Flint-Ufo und Materialfrage

Begonnen von queque, 06. November 2009, 19:10:40

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queque

Hallo zusammen,

um alle Nachfragen vorweg zu nehmen: beim ersten Teil handelt es sich meiner Einschätzung nach tasächlich um Feuerstein und nicht etwa um Kieselschiefer. Fundort ist ein neolithischer bis spätneolithischer Fundplatz. Irritierend ist die wie poliert wirkende Oberfläche und die abgerollten Kanten. Daneben fand sich der zweite Stein. Natürlicherweise kommt am Fundplatz in erster Linie Maasei-Feuerstein natürlich vor. Dieser hier wirkt knolllig, mit einem sandig-kreidigen Kortex. Ich halte es für Rijckholt-Feuerstein. Kann man da zustimmen? Diese Frage richtet sich nicht nur, aber auch an die Rheinländer.
Dank für Rat und Meinung
:winke:
Bastl

steinsucher

Hallo Bastl,

beide Exemplare haben ihre Macken. Das erste ist kein Artefakt. Das zweite ist zwar grau. Aber statt Rijckholt würde ich eher sagen es ist Maas-Schotter. Aber Artefakt auch nicht. Zwei Teile die mal irgendwann durch die Kräfte anderer entstanden sind, nicht durch Menschen. Fotos können natürlich teuschen.

Gruß aus Heinsberg,

Fritz.

rolfpeter

Servus,

ich stimme Fritz eindeutig zu, es handelt sich bei beiden Steinen um Maasschotter.

Maasschotter-Feuerstein ist Flint, der aus den Schichten der Maastricher Kreide ausgewittert ist, von der Ur-Maas flußabwärts gespült wurde und sich dann abgesetzt hat.

Bereits 1913 hat E. Kurtz diese Tatsache erkannt und anhand der Feuersteinvorkommen in den Kiesen der Niederrheinischen Bucht die Schichtenfolge der Terrassenkörper bestimmt. Wenn ich richtig informiert bin, ist der Herr Kurtz ein Lehrer gewesen und hat mit dem Fahrrad alle zugänglichen Aufschlüsse der Niederrheinischen Bucht abgekappert und ausgewertet.
Herausgekommen ist, daß die ältere Hauptterrasse aus den Geröllen der Maas besteht und Feuerstein enthält, die jüngere Hauptterrasse dagegen vom Rhein gebildet wurde und keinen Feuerstein beinhaltet.

In den "Studien zur Besiedlung der Aldenhovener Platte und ihrer Umgebung" hat sich Jürgen Weiner der Sache noch mal angenommen und  über "Die Maasschotter der Niederrheinischen Bucht als Feuersteinlieferant für die Bandkeramischen Siedlungsplätze Langweiler 8 und 9" geschrieben.
Er ist auch in diverse Kiesgruben des Untersuchungsgebietes gefahren (mit dem Auto, nehm ich an  :zwinker:) und kommt zu einem ähnlichen Ergebnis wie Kurtz. Im östlichen Bereich seines Untersuchungsbereichs, also in etwa östlich der Rur und des Ellbachs, gibt es in den Kiesgruben keinen Feuerstein, weil dort nur die jüngere Hauptterrasse aufgeschlossen ist.

Nun handelt es sich bei der Niederrheinischen Bucht um ein Senkungsgebiet, das von zahlreichen Sprüngen durchsetzt ist, die teilweise einen Versatz der Schichten von mehreren hundert Metern herbeigeführt haben. Die Schollen fallen mehr oder weniger stark nach Osten ein und so könnte theoretisch auch östlich der o.a. Linie am Ostrand der Sprünge die ältere Hauptterrasse zu Tage treten. Daß dies bei Köln so sein könnte, weiß ich nicht genau, halte es aber aber eher für unwahrscheinlich.

Es könnte also sein, daß die Steine zum Fundort hingetragen wurden.

