flache Beilklinge

Begonnen von Siebenpapagei, 17. Oktober 2012, 11:09:33

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Siebenpapagei

Hallo zusammen,

endlich Urlaub! War zwei Wochen auf Tour und jeden Tag auf´m Acker. Hatte endlich mal die Zeit all meine Fundplätze abzufahren und in Ruhe zu begehen :-)
Ich durfte jede Menge interessantes finden, werde ich bei Gelegenheit, nach und nach hier einstellen.

Unter den premium Fundstücken gehört auch diese sehr flache Beilklinge, welche ich am Montag auf einer Siedlungsstelle in SH finden durfte.
Ist mir auf dem Acker gar nicht so aufgefallen, da das Stück so tief in der Erde steckte. Die Freude war natürlich riesig als ich mich bückte und etwas an dem Stein rüttelte :prost:

Daher ist die Fundaufnahme auch leider nicht im ganz unberührten Zustand erfolgt. :schaem:

Das dieses flache Artefakt auf dem Acker nicht gebrochen ist, ist mal wieder ein kleines Wunder und ein glücklicher Umstand.
Das Beil misst: 106 x 44 (Schneide) x 28 (Nacken) und 14 mm an der dicksten Stelle. Die Beilklinge wurde nur auf den Breitseiten geschliffen. Im Schneidenbereich sieht es so aus, als hätte der Steinschläger eine Nachschärfung versucht, ob der Pflug noch nachgeholfen hat fällt mir schwer zu erkennen, da das Stück nicht patiniert ist. Vom Oberflächenglanz her sind alle Schlagspuren gleich. Mich verwirrt aber die steile Retusche im Schneidenbereich, das macht bei einer Nachschärfung nicht wirklich Sinn!

Beim datieren habe ich mal wieder Schwierigkeiten, ich würde vorsichtig in die Dolchzeit, also Endneolithikum tippen. Ich glaube aber, dass sie TBK auch flachbeile hergestellt haben, aber wohl eher mit spitz-ovalem Querschnitt und allseitig überschliffen.

Ich bin immer wieder überwältigt, von solchen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren, es zeigt mit welchem ungeheurem Geschick und welcher Kunstfertigkeit Stein bearbeitet wurde. Meine Hochachtung :staun:

Viele Grüße

Ralf :winke:

Kelten111

Dere  :winke:

Absolut Geil !
Leider werde ich so eines nie finden dürfen  :heul:
Ist schon bemerkenswert die Beile aus feuerstein  :glotz: :glotz:
Mfg Fredi :winke:

StoneMan

Moin Ralf,

ein wirklich schöner Fundbeleg. Ja, da hüpft des Herz immer wieder. Glückwunsch dazu.

Ich denke die große Macke an der Schneide ist durch brachialen Gebrauch oder Ackergerät
entstanden. Ein Nachschärfen, so keine größeren Gebrauchs-Ausbrüche vorhanden waren, wurde
meist mittels Nachschleifen erzielt - die sichere Variante.

Was Du mit "steile Retusche im Schneidenbereich" meinst, kann ich nicht so recht sehen  :glotz:



Tyndbladet Økse (Dünnblatt-Beil)
Tyknakket, Tyndbladet Økse (Dicknacken-Dünnblatt-Beil)

Die Größe wird mit max. 20 cm angegeben, die Dicke mit max. 2,7 cm. Deine Beilklinge passt da gut zwischen.

Diese dünnen vierseitigen Beile mit ungeschliffenen Schmalseiten werden dem
Spätneolithikum zugeschrieben (2800 v. Chr. bis 2300 v. Chr.).
In DK Einzelgrabkultur bis in die Dolchzeit (2800 bis 1800 v. Chr.).

Die Dolchzeit dehnte sich über Südskandinavien, insbesondere  Dänemark und Norddeutschland aus.
In Norddeutschland überwiegend Schleswig-Holstein, Teile Niedersachsens und Mecklenburg. Gebietsweise
endet die Dolchzeit erst 1600 v. Chr.

Dein sehr dünnes "Økseblad" würde ich in die Dolktid stellen.


Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Sprotte

Hallo Ralf,

anhand der Fotos scheint es so, als ob die Richtung der Abschläge auf den Schmalseiten immer die selbe ist. Falls das so zutrifft, wäre das ein deutlicher Hinweis auf eine späte Zeitstellung (Einzelgrabkultur und später).

Viele Grüße
Auch Ralf (Sprotte)

Siebenpapagei

Hallo Leute :winke:

@Fredi:
Zitat von: Kelten111 in 17. Oktober 2012, 14:20:02
Leider werde ich so eines nie finden dürfen  :heul:
Warum denn nicht, gibt es in deinem Fungebiet gar keine Beilklingen aus Flint?
Vielleicht sonst bei einem Ostseeurlaub?!
@Jürgen: Vielen Dank, für die tolle Beschreibung der Tyndbladet Økse :super: und deren Einordnung, dieses sehr spezielle Wissen fehlt mir häufig. Stammt das auch teils aus Peter Vang Petersen? Das Buch werde ich mir glaube ich zu Weihnachten wünschen, falls überhaupt noch erhältlich.
Die steile Retusche an der Schneide, welche ich meinte, kann man auf den Bildern leider nicht richtig erkennen, die sieht aber sehr ungleichmäßig aus. Es handelt sich dort also nicht um eine im gesamten abgeschlagene Ecke der Schneide. Ich kann noch versuchen bessere Fotos zu machen.
@Ralf: Die Fotos täuschen, habe ich leider nicht besser hinbekommen. Aber die Schmalseiten sind beidseitig retuschiert worden. Ich kann noch mal versuchen bessere Bilder von den Schmalseiten zu machen, falls für Bestimmung wichtig? Aber erst frühestens Sonntag.

