Eine Klinge aus "ostbelgischen" Feuerstein: Pfeilschneidenausgangsform

Begonnen von thovalo, 07. Februar 2017, 19:57:57

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thovalo



Der bereits über mehr als ein Jahrzehnt systematisch begangene jungsteinzeitliche Zentralort am rechten Niederrhein auf dem am Samstag diese Klinge aufgelesen werden konnte ist der einzige, der bislang eine gleich hohe Anzahl von Pfeilschneiden gegenüber Pfeilspitzen überliefern konnte (aktuell über 300 : 300).

Die meisten Pfeilschneiden datieren in die Zeit des RSN (Rheinischen SpätNeolithikum) und bestehen aus dem für diese Zeitstellung im Rheinland als Exportmaterial überaus charakteristischen "ostbelgischen" Feuerstein.  Aus diesem Silex sind viele der Pfeilschneiden gefertigt worden, die am Ort weit überwiegend spätneolithisch (3.700 - 2.800 v. chr.) datieren. Der spezifische Silex wurde in diesem Zeitraum bevorzugt zur Herstellung von kleinformatigen Kratzern und Pfeilschneiden verwendet. Dazu wurde das Material gezielt an den Ort exportiert.

Es bestehen in Bezug auf die Gebrauchstradition von Pfeilschneide kultureller Beziehungen zur SOM-Kultur (Seine-Oise-Marne-Kultur), der "Gruppe von Stein" in Belgien und der Wartbergkultur in Hessen.


Viele der am Ort gefundenen Pfeilschneiden sind aus "ostbelgischen" Feuerstein gefertigt worden. Die am Samstag entdeckte Klinge ist ein wichtiger Fundbeleg für die Präsenz von Klingen aus "ostbelgischen Feuerstein" aus denen dann die Pfeilschneiden letztendlich vor Ort gefertig worden sind.


Die zu der Herstellung von Pfeilschneiden verwendeten Klingensegmente wurden wohl einfach quer von der Grundform der Klinge abgebrochen ....... insofern ein erfreulicher Fundbeleg.



lG thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

Moin,

tödlich aber schön  :super:

Herrjemine, 300 : 300  :irre: bei mir sind es  2 : 2, auf mehrere Fundplätze verteilt.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

thovalo



600 Silexprojektile auf "einen Fleck" konzentriert zu finden ist schon eher ungewöhnlich.

Kurios ist der Umstand, dass sich am Ort dann auch ein sehr frühes Zentrum fränkischer Herrschaft am Niederrhein ausbilden konnte, das selbst den Untergang des fränkischen Königreiches von Köln überdauern und bis zum Ende der Herrschaft Karls des Großen und seiner Söhne weiter bestehen konnte.


Wohl erst die Raubzüge der Wikinger leiteten im Verlauf des 9. Jhs. das langsame Ende der besonderen Stellung dieses rechtsrheinischen Zentralortes ein.

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.