Unterscheidungsmerkmale von Schotterflint und bergfrischem Flint:
bergfrischen Feuerstein kann man auf den ersten Blick eigentlich nur durch das Vorhandensein der kreidigen, rauhen Rinde eindeutig bestimmen. Beim Schotterflint ist die Rinde (wenn es sich nicht um einen aufgebrochenen Hohlraum im Stein handelt) immer glatter, abgerollt.
Bergfrischer Feuerstein hat weniger natürliche Sprungflächen als Schotterflint.
Artifizielle Spaltflächen sind beim Schotter oft matter als beim bergfrischen.
Durch chemische Beeinflussung hat der Schotterflint meist eine andere Farbe als der bergfrische. Bergfrischer ist meist dunkler als das entsprechende umgelagerte Material. Auch ist beim Schotter häufig eine Farbtendenz nach braun, hervorgerufen durch Eiseneinlagerung, zu beobachten.

Bei der Untersuchung der neolithischen Besiedlung der Aldenhovener Platte hat man sich ja auch intensiv mit der Rohmaterialversorgung beschäftigt und Zwischenklassen neben "Bergfrisch" und "Schotter" definiert. Beim Rijckholt-Flint sind z.B. anhand der Merkmale "Kreiderinde, Häufigkeit natürlicher Sprungflächen, Oberfläche der artifiziellen Spaltflächen und Farbe" die Klassen "Rijckholt-Feuerstein, Rijckholt-Schotter, Schotter-Rijckholt und Schotter" erfunden worden.

So, das wars, was ich zum Thema beitragen konnte.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

queque

Hallo Fritz, hallo RP,

vielen Dank für Eure Einschätzungen bzw. Informationen. Werde mich, wenn es die Zeit erlaubt, mit Hilfe der Literaturhinweise RPs weiterbilden :zwinker:.
Gruß aus Köln :winke:
Bastl

Priamos

Hallo Leute! :)
Und zwar habe ich es auch mit einem Flint-UFO zu tun.
Ich habe diesen Feuerstein auf einem Acker, nahe Aachen, an einer ehemals römischen Straße (nur zur Info :-D)
gefunden. Nun hat der Stein ja auch eine etwas spitz zulaufende Form, aber ich kann nicht so recht abschätzen, was
vom Pflug oder was ivtl. von Menschenhand kommt. Ich gehe mal davon aus, dass es sich um einen ganz "harmlosen"
Feuerstein handelt...ihr dürft mich aber selbstverständlich eines besseren belehren...ich hätte nichts dagegen!  :-)

Schöne Grüße und schonmal vielen Dank für Antworten!
Christian :-)

Silex

Da möchte man direkt hineingreifen ins Gebildschirme....um Klarheit zu erlangen....vom Gefühl her tippe ich auf vorgeschichtlich-menschlich verursacht ....aber es gibt etliche  Sucher in der Nähe die das besser beurteilen können.
Zufallsfund? Oder Nachsuche auf einschlägig bekanntem Areal? Gibt es Hinweise auf Neo/mesolithikum in der Nähe?
Unbedingt  noch etliche Male nachsuchen.
Herzlich willkommen, Christian!!!

Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Priamos

Vielen Dank für die nette, schnelle Antwort und Begrüßung, Silex!!!  :-)

Ich werde meinen Fund morgen mal von meinem Lateinlehrer beurteilen lassen...der ist Archäologe.
Ich wollte nur sichergehen, dass der mich morgen nicht auslacht!  :-D
Ich war heute eigentlich unterwegs, um nach römischer Keramik ausschau zu halten, da war das erste was ich sah: dieser Stein.
Letztes Jahr gab es hier in Aachen eine große Ausgrabung, auf der auch ein Feuerstein gefunden wurde, der wohl in der Jungsteinzeit bearbeitet worden ist (allerdings ein Rohling).
Aber soweit ich weiß ist in Aachen auch generell in der "Steinzeit" Silex abgebaut worden...darunter ja auch Neolithikum.

