Ein Keulenkopf vom rechten Niederrhein

Begonnen von thovalo, 12. Juni 2011, 10:44:49

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thovalo

Das war Gestern, wenn ich Rikkes Fund so mit betrachte, ein ganz besonderer Findertag!

Ich stiess Gestern, auf einer seit 2003 systematisch begangenen Feldflur, das große Fragment einer so genannten "Geröllkeule" mit fast durchgängigen konischen Bohrloch und gegenständig wohl im letzten Arbeitsgang durch geschlagenen Endstück.

Es sind aus dem Rheinland fünf so genannte "Scheibenkeulen" bekannt die, wie die Geröllkeulen, der frühen Bandkeramik zugeordnet werden.
Doch bildet diese hier gefundene Geröllkeule wohl einen neuen "Subtyp" denn sie ist nicht, wie die Literatur vorgibt, sonst unbearbeitet geblieben, sondern ist vielmehr ein echtes Designerstück!

Die Schmalenden sind zusätzlich überarbeitet worden und auch der Korpus scheint überschliffen und wirkt in der Hand teilweise sogar abschließend "Poliert", wobei die Verwitterung diese Feinheit weitgehend angeraut zu haben scheint.

Ausgangsgestein scheint ein sehr dicht gelagerter massiver Quarzit zu sein und nicht der sonst übliche" "quarzitische Sandstein"!


Das Eintrittsloch ist weit genug eine stabile Schäftung aufzunehmen, das Austrittsloch jedoch viel zu eng um diese Schäftung hindurch zu führe.


Es sind viele kleinere Besonderheiten gegeben, die ich später mit neuen Bildern des gereinigten Artefakt mit einstellen möchte!


Euch hier erst einmal die Ansicht des Fundbelegs in der Fundsituation!


glG thomas  :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#1
 :-)

Zum Abschluss gab´s den Regenbogen, ich war kletschnass bis auf die Pelle und glücklich wie ne Wutz am Trog!




                           :winke: :winke: :winke: :winke: :winke: :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

insurgent

Uiiiiii, was für ein schönes Stück  :-D

Wie groß ist das Stück denn und wie schwer??
Meine Bodenfunde werden gemeldet

thovalo

#3
Zitat von: insurgent in 12. Juni 2011, 10:55:00
Uiiiiii, was für ein schönes Stück  :-D

Wie groß ist das Stück denn und wie schwer??



Höhe 5.3 cm; Durchmesser 5.5 cm


Das Gewicht bleibe ich erstmal schuldig, die Kirche und danach der Acker rufen!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#4
Das sind nun Ansichten des Innenlebens des Keulenkopfes!

Es ist gut zu erkennen, das der Bohrkopf kurz vor dem Ende des Durchbruchs hängen geblieben ist und sich dann stark abgearbeitet hat.
Die schmale noch stehen gebliebene Fläche der Gegenseite (im Bild Unten) wurde dann durchgeschlagen und durch Picken überarbeitet.
Dabei entstanden ungleich weite Austrittslöcher, sodass das Werkstück nicht durchgehend mit einer Handhabe geschäftet werden konnte, sondern sehr eindrücklich als ein Aufsatz anzusprechen ist!

Diesen Typ scheint ja wirklich Keiner hier im Forum zu kennen!

lG thomas  :winke:



Bilder einiger Beifunde

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,50044.msg308152.html#msg308152

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,50045.msg308153.html#msg308153
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#5
Herzlichen Dank an rolfpeter für die Vermittlung des fachlichen Kontakts!  :super:

Das "Rätsel", das so ein höchst seltener Fundbeleg für das Rheinland und genauer den Niederrhein dargestellt hat ist, dank der Digitalisierung unserer feinen Welt, fachlicherseits bereits gelöst!


Lieber Herr ..........,

herzlichen Dank für die übersandten Bilder! Es handelt sich m.E. um den Geröllkeulentyp GK R302a1 (GK = Geröllkeule, R = gerundete Aufsicht, 3 = gerundete Seiten, 02 = Kombination gerade/gerwölbte Ober-/Unterseite, a1 = einfachkonische Durchbohrung). Im Rheinland sind mir entsprechende Stücke bislang tatsächlich unbekannt, jedoch finden sie sich relativ häufig in Mitteldeutschland in Verbindung mit Stichbandkeramik und vor allem Rössen. Auch dort sich ca. 50% der Stücke aus Quarziten hergestellt worden, meist haben sie eine gute Oberflächenbehandlung bis hin zur Politur.


Viele Grüße

XY


Dazu ist auch noch dieser Hinweis auf einen link mit gegeben worden:

http://www.archaeologie.sachsen.de/2419.htm


Somit ist hier hier nicht nur ein exzeptionell seltener Fundbeleg des mittleren Neolithikums im Rheinland gefunden sondern auch ein zweifelsfreier Anzeiger für Kontakte der Siedlung hier zu den Mittelneolithischen Zentren weit im Osten.

