Einige Bilder von Fundsituationen Gestern auf leicht abgeregneter Flur

Begonnen von thovalo, 07. Oktober 2011, 12:36:04

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo

 :-)

Gestern hatte der Regen bereits einige Plätze für eine intensivere Begehung aufbereitet!  :super:
Einige der Fundbelege von Gestern in der Fundlage auf der Feldflur.


Die Distalpartie eines ungewöhnlich langen Klingenkratzers mit Bruchkante zum verlorenen Proximalende hin.

Die Distalpartie einer großen gebrochenen Silexklinge.

Eine gestielte Pfeilspitze aus einem Klingensegment mit Schäftungsdorn, die am ehesten in die Zeit des hier bislang noch kaum bekannten späten Neolithikums datieren wird.


FO: rechter Niederrhein (alle drei Artefakte von derselben Stelle!)
Material: Feuerstein der Varietät "Rijkholt"
Zeitstellung: Jung - bis Spätneolithikum

glG thomas  :winke:



die kleine Beilklinge gehört noch mit dazu

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,52108.0.html
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Goatman


Steinkopf

Du Glücklicher! Bei Euch lohnt es sich wieder über die Felder zu gehen.
Bei uns ist noch alles ver-Mais-t.

Schöne Stücke -Der Rijkholt scheint ja stark vertreten zu sein.

Die Pfeilspitze würde ohne Fundkontext von der Form her
auch Ahrensburg verdächtig sein?

mfg

Jan



thovalo

Zitat von: Steinkopf in 07. Oktober 2011, 20:50:15
Du Glücklicher! Bei Euch lohnt es sich wieder über die Felder zu gehen.
Bei uns ist noch alles ver-Mais-t.

Schöne Stücke -Der Rijkholt scheint ja stark vertreten zu sein.

Die Pfeilspitze würde ohne Fundkontext von der Form her
auch Ahrensburg verdächtig sein?

mfg

Jan



Tatsächlich erinnert sie stark an eine "Stielspitze", ist aber aufgrund des verwendeten Feuersteins ("Rijkholt") und der Machart ein guter Kandidat für die Zeit des späten Neolithikums. Im Hintergrund des Fundplatzes liegt ein hoch intensiv besiedelter Hügel von dem bereits einige weitere Projektile mit einem exponierten Schäftungsdorn stammen. Solche Stücke sind meist recht schlicht und oportunistisch ausgearbeitet worden. In dem Fall hier aus einem Klingensegment.

Ich stelle noch einige Bilder des gereinigte Fundbelegs mit ein und drei vom erstaunlich langen Klingenkratzerfragment mit zusätzlicher lateraler Retusche.

glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Wurde Rijkholt-Feuerstein in allen Phasen der Steinzeit bis in Dein
Fundgebiet benutzt - oder ist es nur im Neolithikum gefördert worden?

Gereinigt kann man die Details natürlich klar sehen - Das Bild vom Acker
bringt mehr 'Diese Sekunde Glücksgefühl ..." (Udo Jürgens) 'rüber.

mfg

Jan

thovalo

Zitat von: Steinkopf in 08. Oktober 2011, 10:32:23
Wurde Rijkholt-Feuerstein in allen Phasen der Steinzeit bis in Dein
Fundgebiet benutzt - oder ist es nur im Neolithikum gefördert worden?

Gereinigt kann man die Details natürlich klar sehen - Das Bild vom Acker
bringt mehr 'Diese Sekunde Glücksgefühl ..." (Udo Jürgens) 'rüber.

mfg

Jan


Der Rijkholtfeuerstein ist hier ab dem und nur im Neolithikum verwendet worden.

Über die lange Zeit des Neolithikums hinweg wurde diese Silexvarietät systematisch abgebaut, zunächst (LBK und Mittelneolithikum) obertägig, später (ab der Zeit der "Michelsberger Kultur")  auch "unter Tage" und über weite Strecken hinweg ausgetauscht. Dabei erlangte er insbesondere in der Distribution großformatiger Grundformen und Beilklingen weite Verbreitung.

Der Platz hier liegt weit mehr als 100 Kilometer vom Rohgesteinvorkommen entfernt.
Bei ca. 30 km Entfernung zu einem Rohgesteinvorkommen wird angenommen, das es in der Zeit innerhalb einer Tagesreise erreicht werden konnte. Auf diese Weise versorgten sich die Siedlungen in der Niederrheinischen Bucht" mit diesem Material und gaben es wohl von den nord-westlich nahen Siedlungen innerhalb der geschlossenen Siedlungskammer auf den fruchtbaren Mineralböden der Lößzone weiter.

Der Ort hier liegt bereits im "Niederrheinischen Tiefland" und hatte ein eigenes hoch effizientes Bezugssystem des Rijkholtfeuersteins das auf irgendeine Form des organisierten Austauschs zurück gehen muss. Der Platz war von dem Bezugssystem in der "Niederrheinischen Bucht" offenbar vollkommen unabhängig, denn hier gibt es schon allein im Oberflächenfundaufkommen der vergangenen 8 Jahre mehr Rijkholtsilexfundbelege als in irgendeiner der in den letzten Jahrzehnten hoch intensiv ergrabenen Siedlungen innerhalb der "Niederrheinischen Bucht".

Im Paläo- und Mesolithikum waren die zur Geräteproduktion verwendeten Rohgesteine in unserer Region
Quarzit, "nordischer" Feuerstein und Maaseisilex.


glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.