Schöne Grüße  Christian

rolfpeter

Servus Priamos,

herzlich willkommen bei den Steinies!

Ich würde auch auf was von menschlicher Hand oder menschgemachter Maschine erzeugtes vermuten .
Tippe mal auf den Rest eines Abschlagkernes, wenn es handgemacht ist.
Ähnliche Trümmerchen findet man sowohl auf mesolithischen als auch auf vermeintlich spätneolithischen Stellen. Wenn die braune Farbe von einer Feuchtbodenpatina herrühren sollte, dann wärs vielleicht doch mesolithisch.

Auf den Höhen zwischen Vetschau und Orsbach habe ich aber auch vergleichbare Trümmer gesehen, die wohl von einer Fräse zurechtgeklopft wurden.
Das Material ist aber kein Öcher Lousberg-Flint. Vielleicht handelt es sich um braun patinierten Schotterflint oder um Orsbach/Vetschau. Wenn's letzterer wäre, sollten aber klitzekleine Pünktchen in der Matrix zu erkennen sein, die ich allerdings auf den Fotos nicht sehe.

Ich würde an der Stelle auch noch mal nachsuchen.

Bin mal gespannt, was der werte Herr Lehrer sagt.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

fuchs

Ich möchte nicht unken, auch nicht beurteilen, nur nachfragen: Die Wallnerlinien sind ja sehr stark ausgeprägt.  Mir hat man gesagt, das wäre deutlicher Hinweis auf den Pflug, der mit hohem Druck den Stein "bearbeitet". Ist das richtig?

Priamos

Vielen Dank für deine Antwort rolfpeter!

Mein Lateinlehrer hält es ebenfalls für ein handgemachtes Werkzeug, einen Schaber o.ä, da
die scharfe Kante Spuren von Bearbeitung aufweist. Er tippt auf Neolithisch.
Da ich bereits schonmal einen Feuerstein (unbearbeitet) hier im Wurmtal gefunden habe, der jedoch viel transparenter
aussieht, als der, den ich gepostet habe, habe ich bereits vermutet, dass einer der beiden, nicht vom Lousberg kommen kann.

Was die Pünktchen in der Matrix angeht, so erkenne ich im Stein kleine Pünktchen, die Staubkörnern irgenwie ähneln.
Wenn ich nächstes Jahr mein Praktikum beim Amt für Bodendenkmalpflege mache, werde ich den Stein aber nochmal begutachten lassen.


@ fuchs
Soweit ich weiß, ist das sehr oft so, dass der Pflug oder eine Fräse einen Stein bearbeitet, daher ist es ja etwas schwierig, dies zu unterscheiden.
Meiner Ansicht nach sind die Abschläge auf dem Stein (ca. 4,5cm x 4cm) etwas zu klein, um von einem Pflug zu Stammen. Allerdings beschäftige ich mich noch nicht
sooo lange damit, um das beurteilen zu können.


Schöne Grüße und Danke für eure Hilfe, Steinis!!! (ich hoffe ich bekommen noch öfters die Gelegenheit, euch nach eurer Meinung zu fragen)

Christian


P.S.: anbei nochmal ein Foto mit den "klitzekleinen Pünktchen".   

steinsucher

Hallo Forum, hallo Christian,

herzlich willkommen.

Zitat von: fuchs in 12. November 2009, 09:43:22
Ich möchte nicht unken, auch nicht beurteilen, nur nachfragen: Die Wallnerlinien sind ja sehr stark ausgeprägt.  Mir hat man gesagt, das wäre deutlicher Hinweis auf den Pflug, der mit hohem Druck den Stein "bearbeitet". Ist das richtig?

