Ein singuläres Artefakt vom rechten Niederrhein nah besehen

Begonnen von thovalo, 16. Juni 2013, 12:31:40

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thovalo

 :-)

Diese einzigartige "Spitze" fand sich vor einigen Jahren auf einem neolithischen Siedlungshügel am rechten Niederrhein.
Vergleichsstücke gibt es lediglich aus Polen.

Die näheren Zusammenhänge der Geschichte der Entstehung des Platzes werden in den kommenden Jahren wohl intensiver erfasst und erforscht werden.

Mit diesen Bildern habe ich mich bemüht mich in Bildern der höchsten Kunstfertigkeit der Steinbearbeitung bei der Ausführung dieses Objektes anzunähern.

Die Zeitstellung dieses Artefaktes ist unbekannt.
Der Siedlungshügel überliefert eine Besiedlungsgeschichte vom Mittel- bis zu Endneolithikum.


lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#1
 :-)

Verwendet wurde

"nordischer BRYOZOENfeuerstein"


Bild 893 Oben zeigt im Bereich der Spitze die "Gitterstruktur" eines fossilen Einschlusses.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Saxaloquuntur

Das zählt sicher zu den Stücken, die man nur einmal im Leben findet. Wenn es zur Datierung keine Sicherheiten gibt, wie sieht es mit der morphologischen Ansprache aus? Ist das ein Abschlag-gerät und ist vom Bulbus noch was zu erahnen? ( würde ich eher im Spitzenbereich vermuten) Welchem "Typus" werden denn die "polnischen Stücke" zu geordnet und gibt es dort vollständige? - Das war ja mal etwas länger, oder? Saxaloquuntur.

Steinkopf

Hallo Thomas,

wahrhaft meisterlich aus feinem Material herausgearbeitet!

So ein feines Stück ist doch sicher damals schon 'für die Vitrine' angefertigt worden?

Mir fällt da kein vergleichbarer Fund aus meiner Umgebung ein.

Danke für die schöne Fotostrecke!

Jan

thovalo

#4
Zitat von: Saxaloquuntur in 16. Juni 2013, 13:38:04
Das zählt sicher zu den Stücken, die man nur einmal im Leben findet. Wenn es zur Datierung keine Sicherheiten gibt, wie sieht es mit der morphologischen Ansprache aus? Ist das ein Abschlag-gerät und ist vom Bulbus noch was zu erahnen? ( würde ich eher im Spitzenbereich vermuten) Welchem "Typus" werden denn die "polnischen Stücke" zu geordnet und gibt es dort vollständige? - Das war ja mal etwas länger, oder? Saxaloquuntur.


Da hab ich offensichtlich die Basiszurichtung NICHT mit aufgenommen und reiche die fehlenden Bilder bei Zeiten nach!
Die Basis ist ebenso hoch fein retuschiert und zwar in der Art die einer Pfeilspitze entsprechen kann.

Orientiert man den Fundbeleg quer erscheint dieser Fundbeleg aber auch wie die Miniatur einer spitznackigen Beilklinge
mit fein zuretuschierter Schneidenpartie (das wäre in der Ausrichtung als schäftbare "Spitze" die Basis).

Es ist lediglich eine kleine Ecke der Basislinie rezent verloren gegangen.


Zu den polnischen Stücken versuche ich die Publikation hier aufzufinden und Bilder einzustellen.

Facharchäologisch gab es auch zu einem anderen singulären Fundbeleg des Platzes die Rückmeldung das nähere Vergleichsstücke nur aus Polen bekannt seien. Leider habe ich dazu bislang noch keine Literaturangaben bekommen.

Polen - rechter Niederrhein das ist räumlich nicht gerade "nahe liegend".

Weit reisend waren die Glockenbecherleute, die hier auch fein ausgearbeitete Projektile hinterlassen haben.
Aber da jetzt zu spekulieren ist noch zu früh.

So ein Fundbeleg ist wohl nur einmal im Leben mit im Fundspektrum aber ich habe noch ein paar Jahrzehnte!
Lass uns dann einfach nochmal drüber reden!  :zwinker:


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Zitat von: Steinkopf in 16. Juni 2013, 13:58:17
Hallo Thomas,

wahrhaft meisterlich aus feinem Material herausgearbeitet!

So ein feines Stück ist doch sicher damals schon 'für die Vitrine' angefertigt worden?

Mir fällt da kein vergleichbarer Fund aus meiner Umgebung ein.

Danke für die schöne Fotostrecke!

