Klingenabschlag, flach-triangulär, schräg zulaufende Seitenkanten

Begonnen von StoneMan, 04. März 2013, 20:28:52

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StoneMan

Moin,

sehr flacher triangulärer Klingenabschlag mit schräg zulaufende Seitenkanten.

Der Fundort ist mein Acker auf Møn der auch Premium-Ware wie meine Kornsichel, Kernbeil und
geschliffene Beilfragmente hergab.

Wenn ich das Teil nicht selber dort aufgelesen hätte, würde ich meinen es wäre eine Zeit am Strand gelegen,
da sämtliche Kanten und Grate ´verrundet´ sind. Aber Strandfunde weisen meist einen anderen Habitus auf,
die Oberflächen sind dann i.d.R. matt, was bei meinem Teil nicht der Fall ist.

Erst jetzt beim Schreiben "...verrundet", denke ich erstmalig, dass das ein Kriterium für einen
Feuerschläger ist.
Mindestens zwei habe ich aus der Region, diese sind aber eher (typisch) parallel klingenförmig.
Beide Enden des hier gezeigten Teils machen auch gar nicht den Eindruck, eines Feuerschlägers.

Es scheint mir, dass das basale Ende (Schlagbasis) länger war, denn ein Schlagflächenrest ist nicht vorhanden.
Dieses Ende sieht auch wie abgebrochen aus. Ob sich das Teil "zuspitzte" würde ich offenlassen (Bild SF5).

Die Wallnerlinien der beiden negativen Abschlagbahnen sowie auch die auf der Ventralfläche zeigen in die selbe Richtung.

Beide lateralen Kanten weisen über die gesamte Länge, bis über die Rundungen (terminal), unregelmäßige
Aussplitterungen sowohl von dorsal als auch von ventral auf.

Auf beiden Flächen sind am terminalen Ende kleine aber deutliche Glanzbereiche. Nicht wirklich
fotografisch zu dokumentieren ist auch ein Glanzbereich der sich in einer Vertiefung der Schlagwellen
befindet, auf dem Bild SF4 mit "konkav" gekennzeichnet.

Könnten die Glanzbereiche am breiten terminalen Ende eine "Schäftungspolitur" sein?
Dann könnte das gegenüberliegende Ende ggf. doch spitz zulaufen. Ein flacher Bohrer oder gar ein Projektil?

Oder ist der Glanz als "Arbeits-/ Sichelglanz" anzusehen? In diesem Falle wäre das dünne basale Ende
eher parallel etwas länger gewesen und dort geschäftet? Dann käme vielleicht ein Skraber in Betracht
dessen Arbeitskante malträtiert wurde?

Gar alle Überlegungen Unsinn und ein Geofakt?

Wie ihr seht sind für mich einige Fragen offen, daher benötige ich zu diesem Fundbeleg eure Einschätzung.


Gruß


Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

fuchs

Hallo Jürgen,

Zitat von: StoneMan in 04. März 2013, 20:28:52
... da sämtliche Kanten und Grate ´verrundet´ sind. ...

Kann durch Windschliff im Mittelpaläolithikum entstehen oder Wassertransport, wie hier wohl der Fall, MP haben die da oben nicht.

Zitat von: StoneMan in 04. März 2013, 20:28:52

Erst jetzt beim Schreiben "...verrundet", denke ich erstmalig, dass das ein Kriterium für einen Feuerschläger ist.

Bei einem Feuerschlagstein kann das Funktionsende verrunden, der Rest bleibt so kantig wie er ist.

Zitat von: StoneMan in 04. März 2013, 20:28:52
Beide lateralen Kanten weisen über die gesamte Länge, bis über die Rundungen (terminal), unregelmäßige Aussplitterungen sowohl von dorsal als auch von ventral auf.

Die ergeben bei einem Artefakt keinen Sinn, ein weiterer Hinweis auf Bestoßungen im Schotter.

