliff
Morphologie und Gebrauchsspuren
Bei den Stücken mit unbestimmbarem Schliff handelt es sich um eine Sammelgrup-
pe, in der Geräte und Gerätereste verschiedener Art zusammengefasst werden. Meis-
tens lassen sich Kriterien finden, nach denen Bruchstücke den Mahl-, Schleifsteinen
und Dechselklingen zugewiesen werden können. Es bleiben aber immer Stücke übrig,
die man nicht bestimmen kann. Diese meist kleinen Bruchstücke von geschliffenen
Sandsteinen oder Objekte mit Schliffflächen aus anderen Felsgesteinmaterialien wer-
den dieser Gruppe zugewiesen. Dazu kommen Vorarbeiten von Sandsteingeräten und
singuläre geschliffene Objekte. Hierzu zählen Gerölle mit Schlifffacetten, die man als
Glättsteine ansehen kann oder Werkzeuge wie Retuscheure und Pickgruben, die
geschliffene Flächen aufweisen (s.u.)."

 
LG
Holger
Das Leben ist die Summe all unserer Entscheidungen

Wiedehopf

ZitatWenn ich es richtig verstanden habe sind jüngere Glättsteine aus Glas

Vielleicht meinst du so etwas, wobei die Funktion eine völlig andere ist als bei den in der Keramikproduktion verwendeten Glättsteinen:     

https://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%A4ttglas

Viele Grüße
Michael