Fragmente zweier Beilklingen

Begonnen von Danske, 22. Januar 2024, 15:20:50

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Danske

Hallo zusammen,

wie bereits im Thread "Dechselfragment?" von animus angekündigt, möchte ich zwei Fundstücke zeigen, die ich im Herbst letzten Jahres gemacht habe und die dem Stück von Daniel ähneln.

Fundstelle ist ein kleiner Acker im mittleren Rheinhessen, den ich jetzt seit 5 Jahren begehe und der bisher nur Funde erbracht hat, die der LBK zugeordnet werden können. Der Acker ist eingerahmt von Weinbergen (wobei die Bezeichnung "Berg" irreführend ist, die Fläche fällt nur ganz leicht nach Südwesten ab) und hat eine Größe von nur ca. einem Hektar. Der eigentliche Suchbereich beschränkt sich nur auf diesen Acker. Die Wingerte daneben begehe ich zwar auch gelegentlich, da aber dort kaum eine Bodenbarbeitung stattfindet, habe ich zwischen den Rebzeilen noch nichts gefunden. Auch der Acker wird regelmäßig nur gegrubbert, daher sind die Suchgänge wenig von Erfolg gekrönt.

Trotzdem hat die Fläche letzten Herbst ein paar Fundstücke erbracht, die ich die nächste Zeit im Forum einstelle.

Beginnen möchte ich mit zwei medialen Beilklingenfragmenten, die dem von Daniel gezeigten Fundstück ähneln.

Beim ersten Stück ist das Material dunkler Aktinolith-Hornblendeschiefer mit Einschlüssen aus Plagioklas und Quarz. Die Länge beträgt 55 mm, die Breite 40 mm verjüngend auf 32 mm, die Höhe 30 mm verjüngend auf 24 mm, Gewicht 85 gr.

Foto 1114 zeigt den Querschnitt mit flacher Unterseite rechts und gewölbter Oberseite, links ist ein Stück der Unterseite herausgebrochen.
Foto 1115 zeigt nochmals den Querschnitt vom sich verjüngenden Nacken aus gesehen.
Foto 1117 zeigt die Unterseite mit dem großen Quarzeinschluss, der möglicherweise zu dem Materialausbruch geführt hat.

Sorry, die Fotos sind grottenschlecht. Ich bekomme das mit meinem Equipment einfach nicht besser hin.

Das Stück war bereits im Amt und wurde dort als mediales Fragment einer Beilklinge angesprochen. Eine Zeitstellung ist nicht sicher möglich. Aufgrund der doch erkennbar flachen Ventralseite und der gewölbten Dorsalseite ist ein Dechselfragment und die Zuweisung in die LBK aber wahrscheinlich.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Danske

... und hier das zweite Klingenfragment.

Material ist fast schwarzer Basalt. Die erhaltene Länge beträgt 55 mm, die Breite 41 mm, die Höhe 32 mm, Gewicht 86 gr.

Foto 1071 zeigt den Querschnitt mit flacher Unterseite rechts, an der linken Seite ist einiges an Material herausgebrochen.

Foto 112825 zeigt einen Neodymmagneten mit der Güte N45, der sehr gut auf der Oberfläche haftet.

Zur magnetischen Suszeptibilität der beiden Besteinsarten AHS und Basalt ist zu sagen, dass der Magnet nur leicht von allen von mir gefundenen Artefakten aus AHS angezogen wird, an Stücken aus Basalt haften bleibt.

Zur Ansprache vom Amt gilt das gleiche wie zu dem vorherigen Stück gesagten.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Herlitz

Vielen Dank, Holger!

Das zweite Stück ist ganz gut nachvollziehbar. Beim ersten hätte ich ja optisch auch Bedenken, es als Artefakt anzusprechen. Wenn es aber die schwachen magnetischen Eigenschaften hat, die der Aktinolith-Hornblendeschiefer meist aufweist, sollte es auch ein Beilfragment sein. Mir ist noch kein Gestein mit ähnlichem Aussehen untergekommen, das diese Eigenart hat. (Einige meiner AHS-Artefakte zeigen übrigens auch die starke Anhaftung wie bei dem Basalt-Stück.)
 :winke:  Sven

Danske

Hallo Sven,

vielen Dank für deinen Beitrag.

