Flintklinge mit Griffretusche und konkaver Distalretusche

Begonnen von Siebenpapagei, 27. Oktober 2012, 12:38:02

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Siebenpapagei

Hallo zusammen,

diese Klinge fand ich auch während meines Urlaubsammelns.
Interessant finde ich, dass der Steinschläger das Proximalende als Griff steil retuschiert hat. Die Klinge lässt sich dank dieser Schutzretusche gut in den Händen halten. Zum schneiden blieb letztendlich nur ca. das letzte Drittel der Klinge. Zudem wurde wahrscheinlich mit der Distalpartie zusätzlich geschabt.
Die Maße der Klinge betragen 91 x 34 x 10mm.

Von dieser Art Klingen durfte ich erst insgesamt 3 Stück finden. Alle stammen von Siedlungsplätzen, welche Funde aus der Erteböllekultur hervorbrachten.
Ich würde daher diese Klinge in diesen Kulturkreis datieren. Ich weiß aber nicht, ob solche Klingen mit dieser Art von Retuschen typisch für die Ertebölle Kultur sind, da konnte ich leider noch nichts in Erfahrung bringen.

Viele Grüße

Ralf :winke:

Kelten111

Dere  :winke:
Das ist ein Gerät !
Deine sogenante Griffretusche ist eine Schäftungsretusche , da wurde ein Griff drauf gesetzt .
Das Arbeitsende ist die kokave Diestalretusche !
Mal nachsehen wie genau dieser Gerätetyp angesprochen wird .
Habe solche Geräte in meinen Büchern schon mal gesehen .
Neolithisch .
Mfg Fredi :winke:

Steinkopf

Ein eindrucksvolles Fundstück!
Klinge mit Schäftungsretusche.
Das Distalende kann vielleicht ursprünglich anders ausgesehen haben.

LG
Jan

Moonk

Das Leben ist wie eine Hühnerleiter man kommt vor lauter ..... nicht weiter. HG Moonk

Kelten111

Habe dere Moonk  :winke: :winke:

Genau das Meinte ich !!
Super und Danke für den Link  :super:

Mfg Fredi :winke: :winke:

Steinkopf

Moin Ralf,

Zitat: "Ich weiß aber nicht, ob solche Klingen mit dieser Art von Retuschen typisch für die Ertebölle Kultur sind,
          da konnte ich leider noch nichts in Erfahrung bringen."

Klingen mit schaftretusche sind bei P. V. Petersen (Flint...) sowohl ohne Endretusche als auch mit gerader und konkaver Endretusche beschrieben ( Nr. 31 bis 36). Daselbst ist auch auch ein Foto des wohl prominentesten
ausgegrabenen Stückes, welches als vedbaek-fund(ene) in einem kleinen aber sehr sehenswerten Museum im nord-östlichen Seeland (DK) ausgestellt ist. Link:

http://visitweb02.visitdenmark.com/tyskland/de-de/menu/turist/guide/attraktioner/museer/produktside/gdk013936/die-vedbaek-funde-soelleroed-museum.htm?WBCMODE=PresentationUnpublished&CallerUrl=1


Hier ist dieser Artefakttyp im Kontext von Bestattungen mit vielen Beigaben nachgewiesen.

Diese Vedbaek-Funde sind mehrfach publiziert. Eine Verlinkung mit Foto des Männergrabes
konnte ich nicht finden.
Wohl das Foto des Skelettes einer daselbst bestatteten (und ausgegrabenen) Frau:

http://www.denstoredanske.dk/%40api/deki/files/81810/%3Dbd-01-63.jpg%3Fsize%3Dwebview

LG

Jan


Siebenpapagei

Hallo :winke:

so, habe mir jetzt endlich nach langem suchen und versuchen Dänisch zu verstehen das Buch "Flint fra danmarks Oldtid" aus dem dänischen Buchhandel bestellt. Bin mal gespannt, ob das so alles klappt mit der Lieferung. Ohne das Buch ist man ja scheinbar nur ein halber Sammler, da Ahnungslos. :-D

Vielen Dank für die Links und Beiträge. Die geschäftete Klinge aus der Ostsee ist ja wirklich ein besonderer Fund, allerdings hat die Klinge keine so ausgeprägte Griffretusche wie meine gefundene. Ich frage mich nun, wieso ein Steinzeitler den Griff so ausführlich retuschiert, wenn er sie eh in einem Schaft einsetzt. Kann man denn wirklich sicher sein, dass das Stück geschäftet war? Ich gehe eher von einer Schutzretusche für die Finger aus. Die Klinge liegt auch so sicher in der Hand.

