Beil aus Dänemark

Begonnen von Danske, 12. Januar 2016, 19:05:53

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Danske

Hallo ins Forum,

wie bereits bei meiner Vorstellung angekündigt, möchte ich heute meinen ersten Beilfund aus Dänemark zeigen. Das war im Sommerurlaub 1982. War ein absoluter Zufallsfund bei einer Radtour im Norden der Insel Seeland. Das Teil lugte mit der Schneide aus der Erde eines Ackers am Rand des Radwegs (niedriger Geländeabbruch). War mein erster Fund, damit begann meine Such- und Sammlerleidenschaft.

Hier die Maße:
Länge: 114 mm
Breite Schneide: 47 mm
Breite Nacken, gemessen 2 cm vom Ende aus: 40 mm
Größte Dicke: 15 mm
Dicke am Nacken: 13 mm
Gewicht: 141 gr

Nachdem ich seit Beginn des Jahres vang Petersens "Flint fra Danmarks oltid" habe, an dieser Stelle nochmals vielen Dank an Klaus, glaube ich, da fündig geworden zu sein. Ist echt ein Superbuch. Meines Erachtens handelt es sich um eine dicknackiges, dünnblattiges Beil, ähnlich Seite 116 f, Nr. 182.
Wegen der Nackenbreite hatte ich zuerst an ein Dünnnackenbeil gedacht, aber da nicht so recht was gefunden, was passt. Ich gehe mal davon aus, dass ein kleines Stück vom Nacken abgebrochen ist, das unregelmäßige Nackenende könnte darauf hindeuten. Damit wäre die Nackenbreite unter 40 mm.
Die Breitseiten sind von der Schneide aus bis zur Hälfte der Gesamtlänge gut geschliffen, dann lässt der Schliff deutlich nach und wird zum Nackenende hin immer schlechter.
Die Schmalseiten sind nur im Bereich der Schneide, etwa über eine Länge von 40 mm geschliffen, ansonsten ungeschliffen.
Die Schneide ist fast gerade und nur leicht konvex.
Im Längsschnitt ist das Beil leicht asymmetrisch.

Was mich noch beschäftigt, ist die Zeitstellung. Ich verstehe dabei nicht ganz vang Petersens Ausführungen, wobei ich sagen muss, dass mir das Übersetzen noch erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Soweit ich es verstanden habe, haben Dünnblattbeile aus der Ganggrabzeit immer ungeschliffene Schmalseiten und intensiv geschliffene Breitseiten. Die jüngeren Beile aus der Einzelgrabkultur und der Dolchzeit sind gröber gebrochen . Der Schliff der Breitseiten ist weniger intensiv und manchmal nur im Bereich der Schneiden. Geschliffene Schmalseiten kommen öfter bei Dünnblattbeilen aus der EGK und der Dolchzeit vor.
Heißt das nun, dass die Beile aus der Ganggrabzeit immer vollkommen geschliffene Breitseiten und ungeschliffene Schmalseiten und die Beile der EGK und Dolchzeit minder geschliffene Breitseiten und geschliffene Schmalseiten haben?
Was wäre dann mit dem gezeigten Beil, das hat nämlich minder geschliffene Breitseiten und ungeschliffene Schmalseiten. Das würde dann gar nicht zusammenpassen.

Stehe ich auf dem Schlauch, vielleicht könnt ihr mir helfen.

Grüße
Holger

Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

thovalo



Sehr ansprechend, anschaulich und eindrucksvoll erhalten. In meiner "hood" am rechten Niederrhein kommen die "nordischen" Beiklingentypen nicht vor, daher enthalte ich mich der typologischen Diskussion.

Erstaunlich wie sehr diese speziellen Traditionen ihre Grenzen hatten.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

Moin,

Zitat von: Danske in 12. Januar 2016, 19:05:53
[...]
Nachdem ich seit Beginn des Jahres vang Petersens "Flint fra Danmarks oltid" habe, ...Meines Erachtens
handelt es sich um eine dicknackiges, dünnblattiges Beil, ähnlich Seite 116 f, Nr. 182.
...
mit PVP bist Du ja bestens versorgt und mit Deiner Einschätzung "Dünnblatt" liegst Du auch soweit gut.
Allerdings ist es m. M. nicht "dicknackig".