Zitat von: StoneMan in 04. März 2013, 20:28:52
Auf beiden Flächen sind am terminalen Ende kleine aber deutliche Glanzbereiche... ein Glanzbereich der sich in einer Vertiefung der Schlagwellen befindet, ... Könnten die Glanzbereiche am breiten terminalen Ende eine "Schäftungspolitur" sein?

Schäftungspolituren finden sich auf den erhabenen Flächen, nicht auf den eingezogenen. Kann ja auch gar nicht anders sein, Schäftungspolituren entstehen, wenn die Schäftung wackelt.

Zitat von: StoneMan in 04. März 2013, 20:28:52
Gar alle Überlegungen Unsinn und ein Geofakt?

Ja

Das Stück hat so viele Merkmale eines Geofaktes, dass es deutlich aus dem Fundspektrum heraussticht. Steinereihe hätte da wahrscheinlich Zweifel, würde da vielleicht noch einen Wal drin sehen. Ich sage Mülleimer. :winke:

StoneMan

Moin Christian,

danke für Deine ausführliche Antwort. Wer sich so viel Mühe gibt, wird von mir
nicht mit einem lapidaren´danke´abgefertigt.

Ein paar Fragen/Anmerkungen habe ich noch in blau,
damit es übersichtlicher wird sind Deine Beiträge grün)

ZitatZitat von: StoneMan am 04. März 2013, 20:28:52 pm
... da sämtliche Kanten und Grate ´verrundet´ sind. ...
Kann durch ... Wassertransport, wie hier wohl der Fall...
...keine Ahnung, Wasser war da vielleicht vor der Eiszeit.

ZitatZitat von: StoneMan am 04. März 2013, 20:28:52 pm
Erst jetzt beim Schreiben "...verrundet", denke ich erstmalig, dass das ein Kriterium für einen Feuerschläger ist.
Bei einem Feuerschlagstein kann das Funktionsende verrunden, der Rest bleibt so kantig wie er ist.
...ja das ist mir schon klar, ich sagte ja bereits, dass es gar nicht den Eindruck, eines Feuerschlägers macht.
Das sollte ein vorbeugender Hinweis meinerseits sein, weil alles verrundet ist.


ZitatZitat von: StoneMan am 04. März 2013, 20:28:52 pm
Beide lateralen Kanten weisen über die gesamte Länge, bis über die Rundungen (terminal), unregelmäßige Aussplitterungen
sowohl von dorsal als auch von ventral auf.
Die ergeben bei einem Artefakt keinen Sinn, ein weiterer Hinweis auf Bestoßungen im Schotter.
...richtig, an einem Artefakt machen die keinen Sinn, da hast Du recht. Aber ich kalkuliere durchaus mit ein,
dass Bestoßungen ja an einem tatsächlichen Artefakt nachträglich entstanden sein können - grundsätzlich.
Das sage ich hinsichtlich dessen, weil das Fehlen des Schlagflächenrestes und des Bulbus, mitunter als
Ausschlusskriterim für ein Artefakt heran gezogen wurde (nicht auf Dich bezogen).


ZitatZitat von: StoneMan am 04. März 2013, 20:28:52 pm
Auf beiden Flächen sind am terminalen Ende kleine aber deutliche Glanzbereiche... ein Glanzbereich der sich in einer Vertiefung der Schlagwellen befindet, ... Könnten die Glanzbereiche am breiten terminalen Ende eine "Schäftungspolitur" sein?
Schäftungspolituren finden sich auf den erhabenen Flächen, nicht auf den eingezogenen. Kann ja auch gar nicht
anders sein, Schäftungspolituren entstehen, wenn die Schäftung wackelt.

...das sehe ich ebenfalls wie Du, ist auch mein Wissensstand wie die Schäftungspolitur entsteht.
Deshalb hielt ich es für erwähnenswert, darauf hinzuweisen, dass eine Glanzstelle sogar konkav liegt.
Der ganze andere Rest liegt auf den erhabennen Stellen - wie es üblich ist. Sollte das nicht deutlich von mir
vermittelt worden sein, dann ist das sicher hiermit getan?


ZitatZitat von: StoneMan am 04. März 2013, 20:28:52 pm
Gar alle Überlegungen Unsinn und ein Geofakt?

Ja
Das Stück hat so viele Merkmale eines Geofaktes, dass es deutlich aus dem Fundspektrum heraussticht.
... Ich sage Mülleimer.


Du weißt, dass mir Deine Meinung immer sehr viel wert ist. Hast Du eine Erklärung dafür,
dass ich auf Gebieten, wo ich keine Artefakte finde, auch keine Geofakte finde?

Das wäre doch einmal eine Frage in die Runde, ob andere auch Erfahrungen dahingehend machen konnten?

Danke noch einmal

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Steinereihe

#3
Hallo Jürgen,

Danke, schoene Fotos!!!

Jetzt gehe ich mit Christian mit.
Aber ich finde ja eigentlich ueberall Geofakte wo es Flint gibt, unabhängig von ob es dort Artefakte gibt oder nicht.
Sollte auch so sein?!

Artefakten koennen konzentriert sein an Stellen mit oder ohne viel Naturflint
(Flint) Geofakten koennen ja eigentlich nicht konzentriert sein an Stellen wo es kein Naturflint gibt.

Wenn du Geofakten und Artefakten immer zusammen findest konnte das bedeuten das du noch keine Artefakten Fundorte gefunden hast wo es kein Naturflint gibt.

Steinereihe


fuchs

Zitat von: StoneMan in 05. März 2013, 15:40:31
Kann durch ... Wassertransport, wie hier wohl der Fall...
...keine Ahnung, Wasser war da vielleicht vor der Eiszeit.
Während des Eiszeitalters war da Wasser in unvorstellbaren Mengen :-D
Zitat von: StoneMan in 05. März 2013, 15:40:31
Du weißt, dass mir Deine Meinung immer sehr viel wert ist. Hast Du eine Erklärung dafür,
dass ich auf Gebieten, wo ich keine Artefakte finde, auch keine Geofakte finde?

Hängt vielleicht mit der Intensität der Suche zusammen. Ein weiterer Grund kann sein dass dort, wo Feuerstein als Schotter ansteht, auch oft gesiedelt wurde, quasi an der Quelle.

StoneMan

Moin,

was mich jetzt noch vordergründig beschäftigt, die Glanzbereiche. Was hätten die
auf einem Geofakt zu suchen, wie erklären die sich? Jemand dafür eine plausible Erklärung?


Zitat von: StoneMan in 04. März 2013, 20:28:52
...
Auf beiden Flächen sind am terminalen Ende kleine aber deutliche Glanzbereiche. Nicht wirklich
fotografisch zu dokumentieren ist auch ein Glanzbereich der sich in einer Vertiefung der Schlagwellen
befindet, auf dem Bild SF4 mit "konkav" gekennzeichnet.

Könnten die Glanzbereiche am breiten terminalen Ende eine "Schäftungspolitur" sein?
...
Oder ist der Glanz als "Arbeits-/ Sichelglanz" anzusehen?

...

Zitat von: StoneMan in 05. März 2013, 15:40:31
...
Zitat Fuchs:
Schäftungspolituren finden sich auf den erhabenen Flächen, nicht auf den eingezogenen. Kann ja auch gar nicht
anders sein, Schäftungspolituren entstehen, wenn die Schäftung wackelt.


Zitat StoneMan
...das sehe ich ebenfalls wie Du, ist auch mein Wissensstand wie die Schäftungspolitur entsteht.
Deshalb hielt ich es für erwähnenswert, darauf hinzuweisen, dass eine Glanzstelle sogar konkav liegt.
Der ganze andere Rest liegt auf den erhabennen Stellen - wie es üblich ist. Sollte das nicht deutlich von mir
vermittelt worden sein, dann ist das sicher hiermit getan?



Danke im Voraus.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

fuchs

Hallo Jürgen,

eine äolische Politur beispielsweise kann auch an teifer liegenden Stellen entstehen. Da das Stück aber kein Artefakt ist und die Politur nicht artifiziell ist, ist die Frage relativ unwichtig.
Auch an Artefakten sind manchmal Glanzstellen vorhanden, die sich nicht durch irgendwelche Tätigkeiten oder Schäftung erklären lassen. Solche Stellen bezeichnen die Archäologen lapidar als Wurzelglanz. Eine blödsinnige Erklärung, wie ich finde, ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwelche Wurzeln zu Polituren an Steinen führen können.

Kelten111

Also ich bin mir sicher das es ein artefakt ist ich sehe da einen regelmäsigen Klingenabbau  :glotz:
2 dorsal und dann erfolgte dieser Abschlag sieht man doch an den Bildern schön  :glotz: :glotz:
SF2 Ansichten.jpg
Die verrundungen weise ich dem Stück so zu das es an Boden liegt oder Wind oder oder , aber nicht durch gebrauch entstanden sind .

mfg Fredi :winke:

fuchs

Hallo Fredi,

da oben im Norden haben die Gletscher der Eiszeiten alles bis auf das Grundgestein ausgeräumt. Demzufolge spricht man von Stielspitzen auch als "Faustkeil dews Nordens", da das Spätpaläolithikum die älteste dort zu findende Kulturstufe ist.
Das Gebiet ist bedeckt von Moränenschutt, gespickt mit Geofakten, durch Gletscherdruck und Bewegung im Schotter geformt. Auch dieses Stück ist ein "Quetscholith".
Ich hänge ein Bild aus Wikipedia an, Bildautor Ulamm, da kannst du den Eisrand sehen, der schwarze Punkt ist der Fundort.

Kelten111

Dere Fuchs .
Danke kann schon sein ich meine auch ein artefakt das jünger ist kann verrundet sein ( Strandfunde z.b )
Für Gletscher ist es mir zu regelmaßig !!!!
Wenn es der gletscher war müsste doch gletscherschliff zu sehen sein stoneMan .
Das sind feine Rillen ziemlich paraell ( wo der Gletscher drüber ist )
Kannst du solche erkennen ?
Mfg  :winke:

fuchs

Hallo Fredi,

Gletscherschliff wird wohl nicht auf dem Ding zu erkennen sein, wäre auch nur dann der Fall, wenn der Stein unter dem Gletscher lag und von diesem über andere Felsen geschoben worden wäre. Ob gletscherschliff an feinen ziehmlich parallelen Rillen auf so kleinen Stücken zu erkennen ist, wage ich mal zu bezweifeln. Hier mal ein Bild mit Gletscherschliff:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c2/Aletschgletscher_Gletschertor.jpg



Steinkopf

Hallo in die Runde,

Zitat Fredi:  "Wenn es der gletscher war müsste doch gletscherschliff zu sehen sein stoneMan .
                   Das sind feine Rillen ziemlich paraell ( wo der Gletscher drüber ist )

Bisher habe ich noch keine Gletscherkritzung auf Flint gesehen.
Der Gletscherschliff hat sich  durch den Transport unter Druck über Grundgestein entwickelt,
also eher im Bergland Norwegen und Schweden, wo die Trogtäler heute noch Zeugen dieser Zeit sind.
Die Flintladung im Geschiebe stammt sicherlich erst aus Süd-Schweden (Schonen) und
Dänemark (in seiner maximalen Ausdehnung bis Altona) sowie dem dänisch-deutschen Ostseeraum.

Auf größeren Findlingen ist die Gletscherkritzung häufig zu sehen.
Auf kleineren Steinen eher selten.
Ein Fundstück dazu kann ich präsentieren.
Allerdings ist die Kritzung auf den planen Flächen nicht sehr auffällig.
In diesem Fall ist es ein Eiskanter, weil zwei plangeriebene Flächen aneinander grenzen.
Zumindest die größere Fläche müsste gut zu erkennen sein.

LG

Jan