Das Diese Art von Klingen als Grabbeigaben bei der Erteböllekultur entdeckt wurden, finde ich interessant. Vielleicht waren diese Geräte  ja etwas besonderes, zumindest gut genug als Beigabe fürs Jenseits.

Viele Grüße

Ralf

Saxaloquuntur

Was heißt "Besonders?" Es wurden oft sehr profane Dinge mit ins Grab gelegt. Beispielsweise gibt es in der Bandkeramik als Beigaben in einem "Set" von Pfeilspitzen auch unmodifizierte, projektiltaugliche Abschläge, die nur in diesem Fundkontext als solche zu erkennen waren. ( Werner Schön in "Steinartefakte", Seite 811) Auch wenn Retuschen noch so regelmäßig schön angelegt sind, darf man nicht immer davon ausgehen, dass dies die Arbeitskanten waren. Bei vielen Sichelklingen steckten oft die am aufwendigsten modifizierten Partien in der Schäftung. Ob eine so kleine Klinge auch ohne einen "Hebel" genügend kinetische Energie auf das zu bearbeitende Material übersetzen kann, kann man nur zweifelsfrei beurteilen, wenn die Funktion des Gerätes bekannt ist.  Wenn das vorliegende Gerät aus der bloßen Hand bedient worden wäre, hätte man es wohl besser zu packen bekommen, wenn die "Handhabe" größer, breiter geblieben wäre, drängt sich mir auf. Diese Gedanken schmälern nicht die Bedeutung dieses Typus, der mir noch nicht unter gekommen ist. Den Bildern nach scheinen mir die Retuschen verrundet. Kann das durch Gebrauch erfolgt sein? Saxaloquuntur.

Kelten111

@sax  :winke:
Der von Moonk beigelegte Link zeigt die verwendung wie sie möglich währe oder ist
http://unterwasserarchaeologie.com/file/nau8/Lubke.pdf

Mfg Fredi :winke: :winke:

Moonk

Hallo, vielleicht sollte die "Griffretusche" nicht nur die Finger schützen, sondern auch die (wenn geschäftet) Umwicklung.


HG Moonk :smoke:
Das Leben ist wie eine Hühnerleiter man kommt vor lauter ..... nicht weiter. HG Moonk

Kelten111

Ja das ist je der Zwecke iner Schäftungsretusche .
Währe das Stück dort wo die Retuschen sind scharf würde durch das Arbeiten sich der Silex in den Griff hineinarbeiten was zum wackeln und herausfallen des Werkzeugs führt .

Mfg fredi :winke: :winke:

Steinkopf

Moin,

Da sich in Ermangelung von aussagefähigen Funden über die Schäftung um so besser
spekulieren lässt, möchte ich noch einen Aspekt hinzufügen.

Die als Schäftungsretusche betrachtete Modifizierung mag - wie hier angesprochen -
eine Stumpfungsretusche sein. Es kann sich auch um eine Formgebungsretusche handeln,
um den (Klingen-)Stumpf einem vorhandenen Schaft (z.B. Röhrenknochen) anzupassen.

Vielleicht kommen noch am ehesten von der Unterwasserarchäologie im Ostseeraum
neue Funde.

mfg
Jan

Kelten111

Zitat von: Steinkopf in 30. Oktober 2012, 08:17:39
Moin,

Da sich in Ermangelung von aussagefähigen Funden über die Schäftung um so besser
spekulieren lässt, möchte ich noch einen Aspekt hinzufügen.

Die als Schäftungsretusche betrachtete Modifizierung mag - wie hier angesprochen -
eine Stumpfungsretusche sein. Es kann sich auch um eine Formgebungsretusche handeln,
um den (Klingen-)Stumpf einem vorhandenen Schaft (z.B. Röhrenknochen) anzupassen.

Vielleicht kommen noch am ehesten von der Unterwasserarchäologie im Ostseeraum
neue Funde.

mfg
Jan

Oder Beides .!

Mfg fredi :winke: :winke:

Sprotte

Hallo alle zusammen,

wie es bereits angeklungen ist, handelt es sich dabei um eine schöne hohlendretuschierte Klinge der Erteböllekultur, wie sie auch sehr typisch für erteböllezeitliche Fundplätze in Mecklenburg und Vorpommern ist. Als Arbeitskante wird die Hohlendretusche angesehen. Ob es sich bei den anderen Retuschen um Fingerschutzretuschen oder Schäftungsretuschen handelt, kann (aus meiner Sicht) leider nicht so einfach entschieden werden.

Viele Grüße  :winke:
Sprotte

PS: Ich werde mal beiseiten in die einschlägigen Publikationen zwecks Vergleichsstücken aus  Mecklenburg-Vorpommern schauen.

Sprotte

#14
Zitat von: Steinkopf in 30. Oktober 2012, 08:17:39
Da sich in Ermangelung von aussagefähigen Funden über die Schäftung um so besser
spekulieren lässt, möchte ich noch einen Aspekt hinzufügen.

Die als Schäftungsretusche betrachtete Modifizierung mag - wie hier angesprochen -
eine Stumpfungsretusche sein. Es kann sich auch um eine Formgebungsretusche handeln,
um den (Klingen-)Stumpf einem vorhandenen Schaft (z.B. Röhrenknochen) anzupassen.

Vielleicht kommen noch am ehesten von der Unterwasserarchäologie im Ostseeraum
neue Funde.

Hallo Jan,

eine derartig geschäftete Klinge des vorliegenden Typs wurde in Dänemark bereits gefunden und ist auf S. 64 des Buchs "Flint fra Danmarks Oldtid" abgebildet. (Das heißt natürlich nicht, dass die hier gezeigte Klinge auch geschäftet gewesen sein muss, aber sehr wahrscheinlich ist es allemal.)

Viele Grüße  :winke:
Sprotte


Sprotte

Zitat von: Siebenpapagei in 28. Oktober 2012, 00:21:33
so, habe mir jetzt endlich nach langem suchen und versuchen Dänisch zu verstehen das Buch "Flint fra danmarks Oldtid" aus dem dänischen Buchhandel bestellt.

Hallo Ralf,

das hättest du einfacher haben können: http://www.sucherforum.de/index.php/topic,56614.msg351888.html#msg351888

Viele Grüße  :winke:
Sprotte

Steinkopf

@ Sprotte:

Zitat Sprotte:  "geschäftete Klinge ... auf S. 64" 

Das Bild es ja, was mich so wuschig macht.

Eine Klinge mit Schaftretusche in diesem Kontext!

LG Jan

Siebenpapagei

Hallo Sprotte,

vielen Dank für den Link. Ich wollte das Buch auch darüber bestellen, aber ich hatte eine Fehlermeldung bekommen.
Nun habe ich es über einen anderen Weg ergattert. Es ist auch heute geliefert worden. Bin begeistert, da werden auch ganz sonderbare Stücke beschrieben, wie z.B. diese aus Flint hergestellten Äxte und Keulenköpfe, bei denen eine natürliche Aushöhlung im Stein ausgenutzt wurde. Was es nicht alles gibt :irre:
Da werde ich noch in Ruhe durchblättern. Allerdings vermisse ich Meißel in diesem Buch. Konnte ich noch keine Beschreibung zu finden.
Bin aber auch erst durchgehuscht :-)

Viele Grüße
Ralf :winke:

Siebenpapagei


...na, das kommt davon, wenn man durchhuscht :dumdidum:

Mejsler, Seite 118-119  :-)