Bohrer

Begonnen von rolfpeter, 06. April 2008, 20:35:55

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

rolfpeter

Servus Freunde,

hier ist ein schöner Bohrer, hergestellt aus einer großen Rijckholt-Klinge. Ich will euch den zeigen, weil bei dem Stück alle Merkmale und Benutzungsspuren sichtbar sind, die ein langschmales Gerät nach meiner Meinung zu einem Bohrer machen.
Die Klinge ist an einem Ende, hier ist es das Proximalende, zu einer Spitze retuschiert.
Bei einem Bohrer für tiefere Bohrlöcher sollte der Spitzenwinkel klein sein, die Arbeitskanten an den Seiten sind fast parallel.
Die lateralen Retuschen sind im Arbeitsbereich recht steil, wie es bei einem benutzen Bohrer zu erwarten ist, da sich bei der drehenden Beanspruchung auch laufend neue Arbeitsretuschen bilden. Der Querschnitt an der Spitze ist etwa halbkreisförmig.
Im Bereich, wo die Längsseiten beim Arbeiten beansprucht wurden, sind auch auf der Ventralseite Ausbrüche entstanden.
Auf der Dorsalseite der Spitze ist Glanz vorhanden.
Schaut euch die Bilder an, dann wißt ihr was ich meine:









Herzliche Grüße
RP



Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Kann mich jetzt gar nicht mehr erinnern ob schon mal gefragt, RP.
So wie das an den Fräskanten aussieht wurde hier "hart in hart" gewerkelt (abgesehen von etwaigen rezenten Beschädigungen).
Ist das Ding abgebrochen und hatte hinten  eine Verbreiterung...oder glaubst Du dass das Ding geschäftet war?
Oder beides- das wäre den ehemaligen Händen jedenfalls zu wünschen gewesen.
(das hab ich mich schon oft gefragt...wie die Hände dieser Handwerker ausgesehen haben...manchmal sieht man es ja bei ethnologischen Dokumentarfilmen....und wenn man dann so einen feinen Frauenfingerdellenabdruck in Keramik sieht...manchmal mit perfektem Fingernagel....aber dies ist eine andere Geschichte)
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Ich weiß nicht ob die Klinge geschäftet war. Der Bohrer ist zwar abgebrochen aber die Funktionalität ist durchaus noch vorhanden. Ein Drehmoment wie mit einem Schrabenzieher ließe sich mit dem Gerät übertragen, das reicht auch, die Spitze soll ja nicht abbrechen!
Aus der Praxis heraus vermute ich, daß mit im Durchmesser aufeinander abgestimmten Sätzen von Bohrern gearbeitet wurde. Man fing also mit einem dünnen Bohrer an und rieb die Bohrung mit immer größeren Geräten auf, bis man den gewünschten Durchmesser erreicht hat. Ähnlich macht man das heute noch in der Metallbearbeitung durch Vor- und Nachbohren oder im Präzisionsbereich mit sogenannten Reibahlen.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert