"FEINkost" aus der Fundkiste: ein Kratzer mit weit umlaufender Retuschierung

Begonnen von thovalo, 05. Februar 2012, 12:20:49

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thovalo

 :-)

Bei Anpassungsversuchen von Fundbelegen eines Platzes kam mir Gestern dieser fein ausgeprägte Abschlagkratzer wieder vor die Augen und um meine neue Kamera auszuprobieren habe ich ihn als Model zu einem "shooting" gebeten!

Als Kratzer gehört er in seiner feinen Ausprägung zu den Premiumfunden des großen Siedlungsgeländes das seit 8 Jahren kontinuierlich begangen werden kann. Solche Fundbelege von Kratzern aus Abschlägen aus qualitätsvollen Feuerstein der Varietät "Rijckholt" werden im Rheinland traditionell der Michelsberger Kultur zugeordnet.

FO: "Niederrheinisches Tiefland" / rechter Niederrhein


Länge: 8.3 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Hallo Thomas!

Gratulation zur neuen Kamera! Guter Tiefenschärfebereich.

Die sauber retuschierten Kratzerkante ist shön im Bild!

LG
Jan

thovalo

Muss mich da noch reinfummeln, aber inzwischen hab ich die "Neue" schon ein bißchen lieb!   :year:


Die Grundform des Kratzers ist offensichtlich einer "Notlösung" zu verdanken!

Auf dem ersten Bild liegt links zur Arbeitskante hin im Bereich der Kortex ein verendeter Abschlag der im rechten Winkel vertikal zur Kante hätte verlaufen SOLLEN. Dieser Schlag ist jedoch schon im Ansatz "verreckt" und danach wurde der Kern "gewendet" und eine neue Abschlagfläche präpariert von der dann dieser Abschlag gelöst werden konnte.


glG thomas  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hochwald

Moin Thomas!


Bild4 und Bild5 haun`mich um!

"Premium" ist bei diesem Stück eher noch zurückhaltend ausgedrückt.

Der absolute Wahnsinn, daß Stück!


Und bei diesem Stück sind wir im Neolithikum?

Nicht deutlich älter??


Und ... macht die steil-retuschierte Lateral-Arbeitskante das Stück nicht auch zu einem Schaber?

So gesehen wärs ein Abschlag-Kratzer-Schaber, vom feinsten.


Danke für die Ansichten und fürs zeigen!
hochwald

thovalo

Zitat von: hochwald in 05. Februar 2012, 12:54:35
Moin Thomas!


Bild4 und Bild5 haun`mich um!

"Premium" ist bei diesem Stück eher noch zurückhaltend ausgedrückt.

Der absolute Wahnsinn, daß Stück!


Und bei diesem Stück sind wir im Neolithikum?

Nicht deutlich älter??


Und ... macht die steil-retuschierte Lateral-Arbeitskante das Stück nicht auch zu einem Schaber?

So gesehen wärs ein Abschlag-Kratzer-Schaber, vom feinsten.


Danke für die Ansichten und fürs zeigen!
hochwald


Cher Robert!

Der Tradition folgend ist das wohl ein Abschlagkratzer des Jungneolithikums.
Im Rheinland wird dieser Zeitabschnitt von der Michelsberger Kultur repräsentiert.

Da das Rohgestein bergfrisch gewonnen worden ist und der Abbau ab 2.950 C-14-datiert, steht er gut fassbar und fest verankert im Zeitabschnitt AB der mittleren Michelsberg Kultur.

Da es sich um die beste Qualität des Rohgesteins handelt (sogenannte "Schicht 10") liegt eine Datierung in die jüngere Michelsberger Kultur nahe!

Die Retuschierung ist für Michelsberger Abschlagkratzer mit gerundeter Arbeitskappe absolut charakteristisch auch noch einseitig lateral begleitend und nahtlos übergehend.

Im Grunde ist das ein SCHRATZER!


Als ich noch KEINE ersten grauen Haare hatte (die letzten kommen hoffentlich erst sehr viel später nach  :zwinker:) war die Gliederung:

lateral längs geführte Retuschierung = SCHABER
lateral retuschierte Arbeitskappe = Kratzer


fundiertes Gesetz und fundiert gesetzt  :belehr:


Doch Heute heisst es:
paläolithisch lateral retuschierte Stücke sind Schaber
alles jüngere sind Kratzer ... nicht logisch aber ..... fachlich "gesetzt" !   :zwinker:


glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.