Viele Grüße :winke:

Ralf

Sprotte

Zitat von: Siebenpapagei in 18. Oktober 2012, 00:43:50
Stammt das auch teils aus Peter Vang Petersen? Das Buch werde ich mir glaube ich zu Weihnachten wünschen, falls überhaupt noch erhältlich.

Hallo Ralf,

bei Amazon ist das Buch (scheinbar) nicht gelistet. Ich hatte es direkt über das Dänische Nationalmuseum bestellt: http://www.museumsbutikken.dk/default.aspx?load=main&Data=productinfo&key=9788799228416&group=

Viele Grüße  :winke:
Sprotte

thovalo

Lieber Ralf,
ein schöner Fundbeleg der wieder einmal mehr zeigt was an Beilklingen im Norden so alles möglich und in Gebrauch gewesen ist!

glG thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Kelten111

Dere Ralf  :winke:
Nö solche gibt es bei uns bis jetzt nicht , nur ein oder Zwei bekannte aus Feuerstein .
Diese sind aber wie Normale Beile gefertigt worden ( Schliff ) ect.
Als Trapezbeile werden sie beschrieben .

Mfg fredi :winke: :winke:

Siebenpapagei

Hallo zusammen,

hier noch die versprochenen Bilder der Schmalseiten und der ausgeschlagenen Schneide, welche ich als steile Retusche bezeichnet habe.
Bessere Bilder bekomme ich bei dem Licht leider nicht hin.
Vielleicht helfen die Ansichten der Seitenretuschen ja bei einer genaueren Datierung? Und ob die Schneide durch Menschenhand steil retuschiert wurde, oder eine rezente Pflugretusche aufweist? Ich tendiere ja eher zu dem letzteren, da die Retusche so unregelmäßig, ja gar gezackt ist.

Gruß
Ralf :winke:

Marienbad

hallo Ralf,
ich würde das Teil ins endneolithische Regal legen.  :winke:
Die Retuschen (wenn es denn welche sind) können auch in späteren Zeiten gefertigt worden sein.
Die Eisenzeitler und noch später fanden sicher auch so schöne Stücke und werden sich dann daran "versucht" haben.
Ist nur so eine Vermutung von mir. :kopfkratz:  Möglich ist es jedenfalls.  :dumdidum:
Fundmeldungen und Landesämter waren ja noch unbekannt.  :zwinker: :zwinker:

:winke:  Manfred

Sprotte

Hallo Ralf,

aufgrund der neuen Bilder würde ich, wie ich bereits vermutet habe und was auch durch Manfred bestätigt wurde, von einer (entsprechend der "nordischen" Terminologie) endneolithischen (oder auch spätneolithischen) Zeitstellung ausgehen: Die Abschlagsbahnen auf den Schmalseiten weisen zwar nicht auf eine einzige Schlagrichtung hin, sind jedoch durchgehend von Breitseite zu Breitseite. Außerdem sind die Schmalseiten sehr nachlässig gearbeitet und der sorgfältige Schliff ist auf den schneidennahen Bereich beschränkt.

Viele Grüße
Sprotte

StoneMan

Zitat von: StoneMan in 17. Oktober 2012, 15:11:54
...

Diese dünnen vierseitigen Beile mit ungeschliffenen Schmalseiten werden dem
Spätneolithikum zugeschrieben (2800 v. Chr. bis 2300 v. Chr.).
In DK Einzelgrabkultur bis in die Dolchzeit (2800 bis 1800 v. Chr.).


... Gebietsweise endet die Dolchzeit erst 1600 v. Chr.

Dein sehr dünnes "Økseblad" würde ich in die Dolktid stellen.

Gruß

Jürgen

Zitat von: Sprotte in 23. Oktober 2012, 15:37:50
...
aufgrund der neuen Bilder würde ich, wie ich bereits vermutet habe und was auch durch Manfred bestätigt wurde, von
einer (entsprechend der "nordischen" Terminologie) endneolithischen (oder auch spätneolithischen) Zeitstellung ausgehen...

Moin,

nun muss ich doch mal nachfragen.
Seht ihr, Ralf Sprotte und Manfred, einen Unterschied eurer und meiner Zeitstellung (?) oder ist
es lediglich eine Bestätigung eurerseits?

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Birk

Moin Ralf.  Ein klasse stück hast du da entdeckt. :super: Da hoffe ich auch mal drauf. Aber ich bin ja erst am anfang meiner Kariere. Na mal abwarten. :-) Bei mir  wird das aber eng mit finden, da die Bauern solch ein " zeug" schon seit Jahrzehnten aus dem boden holen. :besorgt:

  Gruß
   Thomas

Goatman

Zitat von: Kelten111 in 17. Oktober 2012, 14:20:02
Leider werde ich so eines nie finden dürfen  :heul:

Hi,
man sage niemals nie .....  :winke:

Sprotte

Hallo Jürgen,

ja, es ist eine Bestätigung unsererseits, einen Unterschied in der Zeitstellung gibt es nicht.

Viele Grüße
Sprotte