Du darfst nicht erwarten, dass Du jedes gefundene Beil 1:1 in (D)einem Buch findest.
Es gibt Mischtypen, so ist auch Dein Beil eine Variante der Abb. 181, 182, 183, je nach Herstellung
und Abnutzung, ist es nicht immer eindeutig.
Auch gibt es bei den Dünnackenbeilen solche, die einen stumpfen Nacken haben (Abb. 163),
und wenn deren Blatt nicht besonders dick sind, sehen sie auch aus wie Dein Beil...

Also nicht immer einfach. Zeitstellung: Endneolithikum/Dolchzeit.
Die anderen Nordmänner werden es ggf. besser wissen.

Schönes Beil hast Du da gefunden - Glückwunsch  :Danke2:

Gruß

Jürgen

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

steinwanderer

Moin Holger,
im Großen und Ganzen hast du schon alles richtig verstanden.

Ich gehe davon aus das Dein Beil der Dolchzeit entspringt. Es weist zwar nur partiellen Schliff der Schmalseiten auf. Aber immer hin. Ein vollkommendes Schleifen der Schmalseiten war bei diesem so exakt geschlagenen Beiles auch gar nicht von Nöten.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

RockandRole

Hallo Holger

Da kann ich mich nur anschließen und zu dem tollen Fund gratulieren. Dass damit deine Leidenschaft geweckt wurde, kann ich gut verstehen!! :-)

Typologisch stehe ich leider auch auf dem Schlauch und kann nur lernen.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Steinkopf

#5
Hallo Holger 'Danske',

das ist ja ein tolles Fundstück! Bei meinem nächsten Urlaub werde ich wohl auch ein Fahrrad mitnehmen.

Bei PVP sind 'Typen' definiert. Der einzelne  Handwerker hat hier nicht immer so exakt die Normen erreicht.
     Leichte Variationen sind immer drin.

PVP Nr. 182, dritter Satz:
"Die jüngeren Beile  der Einzelgrab- und Dolchzeit sind gröber gearbeitet.
Der Schliff der Breitseiten ist nicht so  intensiv.
Manchmal ist sogar nur die Schneidenpartie geschliffen.
Andererseits sieht man bei Beilen der Einzelgrab- und Dolchzeit oft geschliffene Schmalseiten."

Soweit mein Übersetzungsvorschlag. Das passt doch bei Deinem Fundstück!

LG

Jan
         

Danske

Vielen Dank für die hilfreichen Antworten :Danke2:.

Klar, man darf nicht immer genau mit der Schieblehre arbeitend die Fundstücke in eine Kategorie pressen. Andererseits wäre es doch hilfreich, wenn die Hersteller Petersens Buch schon gekannt hätten, dann hätten sie auf Maß arbeiten können. Das würde uns das Bestimmen erleichtern :-) Wichtiger ist wohl die Grundform eines Beils.

Aber noch eine Frage: Bei den Dünnblattbeilen ist die Relation zwischen Nackenbreite (über 40mm) und Nackendicke (höchstens 40 % der Breite) und immer gemessen 20 mm vom Ende? also nicht immer maßgeblich für eine Einordnung in Dünnnacken oder Dicknacken, d.h., auch wenn ein solches Teil am Nacken schmaler ist, kann es auch als Dünnnacken gelten. Oder??

Das Beilchen fühlt sich übrigens in der Hand richtig "zart" und fast schon zerbrechlich an. Kaum zu glauben, dass damit gearbeitet werden konnte.

LG
Holger 
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Steinkopf

PVP Seite 111 über Dicknackige Beile:

"Flintbeile nennt man dicknackig, wenn die Dicke mindestens 40% der Nackenbreite beträgt.
Desweiteren ist die Nackenfläche anders als bei den dünnnackigen Beilen auf Schmal- und Breitseite zumeist rechtwinklig gearbeitet.
Die dicknackigen B. lösen die dünnackigen B. etwa Mitte der Jaettestuetid ab und sind danach noch in der restlichen Jaettestuetid
Einzelgrabzeit und Dolchzeit zu finden.

Soweit mein spontaner Übersetzungsvorschlag.
Dicknackig passt schon vom Erscheinungsbild her!

LG

Jan