Ob's nun ein Pflug war oder noch schlimmeres? Ich weiß es nicht. Aber grundsätzlich schließe ich mich dem Fuchs an. Das Stück ist wohl heftig unter die Räder gekommen. An jeder Kante hängt noch der Rost. Weiterhin sind auf dem neuen Bild auch noch weitere kleine Kreise zu sehen. Das sind nach meiner Meinung weitere "Treffer", die nicht zu einer Spaltung geführt haben.

Vielleicht war es ja vorher mal ein Restkern. Deshalb trotzdem weiter suchen und viel Erfolg dabei.

Aus Heinsberg,

Fritz.

P. S.: Wenn Dein anderer Feuerstein transparent ist, ist die Wahrscheinlichkeit gegen Null, dass er vom Lousberg stammt.

Priamos

Hallo Liebe "Steinis"!!

Nach meiner "langen Pause" habe ich mich entschlossen mein Comeback bekanntzugeben!  :winke:
Und zwar hab ich mal wieder mit mehr Glück als Verstand ein "Steinchen" gefunden, dessen Zweck (wenn es einen gibt)
nicht entschlüsseln kann bzw. nur erahnen kann...ich find auf meinem Acker irgendwie immer nur Trümmer :heul:
Ich habe diesen Stein ein paar Meter neben meinem bereits vorgestellten Stein (siehe oben) gefunden.

Deswegen frage ich euch nochmal um Rat, ob dieses Stückchen evtl. mal Teil eines Werkzeugs war. Für mich sieht es so aus, als
wäre es der Teil eines Keils oder Beils oder vielleicht was ganz anderes. Vielleicht könnt ihr mir wieder weiterhelfen. :kopfkratz:

Schonmal Vielen Dank für Antworten!!! :-)

Schöne Grüße Christian

a.k.a. rentner

Hej Christian,
ich bin ja nicht viel wissender als Du, aber für mich scheint hier doch eine "Kratzerretusche" erkennbar.
Leider gibt der Rest in meinen Augen nicht viel her........aber ich bin gespannt ob die Experten diesem "Steinchen" den Artefaktcharakter zugestehen.
Denn der Pflug ist auch ein großer Retuschöööör.
Ich drücke Dir die Daumen.
Michi

Priamos

Vielen Dank für deine Anteilnahme, Michi! :-D
Ich dachte auch zuerst, dass es nur ein einfaches Kunstwerk des Pflugs war, bis ich beim näheren hinsehen
auch diese feinen Retuschen (Bild 4) bemerkt habe.
Ich hoffe das beste. :-)
Christian

Priamos

Kann es wirklich ein Kratzer sein?
Ichbin schon total gespannt!!!  :zwinker:

steinsucher

Zitat von: Priamos in 14. November 2009, 23:04:49
Hallo Liebe "Steinis"!!

Nach meiner "langen Pause" habe ich mich entschlossen mein Comeback bekanntzugeben!  :winke:
Und zwar hab ich mal wieder mit mehr Glück als Verstand ein "Steinchen" gefunden, dessen Zweck (wenn es einen gibt)
nicht entschlüsseln kann bzw. nur erahnen kann...ich find auf meinem Acker irgendwie immer nur Trümmer :heul:
Ich habe diesen Stein ein paar Meter neben meinem bereits vorgestellten Stein (siehe oben) gefunden.

Deswegen frage ich euch nochmal um Rat, ob dieses Stückchen evtl. mal Teil eines Werkzeugs war. Für mich sieht es so aus, als
wäre es der Teil eines Keils oder Beils oder vielleicht was ganz anderes. Vielleicht könnt ihr mir wieder weiterhelfen. :kopfkratz:

Schonmal Vielen Dank für Antworten!!! :-)

Schöne Grüße Christian

Hallo Christian,

ich denke, Du bekommst mehr Antworten wenn Du für Deine Teile einen eigenes Thema aufmachst. Da hast Du immer mehr Aufmerksamkeit. Dazu ein paar schöne Fotos und Du wirst bestimmt einige, auch kontroverse, Meinungen zu den Retuschen erfahren.

Gruß vom Steinsucher.