Eulen nach Athen bzw. ins Forum?!

Begonnen von queque, 16. Mai 2010, 20:53:07

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queque

Grüß Gott miteinander,

auf die Gefahr hin, allgemein bekannte Weisheiten zu verbreiten: Titelthema der neuen "Archäologie in Deutschland": Burgen der Steinzeit. Michelsberger Kultur. Wird dem Lüning nicht das Wasser reichen können, sieht aber interessant aus (Habe noch nicht die Zeit gehabt, intensiv zu lesen).
Wollte das den Steinzeitfreunden nicht vorenthalten.

Schönen Abend Euch!
:winke:
Bastl

chmoellmann

Ja, sehr interessant und informativ, vor allem weil die allerneuesten Forschungsergebnisse (vor allem aus dem Vorharz) mit drin sind. Leider ist "mein" Erdwerk bzw. überhaupt die Gruppe überhaupt nicht drin erwähnt.

rolfpeter

Servus,

die Artikel stellen den derzeitigen Stand der deutschen Erdwerksforschung im Überblick dar. Mit jeder neuen Ausgrabung kommen weitere Details ans Licht, die Funktion der urgeschichtlichen Monumentalbauten bleibt aber weiterhin rätselhaft.

Ich persönlich möchte am ehesten der Interpretation von Raetzel-Fabian folgen. Ist natürlich meinerseits eine wirklich subjektive Einschätzung. Das Erdwerk, welches ich begehe, liegt, genau wie Raetzel-Fabian es beschreibt, auf einer Hanglage zur Flußebene hin. Als Befestigung völlig ungeeignet, da von allen Seiten einsehbar und mit einem Umfang von etwa 2500 m erst von einer Mannschaft in Bataillonsstärke zu verteidigen. Die Idee, es könnte sich um (evtl multifunktional genutzte) Stützpunkte entlang der Viehtriften handeln, kann ich gut nachvollziehen. Aus diesen Viehtriften könnten sich dann die aus geschichtlicher Zeit bekannten überregionlalen Handelswege wie Hellweg usw. ergeben haben.

Es bleibt weiterhin spannend!

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Greif I

Hallo liebe Steinzeitfreunde,

ich habe mich vor geraumer Zeit mit einem Beitrag zur Michelsberger Kultur einmal in die allgemeine Diskussion eingeschaltet und es damals schon bedauert, dass ich mangels privatem PC und Digiknippse leider nicht in die Fundpräsentation einsteigen konnte, woran sich bis heute nichts geändert hat.

Ich begehe seit fast vier Jahren aus Zeitgründen einen einzigen Fundplatz, der sich nach Beurteilung des Amtes als der Michelsberger Kultur zugehörig erwiesen hat.
Mein Lesefund beläuft sich bis heute auf ca. 80 Kilogramm Keramik von sehr guter Qualität nebst umfangreichem Inventar an Steingeräten (Beile, Klingen, Schaber, Mahlsteine, Klopfsteine ect.).

Da mein Fundplatz ein Terrassensporn ist, hatte ich früh die Vermutung, dass sich möglicherweise auch ein Erdwerk dort befinden könnte. Im Jahr 2008 konnte ich mit Hilfe eines privaten Sponsorings einen Hektar Fläche im Fundbereich prospektieren lassen und hatte das große Glück die Prospektionsfläche genau über einem mehrphasigen Erdwerk zu platzieren.
Es zeigte sich von innnen nach aussen zunächst ein schmaler Graben der wahrscheinlich als Pallisadengraben angesprochen werden könnte. Daran schließt sich ein ca. 5 Meter breiter durchgehender Graben an und es folgt zum Abschluss eine doppelte Reihe von großen Abschnittsgräben mit typischen Erdbrücken.
Durch diesen Prospektionserfolg wurde es mir durch kommunale und regionale Unterstützung plus Hilfe der archäologischen Gesellschaft Hessen und natürlich des archäologischen Landesamtes Hessen ermöglicht, in diesem Jahr eine Prospektion der Innenfläche des Erdwerkes durchführen zu lassen, die neben einigen weiteren Gräben mehr als zweihundert mutmaßliche Siedlungsgruben erbrachte.
In diesem Jahr ist eine DFG geförderte Grabung geplant, der ich natürlich mit großer Spannung entgegen sehe.
Somit wäre im Falle meines Fundplatzes eine durch ein Erdwerk befestige Höhensiedlung als sehr wahrscheinlich anzunehmen.
Ich hoffe, mein Beitrag war an dieser Stelle jetzt nicht zu lang, aber er zeigt meines erachtens durchaus, dass sich die Konzentration auf einen Fundbereich durchaus lohnen kann und auch der Gang durch die Etappen der Ämter, Behörden und Institutionen bei genügend Ausdauer und Frustationstolleranz ganz positive Entwicklungen zeitigen kann.     