Nach dem Beleg einer Prunkbeilklinge aus Jadeit der bereits den Austausch von Fern- und Prestigegütern zwischen SÜDEN und NORDEN dokumentiert hat, manifestiert sich mit diesem Ausnahmefund nun auch die Austauschbeziehung zwischen OSTEN und WESTEN!


lG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Glückwunsch zum tollen Fund und vielen Dank für die hervorragende Dokumentation!

Den halbierten Keulenkopf finde ich von der Technik her besonders interessant - kann
man doch die Bohrung klarer erkennen.

Dazu habe ich zwei Fragen:

1. Ist in dem intakten Bohrbereich der Durchmesser exakt gleich?

2. Auf dem Foto sieht es aus wie Riefen. Lassen sich diese erfühlen
    oder ist es eine Schichtung des Gesteins - also nur ein optischer Eindruck?

Wenn die 'Feldarbeit' Zeit lässt, kann ich ja vielleicht auf eine Antwort hoffen.

Schöne Grüße
Jan




thovalo

Die Löcher messen:

Ansatz der Bohrung (Eingangsloch): gesichert 2.15 cm DM

Ausgang des durchgeschlagenen Loches (Ausgangsloch): ca. 1.4 cm DM


Die gut erkennbaren Riefen sind gut fühlbar und gehen auf mit gerissenes Schleifmittel zurück,
das sowohl Quarzsand wie auch Flintgrus gewesen sein kann!

glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Danke für die Antwort!

Es bleibt sicher im Bereich der Spekulation wie solche Keulen(köpfe)
geschäftet und benutzt wurden. Waren sie Statussymbole oder wurden
alltägliche Arbeiten damit verrichtet? Oder waren sie vielleicht schlagende
Argumente?

Über eine etwa 5000 Jahre alte Holzkeule berichtete vor einiger Zeit
die Ostfriesen-Zeitung. Das gescannte Zeitungsfoto ist nicht so prall
aber vermittelt einen Eindruck.

Jan

Roskva

"blickst du lange genug in den Abgrund, schaut dieser irgend wann in dich"

thovalo

#10
Zitat von: Steinkopf in 13. Juni 2011, 20:22:19
Danke für die Antwort!

Es bleibt sicher im Bereich der Spekulation wie solche Keulen(köpfe)
geschäftet und benutzt wurden. Waren sie Statussymbole oder wurden
alltägliche Arbeiten damit verrichtet? Oder waren sie vielleicht schlagende
Argumente?

Über eine etwa 5000 Jahre alte Holzkeule berichtete vor einiger Zeit
die Ostfriesen-Zeitung. Das gescannte Zeitungsfoto ist nicht so prall
aber vermittelt einen Eindruck.

Jan

Mich irritiert ein wenig das skurrile Wesen mit Brille am anderen Ende der Keule .........
Die Oberfläche des Fundstücks hier ist zusätzlich überglättet bis poliert worden und weist nicht eine einzige Beschädigung durch eine Bestoßung oder Arbeitsspur auf.  :glotz:


Zum heftigen Zuschlagen und Schädel knacken wir es lange gereicht haben und selbst das hätte wohl kaum Schlagmarken im Stein hinterlassen!

Mal sehen was sich noch ermitteln lässt!  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

mifomex


Hallo Thomas,

wunderschoen gemachte Doku !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!1111AAA
....man freut sich mit Dir  :zwinker: :prost:

Gruesse :winke:
Sash
"Wer Vergessenes ans Licht bringt, Bereichert das Wissen!"

thovalo

#12
@ mimofex   danke!  :winke:

Ich staune noch immer
..... denn suchen kann man so etwas ja nicht, sondern nur: finden was da ist!
Am nächsten Tag ist dann vielleicht schon wieder alles untergepflügt und gar nix zu sehen und zu finden.
Das ist die Gelassenheit der Zeit in Ewigkeit!

Und dann braucht es die reichliche Unterstützung von Freunden und Fachleuten um das Ganze zusammen fassen zu können!

glG thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Harkonen

Hallo Thomas,
ein starkes Stück  :super:
tolle Fotos, rasche Stellungnahme vom Facharchäologen,
eines der wohl seltensten Fundstücke aus dem hiesigen Neolithikum überhaupt.
Danke fürs Zeigen
Grüße
Peter

HansPeter

Neben der SUUUUUUUUUUUPPPPPPPPPEEEEEEEEEERRRRRRRRRR Keule  :staun: :staun: :staun: (Warum finde ich sowas nicht :heul:) ist das Foto des Regenbogens auch eine Besonderheit.
Darauf zu sehen ist nämlich (links) ein sog. Regenbogen zweiter Ordnung. Das bedeutet, ein (selten auftretender) Regnbogen in umgekehrter Farbfolge.
Seit kurzem kennt man auch Regenbögen dritter Ordnung (in natura), deren Existenz bisher nur theoretisch belegt war.

http://www.g-o.de/wissen-aktuell-14047-2011-10-28.html

thovalo

Der Zufall war der Zeuge !   
Danke für das Aufmerksam machen!   


glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.