Facettenaxt

Begonnen von sven, 16. Februar 2013, 15:19:30

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sven

Habe ich eigentlich schon diesen Altfund vorgestellt, den wir in unserer Heimatstube in Westsachsen zeigen? Im Vergleich mit diesem Fund aus dem Süden Sachsen - Anhalts: http://www.sucherforum.de/index.php/topic,57941.0.html ist diese wesentlich typischer und stärker gegliedert und facettiert. Welche mag wohl älter sein? Gibt es da Untersuchungen zur Typologie von Facettenäxten?

Viele Grüße

Sven

Schnurkeramiker

Hallo,
Ich weiß nicht, ob dir schonmal jemand geantwortet hat, aber ich mach es einfach mal hier. Großartige Untersuchungen zu den Äxten gibt es nicht wirklich. Hier aber ein paar Literaturtipps:
Eine unveröffentlichte Diplomarbeit von P. Herfert, die es leider nur in der Landesamtbibo in Halle gibt: Die Steinäxte des Mittel- und Spätneolithikums im Elb-Saalegebiet und ihre kulturelle Zuweisung (1961).
Und von M. Zapotocky: Die Streitäxte des mitteleuropäischen Äneolithikums (1991).
Zur Datierung, solche Äxte sind ja eindeutig schnurkeramisch. J. Müller ist der Meinung, dass sie vor allem in der Frühzeit zwischen 2750 und 2500 v. Chr. auftauchen und danach immer plumper und schlechter verarbeitet werden. Dem muss ich aber widersprechen. In seiner C14-Untersuchung sind sehr sehr wenige Äxte in den betreffenden Gräbern gewesen. Ich habe die letzten Monate meine Masterarbeit über schnurkeramischen Beile geschrieben und einen kleinen Exkurs zu den Äxten gemacht. Hier konnte ich feststellen, dass die Tendenz eher dazu geht, dass solche Facettenäxte verstärkt nach 2500 v. Chr. auftauchen.
Also, vllt. war das ja eine kleine Hilfe für dich.
Viele Grüße
Heiko

CF

Hallo Heiko,

ich interessiere mich für deine Masterarbeit. Wirst du die veröffentlichen, evtl online?
"Toleranz ist die Fähigkeit, jeden in seiner Umgebung zu dulden."

Schnurkeramiker

Hallo CF,
Erstmal warte ich auf die Bewertung (hab erst am Montag abgegeben) und dann hoffe ich, dass ich das Angebot für eine Veröffentlichung bekomme. Ich hatte auch vor nach bestandener Prüfung die eventuell online zu veröffentlichen. Muss ich mal schauen, wie alles wird. Ich sag dann auf jeden Fall Bescheid.
Viele Grüße
Heiko

Marienbad

na, dann drücke ich mal beide Daumen für Dich!
Das haben schon ganz andere geschafft  :zwinker:

Viel Glück wünscht Manfred  :winke:

Schnurkeramiker


sven

Hallo Heiko,

schön, daß Du auf meinen doch schon etwas älteren Beitrag antwortest, um so besser, wenn Du Dich mit dem Thema auch schon beschäftigt hast. Die Bibliothek in Halle werde ich bei Gelegenheit aufsuchen.
Wie ist denn Deine Meinung zu meinem Fund der leicht facettierten Axt hier: http://www.sucherforum.de/index.php/topic,57941.0.html ?
Ist diese eher jünger oder älter? Ist sie überhaupt schnurkeramisch? An der Fundstelle wird übrigens im Spätsommer großflächig gegraben. Ein Grabhügel in der Nähe und ein Luftbild mit einer eigenartigen Grubenverteilung lassen auf spannende Befunde hoffen.
Deine Masterarbeit würde ich auch gerne lesen.