Jan



Es gibt die Annahme von Statussymbolik für lithische Artefakte aus ungewöhnlichen Materialien
und weit überdurchschnittlich aufwendig und fein bearbeitete Stücke in atypischen Formen.

Dieser Fundbeleg gehört zweifellos mit dazu.
Das Material ist transluzid glasartig.
Die Form ist extrem fein und weit überdurchschnittlich aufwendig ausgearbeitet.


Das Fundgelände hat bereits für alle vorhandene Kulturerscheinungen extrem seltene Fundbelege erbracht die als Güter mit Prestige- und Symbolwert angesehen werden:

- einen mittelneolithische Geröllkeulenkopf der "Rössener Kultur"
- den sekundär bearbeiteten Beleg einer jungneolithischen Prunkbeilklinge aus Italienischer Jade der "Michelsberger Kultur"

und dann die beiden sicher eher in einem jüngeren bis endneolithischen Zusammenhang zu sehenden Sonderformen, zu denen diese Spitze mit gehört.


lG thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Saxaloquuntur

"Statussymbol" dachte ich auch, habe das aber nicht geschrieben. Absichtlich. Es geht ja wie alle wissen immer dann dieses Wort die Runde, wenn die Erklärung fehlt. Es sei denn es kommt auch "Kinderspielzeug" in Frage und ist synonym mit dem ratlosen Archäologen. Aber Scherz beiseite. So etwas Aufwendiges und akribisch Vollkommenes- da sträubt sich auch mir der Gedanke, es könne etwas Profanes sein. S.

thovalo

#7
Zitat von: Saxaloquuntur in 16. Juni 2013, 13:38:04
Das zählt sicher zu den Stücken, die man nur einmal im Leben findet. Wenn es zur Datierung keine Sicherheiten gibt, wie sieht es mit der morphologischen Ansprache aus? Ist das ein Abschlag-gerät und ist vom Bulbus noch was zu erahnen? ( würde ich eher im Spitzenbereich vermuten) Welchem "Typus" werden denn die "polnischen Stücke" zu geordnet und gibt es dort vollständige? - Das war ja mal etwas länger, oder? Saxaloquuntur.


Hat was gedauert das als link aufzufinden:


http://www.iaepan.edu.pl/archaeologia-polona/keyword/17


Darin der Titel:

Kupferzeitliche Silexspitzen im nord- und westpontischen Raum


Über Projektile im pontischen Raum:
pontisch = dem Schwarzmeer zugehörig

................  in einer polnischen Publikation!


lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Pipin

Danke für die Bilder! Ein wirklicher Hingucker :super:
LG Christian

thovalo

 :-)

Ja, das ist es auf jeden Fall!

Ich bin noch nach einigen Jahren nach dem Auffinden fasziniert das diese relativ kleine Form derart komplex, fein und defizil ausgeführt werden konnte.

Je mehr ich lerne wie schwierig und aufwendig die Ausführung einer solchen aufwendigen Feinarbeit gewesen ist umso mehr kann ich das schätzen!

Auf dem Fundbeleg fand sich auch die Nackenpartie einer Streitaxt der Einzelgrabkultur.
Der Fundpunkt liegt auf einem im Gelände exponiert gelegenen Siedlungshügel der über 3000 Jahre neolithische Besiedlung dokumentiert.

Beide Fundbelege würden in der Fundsituation perfekt in die Bestattung einer sozial besonders deutlich herausgehobenen Persönlichkeit passen können. Leider sind Beides Oberflächenfunde ohne das ein Zusammenhang zwingend nahe gelegt werden kann.

lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Saxaloquuntur

Wie ließ Goethe einst den Faust sprechen? " Geheimnisvoll am lichten Tag, lässt sich ( der Stein) des Schleiers nicht berauben...und was (er) deinem Geist nicht offenbaren mag, das zwingst du (ihm)  nicht ab, mit Hebeln und mit Schrauben."
Na ja, ich hab die Natur weg gelassen und einen Stein eingesetzt.  :heul:S.

thovalo

Zitat von: Saxaloquuntur in 20. Juni 2013, 20:49:51
Wie ließ Goethe einst den Faust sprechen? " Geheimnisvoll am lichten Tag, lässt sich ( der Stein) des Schleiers nicht berauben...und was (er) deinem Geist nicht offenbaren mag, das zwingst du (ihm)  nicht ab, mit Hebeln und mit Schrauben."
Na ja, ich hab die Natur weg gelassen und einen Stein eingesetzt.  :heul:S.

Aktualisierte Poesie

"Litho-Poetik"!    :super:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.