queque

Zitat von: Greif I in 18. Mai 2010, 13:45:17
Ich begehe seit fast vier Jahren aus Zeitgründen einen einzigen Fundplatz, der sich nach Beurteilung des Amtes als der Michelsberger Kultur zugehörig erwiesen hat.
Mein Lesefund beläuft sich bis heute auf ca. 80 Kilogramm Keramik von sehr guter Qualität nebst umfangreichem Inventar an Steingeräten (Beile, Klingen, Schaber, Mahlsteine, Klopfsteine ect.).
(...)
Ich hoffe, mein Beitrag war an dieser Stelle jetzt nicht zu lang, aber er zeigt meines erachtens durchaus, dass sich die Konzentration auf einen Fundbereich durchaus lohnen kann ...

Hallo Greif,

schön, von Dir zu hören und schade, dass du uns deine Funde nicht im Bild präsentieren kannst/willst. Es scheint sich ja um einen außerordentlichen Fundplatz zu handeln, um den ich und viele andere Dich beneiden werden.
Unsereins muss Hunderte von Kilometern die Ackerfurchen ablaufen um nur einen Bruchteil deiner Fundmengen nach Hause schleppen zu dürfen. Ihr in Hessen seid da wohl stärker gesegnet.
Ich träume jedenfalls von so einem "claim".

Vielleicht überlegste Dir das mit den Bildern nochmal.

Gruß
Bastl

thovalo

#5
Naja lieber queque,

so nen "claim" hab ich ja "am Arsch" und rotiere seit acht Jahren ständig in dem Bemühen den Platz in einem interdisziplinären Projekt unterzubringen.

80 Kilo waren es in Hessen .... hier sind es weitaus mehr und ich nehm schon nicht mehr alle Trümmer von Arbeitsunterlagen und Mahlsteinen mit, weil ich die Mengen nicht unterbringen kann.

Aber die Fundunmengen schrecken und es gelingt nicht auch nur Schutzmaßnahmen einzuleiten. Da hatte ich erst Gestern die Rückmeldung, dass es nicht mal mehr möglich ist gemeldete Eingriffe in Bodendenkmäler zu begleiten weil es, bei einer noch zusätzlichen regelrechten "Explosion" von Baumassnahmen, immer mehr an Personal fehlt. Aber die Diskussion hatten wir schon.

So ein "claim" ist zwar total faszinierend, aber auch enorm verpflichtend und ordentlich frustrierend wenn Jahr um Jahr vom Fachamt ungenutzt dahin geht und die Plätze durch die Landwirtschaft immer weiter aufgemischt werden! Frustrationstoleranz hin oder her!

Ich glaube ich bin grad in dem Moment auf den Platz gestoßen als er durch die Landwirtschaft angegriffen worden ist und langsam, so scheint es, lässt das Fundaufkommen nach, weil die Befunde verloren gehen und auch das "Tiefpflügen" dem "Grubbern" platz gemacht hat.  :heul:


Und auch im Linksrheinischen gibt es durchaus weitere bereits bekannte Erdwerke die genau so Stück für Stück verschwinden!

Das Thema ist beim LVR irgendwie "durch"!!!!!!!!!!


Und wenn Du nen "claim" haben willst........  da fällt mir einer ein ... s. PM!  :glotz:


LG   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Die Arbeit von Raetzel-Fabian kann man hier in einer guten und ausführlichen Übersicht einsehen!  :super:


http://sites.google.com/site/erdwerksforschung/Home


LG   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

rolfpeter

Zitat von: thovalo in 18. Mai 2010, 18:55:23
Da hatte ich erst Gestern die Rückmeldung, dass es nicht mal mehr möglich ist gemeldete Eingriffe in Bodendenkmäler zu begleiten weil es, bei einer noch zusätzlichen regelrechten "Explosion" von Baumassnahmen, immer mehr an Personal fehlt. Aber die Diskussion hatten wir schon.

Das ist ja schon "höhere Archäologie": Baustellenexplosion in Verbindung mit Planstellenimplosion - klingt irgendwie nach finalem Supergau.

Zitat von: thovalo in 18. Mai 2010, 18:55:23
Und auch im Linksrheinischen gibt es durchaus weitere bereits bekannte Erdwerke die genau so Stück für Stück verschwinden!
Das Thema ist beim LVR irgendwie "durch"!!!!!!!!!!