Viel Glück

Sven

Schnurkeramiker

Hallo Sven,
tjoa, dass ist so ein Ding... Also Facettenäxte scheinen eine fast ausschließlich schnurkeramische Sache zu sein. Jedenfalls ist mir (bisher) in einer anderen Kultur noch kein Gegenstück aufgefallen. Auch die leicht facettierten dürften schnurkeramischen Ursprungs sein. Wenn man als Betrachter die ganzen möglichen Formen anschaut, dann reicht die Bandbreite von perfekter bis, naja es muss so gesagt werden, stümperhafter Ausführung. Inwieweit sie jedoch in eine jüngere oder spätere Phase eingeordnet werden können, halte ich für fraglich. Ich denke eher, dass es auf die "Kunstfertigkeit" des Produzenten ankommt, wie gut die Facetten ausgeformt sind. Vielleicht ließen sich sich regionale Unterschiede herausarbeiten, aber eine wirklich gute Untersuchung dazu fehlt leider. Mal schauen, ich würde das ja ganz gerne in Angriff nehmen.
Neben der Arbeit von Zapotocky kannst du auch noch einen Blick auf K.-H. Brandt, Studien über Steinerne Äxte und Beile der Jüngeren Steinzeit und der Steinkupferzeit Nordwestdeutschlands. Hildesheim 1967, S. 77 ff. werfen. Da gibt es noch ein kleines Kapitel dazu. Das sollte aber doch mal überarbeitet werden  :zwinker: .
Also leider kann ich halt auch keine genauen Aussagen zu der zweiten Facettenaxt treffen...
Ach und schön, dass mal wieder etwas schnurkeramisches ausgegraben wird  :-). Vielleicht gibt es ja bei den Gruben eine kleine Siedlung. Wäre mal was. Da sind wir doch ziemlich schlecht aufgestellt.
Schönes Wochenende.
Heiko

sven

Hallo Heiko,

nach den Grabungen an der ICE-Trasse bei Wennungen haben wir in Sachsen-Anhalt wenigstes schon mal Hausgrundrisse der Schnurkeramiker. Mit so etwas ist hier wohl nicht zu rechnen, die auf den Luftbildern zu erkennenden Bodenverfärbungen lassen die Archäologen an Materialentnahmegruben denken. Ich habe da schon  etliches an stark patinierten Feuersteinabschlägen und -kernen gefunden, die aber sicherlich älter als Endneolithikum sind.

Viele Grüße

Sven

thovalo

Zitat von: Schnurkeramiker in 02. August 2013, 13:13:06
Hallo CF,
Erstmal warte ich auf die Bewertung (hab erst am Montag abgegeben) und dann hoffe ich, dass ich das Angebot für eine Veröffentlichung bekomme. Ich hatte auch vor nach bestandener Prüfung die eventuell online zu veröffentlichen. Muss ich mal schauen, wie alles wird. Ich sag dann auf jeden Fall Bescheid.
Viele Grüße
Heiko


Drück Dir gleichfalls die Daumen und wünsche Dir einen guten Erfolg mit dem Abschluss Deiner Arbeit!

lG vom Niederrhein Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

sven

Die Grabungen in der Nähe der Fundstelle der Steinaxt laufen! In der ersten von drei zu untersuchenden Flächen für Windkraftanlagen wurde ein schnurkeramisches Grab ausgegraben. Auf der zweiten werden Gruben mit Knochen und unverzierten Keramikscherben freigelegt, sicherlich neolithisch.
Die dritte Fläche ist noch nicht in Arbeit. Pfostenlöcher tauchen auch viele auf, diese sind aber meist kreisrund und stammen sicherlich von einer Obstbaumplantage, die dort noch vor ca. 20 Jahren existierte. Dort Hausgrundrisse herauszufiltern, wenn es denn welche geben sollte, ist sicherlich nicht so leicht!
An der schnurkeramischen Zuordnung der von mir gefundenen leicht facettierten Axt bestehen auch beim Archäologen keine Zweifel. http://www.sucherforum.de/index.php/topic,57941.msg359590.html#msg359590
Auf dem Bild hier sieht man den Übergang von einer lößüberdeckten Fläche im Hintergrund (wo die untersuchten Gruben liegen) zu einer lößfreien Fläche mit verwittertem Buntsandstein. Dort finden sich aber gehäuft Silexabschläge und Kerne mit ausgeprägter Patina, die nicht so richtig ins Neolithikum passen.

Viele Grüße

Sven