Bei mir war es anders, das zuerst gezeigte Stück war für mich zweifelsfrei ein Artefakt, bei dem anderen habe ich mich schwerer getan. Liegt aber vielleicht an der Qualität der Fotos. Die dunkle Varietät des AHS habe ich hier noch bei zwei weiteren Beilklingen, die ich demnächst im Forum einstelle.

Beide Bruchstücke hatte ich übrigens, bevor ich sie im Amt vorlegte, Andrea Zeeb-Lanz anlässlich einer Veranstaltung im Museum Alzey gezeigt. Sie erkannte das erste Stück sofort als Beilklinge und zweifelte beim zweiten.

LG
Holger 
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Furchenhäschen

Zitat von: Herlitz in 22. Januar 2024, 17:03:06Vielen Dank, Holger!

Das zweite Stück ist ganz gut nachvollziehbar. Beim ersten hätte ich ja optisch auch Bedenken, es als Artefakt anzusprechen. Wenn es aber die schwachen magnetischen Eigenschaften hat, die der Aktinolith-Hornblendeschiefer meist aufweist, sollte es auch ein Beilfragment sein. Mir ist noch kein Gestein mit ähnlichem Aussehen untergekommen, das diese Eigenart hat. (Einige meiner AHS-Artefakte zeigen übrigens auch die starke Anhaftung wie bei dem Basalt-Stück.)
 :winke:  Sven

Hallo Holger,
nach intensiver Betrachtung schließe ich mich diesbezüglich der Einschätzung von Sven an.

Viele Grüße Peter

Danske

Zitat von: Furchenhäschen in 22. Januar 2024, 21:29:15nach intensiver Betrachtung schließe ich mich diesbezüglich der Einschätzung von Sven an.

Servus Peter,

danke, aber eure Einschätzung überrascht mich jetzt. Ich kann das nur auf die schlechten Fotos zurückführen. Auch im Amt wurde als Material der ersten Beilklinge sofort AHS bestätigt, das Stück weist auch wesentlich mehr geschliffene Flächen aus als Klinge zwei, ist somit eindeutiger.

LG
Holger

Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Furchenhäschen

Zitat von: Danske in 22. Januar 2024, 23:08:45Servus Peter,

danke, aber eure Einschätzung überrascht mich jetzt. Ich kann das nur auf die schlechten Fotos zurückführen. Auch im Amt wurde als Material der ersten Beilklinge sofort AHS bestätigt, das Stück weist auch wesentlich mehr geschliffene Flächen aus als Klinge zwei, ist somit eindeutiger.

LG
Holger



Hallo Holger,

die Beurteilung kann ja nur anhand der Fotos (schlecht sind die Fotos aber nicht) erfolgen,
ganz klar ist eine Ansprache, gerade bei derart fragmentierten Beil-oder Dechselklingen fraglich bzw. schwierig.
Eine Liveinaugenscheinnahme ist immer zuverlässiger.
In einer direkten Inaugenscheinnahme kann man das Stück drehen und wenden wie man will und die Bilder passend gedanklich zusammenfügen sodass sich ein Urteil bilden lässt.
Grüße Peter :winke:

thovalo



Einen schönen guten Tag!

Ich erkenne in beiden Stücken keine Artefakte. Das zweite Stück scheint sich für mich sicher auszuschließen weil di eOberfläche keine Anhaltspunkte für eine Überarbeitung zeigt. Es entsprichte den Trümmerstücken von Geröllen, die ich auch auf den Feldern am rechten Niederrhein finden kann.

Das erste Stück hat eine feine Körnigkeit. Es erinert mich an eine Varietät des Wetzschiefers. Solche Stücke wurden oft auch als Gerölle als Wetzsteine verwendet. Das könnte das Trümmerstück eines Wetsteins sein.