Wäre doch mal was für 'ne akademische Lehrgrabung. Die Lehrenden und Lernenden fahren aber lieber nach JWD und lassen sich die Nüsse braunbraten.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

queque

Zitat von: rolfpeter in 18. Mai 2010, 20:56:25
Wäre doch mal was für 'ne akademische Lehrgrabung. Die Lehrenden und Lernenden fahren aber lieber nach JWD und lassen sich die Nüsse braunbraten.

HG
RP

Na, da bleib icke doch lieber mit'm Arsch zu Hause und steh' meinen Mann auf der heimischen Scholle. Die Nüsse bleiben zwar blass, aber ehrlich.
Hat nichts mit 'Blut und Boden' etc. zu tun, ganz im Gegenteil - nichts für ungut.

Ich versteh`nur nicht, warum sich kein "Arsch" (bis auf uns Forumsidioten und die andere handvoll Freaks da draußen) für das interessiert, was sich hinterm heimischen Gartenzaun auf dem Acker abgespielt hat, aber alle nach Pompeji, Athen, Knossos etc. pilgern, um sich in der vermeintlichen Wiege der abendländischen Kultur schaukeln zu lassen, von der sie, aufgrund der allgemeinen Bildungsregression, sowieso nichts verstehen.
Es ist zum Verzweifeln.
Eine Träne auf alle Lehrberufe und solche, die sich auskennen oder zumindest interessieren,
vergossen vom
Bastl
:heul:

thovalo

Der Hintergrund ist die "Privatisierung" der Archäologie durch den Abbau eigener Stellen beim LVR zugunsten von Aufträgen an Grabungsfirmen. Dazu das "Kölsche Motto": man kennt sich und man hilft sich! (schaut mal wer die Firmen gründet und betreibt und wo die Herrschaften so herkommen und welche Verbindungen es dabei gibt...)

Es gibt bei den Vergabeverfahren interne Konkurrenz wer welches Projekt in die Gänge bekommt und daraus erwachsen mehr oder weniger sinnreiche Aufträge. Das Budget dafür ist zudem knapp bemessen.

Und wo keine oder nur eine schwache Lobby ist, gibt es wenige bis keine Chancen!


Das Projekt, das ich durchführe, habe ich bisher auch zu 100% finanziert, Kontakte quer durch Europa geknüpft und halte sie in Schwung. Das ist dann die "Vergesellschaftung" eigentlich hoheitlicher Aufgaben. Privates Engagement rettet Fundplätze oder sie vergehen unbeachtet.

Aber genug des Jammerns! Darin steckt auch die Chance sich zu engagieren und etwas zu bewegen.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

chmoellmann

Und wenn ich mir überlege, dass ich mit der mir drohenden Steuernachzahlung von über 3000 Euro für 2009 den dürftigen archäologischen Restbestand noch mitfinanziere,  dann würde ich gerne mal in Zahlstreik gehen bzw. selbst bestimmen, was mit meinem Geld so finanziert werden soll.
Un das wäre dann bestimmt keine Altertümervenichtung im Irak, in Afganistan und sonstwo.

thovalo

#11
Lieber moellman,

Du träumst einen farblosen Traum!

Du darfst ja nicht mal mit bestimmen welcher Banker Deine Kohle als Prämie für seine geniale Leistungen als Anerkennung des Steuerzahlers in den Anus gezwiebelt bekommt!

Und so lange die reichlich Geld fürs (be)scheißen bekommen, bleibt auch nichts für kulturelle Aspekte übrig (Kultur ist Luxus und Kohle der einzige anerkannte Wert des Marktes und oft genug des Alltags, so stehen die Aktien!) und wir bleiben sicher noch lange die einsamen Helden der Ackerfurchen  .........


:ritter2:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

arriba

- und unser Staatssekretär für Finanzen wäre vor 20 Jahren fast ein Teil meiner Familie geworden! Puh, noch mal Glück gehabt  :schwitz:  :-D .... ne, quatsch, ist ein echt lieber Kerl  :-) ... aber ich bekam kalte Füße was sein Cousin anging  :narr:  :zwinker:

thovalo

Du Ärmste!

Unvorstellbar! Da hast Du echt was durch durch gemacht!


Mein Herz schlägt ganz an Deiner Seite!  :zwinker:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

chmoellmann

Wie gut dass hier noch Herzen schlage!
Aber das kriegen die Zocker sicher auch noch in den Griff...