Beide Stücke sind aus meiner Perspektive in keinem Fall als Beilfragmente ansprechbar.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

clemens

Hallo, ich kann euch fachlich nicht das Wasser reichen, bin hier aber überrascht dass die Eigenschaft als Artefakt so stark angezweifelt wird. Hier bei mir sind nur Klingen aus Flint, alle Beile und Dechseln und was sonst noch ist aus Felsgestein. Deren gar nicht so seltenen Trümmer schauen genau so aus, und deren Oberfläche - hier ist das Medium Fotografie ungenügend - trifft eine eindeutige Unterscheidung zwischen Geröll oder Beilbruch. Viele tragen dann noch Spuren einer Zweitverwendung. Aber die überschliffene Oberfläche trifft eindeutige Aussagen, bei mir auch oft die Gesteinsart, die hier nirgendwo anstehend ist. Ich habe Trümmer, wo nur ein cm2 geschliffene Oberfläche zu sehen ist und dennoch ist es eindeutig zuordenbar (auch objektivierbar, bzw von Trnka vom Wiener Urgeschichtsinstitut rückbestätigt). Auch die Form - ich fand so manch eher wenig dem Hersteller schmeichelhafte Stücke ("eiernd"), ganz oder in Stücken, und nicht alle beugen sich einer Bilderbuchnomenklatur.
Ich bin sicher kein jeder-Stein-ist-ein-Artefakt Finder und selbst sehr kritisch, aber hier wäre ich auch von Artefakten ausgegangen, in der Hand ließe sich das noch trefflicher beurteilen. Sicher sind Grenzen zu ziehen, ich hätte sie etwas weiter gezogen. Vielleicht schaffe ich es ja einmal mit ein paar Kisten auf ein Treffen.
Gut Fund! Clemens

Danske

Hallo zusammen,

vielen Dank an alle für eure Einschätzungen zu den doch eigentlich unbedeutenden Fundstücken.

Die unterschiedlichen Ansprachen verdeutlichen das Problem der Beurteilungen anhand von (schlechten) Fotos. Die Inaugenscheinnahme und das "Befingern" der Originale sind, wie auch Peter und Clemens schreiben, gerade bei zweifelhaften Stücken für eine einigermaßen sichere Ansprache unerlässlich. Wobei auch Archäologen bzw. fachlich versierte MitarbeiterInnen in den Ämtern auch nur Menschen sind und sich irren können.

Ich werde versuchen, eine zweite fachliche Ansprache der Stücke zu erlangen, etwa in der Landesarchäologie Außenstelle Speyer. Eine nochmalige Vorlage in Mainz dürfte nicht zielführend sein.

LG
Holger

   
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Danske

Zitat von: thovalo in 23. Januar 2024, 13:02:45Das erste Stück hat eine feine Körnigkeit. Es erinert mich an eine Varietät des Wetzschiefers. Solche Stücke wurden oft auch als Gerölle als Wetzsteine verwendet. Das könnte das Trümmerstück eines Wetsteins sein.

Hallo Thomas,

Wetzschiefer würde ich definitiv ausschließen. Ich habe einige Stücke aus Wetzschiefer, die an den Bruchstellen deutlich körniger und eher ähnlich Quarzit sind.
Das Gestein hier zeigt an den Bruchstellen neben einer feinen Körnigkeit auch deutlich schiefrige Strukturen auf. Als Material käme eher noch Tonschiefer in Frage.

LG
Holger :winke:
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

thovalo



Guten Abend!

Die Gesteinvarietät ist nach den Bildern nicht gut einzuschätzen.   :glotz:


Es gibt oft solche Bruchst+cke die man sich dann sehr genau betrachenten kann und muss.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Guten Abend,

gestern hatten wir Besuch von Verwandten, darunter auch ein Geologe, der auch Interesse an meiner Artefaktsammlung zeigte.

zu den beiden hier gezeigten Stücke gab folgende Einschätzung ab:

"Das zweite Stück ist aus Basalt, das erste aus Hornblendeschiefer, dem häufigsten Mineral aus der Gruppe der Amphibole. Die Struktur ist kristallin-körnig bis schiefrig, überwiegt die kristalline Struktur, spricht man auch von Hornblendefels. Hornblende ist in der Regel vergesellschaftet mit geringen Mengen von Quarz oder Plagioklas, einem Mineral aus der Feldspatgruppe. Die Farbe von Hornblende reicht von grau, grau-grün, braun-grün, schwarz-grün bis schwarz. Hornblende wird häufig als Synonym für Amphibolit verwendet."

Soweit zur Materialeinschätzung. Zum artefiziellen Charakter der Stücke konnte mein Besucher keine Angaben machen. Sobald ich hierzu eine zweite Fachmeinung habe, melde ich mich wieder.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.