Beilbruchstück mit schräger Schneide

Begonnen von rolfpeter, 30. August 2006, 19:40:48

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

rolfpeter

Servus Freunde,

das Schneidenteil einer geschliffenen Beilklinge aus Valkenburger Flint. Hier sieht man deutlich die fast sandsteinartige Struktur dieses für Beile sehr geschätzten Materials aus dem südlichsten Teil der Niederlande. Wo die Klinge geschliffen ist, hat sie einen matten Glanz, an den Seiten eine ausgesprochen rauhe Oberfläche. Ist aber Feuerstein!
Eine Besonderheit ist die schräggestellte Schneide. In der Literatur habe ich Fundberichte von 2 weiterne Beilklingen ähnlicher Geometrie und Größe aus der Region gefunden. Also Querschnitt oval mit ausgeprägt angeschliffenen Seiten, Breite ca 4 cm, Länge im Original etwa 12 cm und die schräge Schneide.
Ich habe die mir zur Verfügung stehende Literatur durchgesehen, aber nur die beiden Altfunde aus den 50er Jahren gefunden.

Kennt jemand ähnliche Beilklingen?

Danke und beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Leider kenn ich die nicht, Rolf-Peter,
Stellt sich bei Dir, angesichts Deiner vielen Beilklingenfunde, noch dieses indifferente, unbeschreibliche Gefühl ein weswegen wir hier alle unterwegs sind?   
SuperTeil!!
Und was mich noch interessieren würde: Wem zeigst Du das Ding  zuallererst?
Früher heuchelten die Leute in meiner Bekanntschaft immer Interesse.... aber inzwischen sind sie müde geworden und können der Faszination solcher  und ähnlicher Vorgeschichtsfunde keinen "Fungewinn" mehr abgewinnen bzw. "ihn" vorgeben.
Bei mir kommt zuerst meine kleine Tochter dann der Kreisarchäologe und dann das LfD

Danke für das  Teil
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo rolfpeter !!  :-)

Ich weiss, dass deine Fundlandschaft und meine nicht unmittelbar verglichen werden können !!

...aber trotzdem gibt es eine bemerkenswerte Parallelle hier bei uns.

Ich habe mal meine "Flint-Bibel" durchsucht, und dieses gefunden:

(Dänische Terminologie direkt übersetzt  :engel:)

Recht-Beil von Einzelgrabtyp.
In jütländischen Einzelgräber aus der frühen und mittleren Einzelgrabzeit (Grubenkeramische Kultur, 2800-2600 BC) werden schwere, dichnackige Recht-Beile gefunden, die in form B-Beile ähneln, aber technisch gesehen deutlich schlechter sind. Viele haben hängende Schneiden (schräge). Die Einzelgrabbeile sind, im Gegensatz zu den B-Beilen oft aus grobem Danien-Flint hergestellt. Die Verarbeitung wirkt primitiver, und grosse abgequetschte Partien werden oft gesehen. Oft wird eine leichte Schleifung der Breitkanten gesehen, und die Seitenkanten sind auch oft geschliffen, aber generell ist die Schleifung etwas oberflächlich. Längen 9-24,5 cm.

(Hoffe dies war einigermassen verständlich  :-) )

Wäre ja interessant, wenn deine übrigen Funde die Datierung bestätigen könnten ????




rolfpeter

Vielen Dank  :prost:

@ Edi:
Ja, es gibt dieses Gefühl auch bei mir!
Zuerst zeige ich es meistens meinem treuen Hund. Den scheint es aber nicht besonders zu interessieren.
Daheim zeige ich es meiner geliebten Frau, die freut sich solidarisch mit!
Kreisarchäologen gibts keine.
So ca. halbjährlich lege ich die Funde dann mit recht ausführlicher Dokumentation dem AmV im Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege vor. Der freut sich auch, hat aber wenig Zeit, (schenkt sie mir aber, was ich in allerhöchstem Maße anerkenne!). Es gibt für den gesamten linken Niederrhein ab Landesgrenze Rheinland Pfalz bis kurz vor Xanten (außer Stadt Köln) nur noch 2 studierte, im Denkmalschutz operativ tätige Archäologen. Die müssen sich vom versteinerten Panzerfisch bis zum Nazi-Westwallbunker um alles kümmern... Wie gesagt, keiner wills bezahlen, Archäologen gäbe es genug!

@agersoe:
Vielen Dank für den wertvollen Denkanstoß! Meistens finde ich an der Fundstelle Jungneolithikum/Michelsberg. Aber es könnte ja jemand drübergesiedelt haben. Endneolithische geflügelte Pfeilspitzen gibt es hier ja auch. Ich werde die Sache weiterverfolgen!
Hier sind die Bilder der Altfunde. Deine Zeichnungen sind natürlich schöner! Aus welchem Buch stammt die Zeichnung? Was ist die Flint-Bibel?

P.S. Es war sehr verständlich! Gratulation, Du schreibst besseres Deutsch, als manch ein junger deutscher Oberschüler! :belehr:

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger

Zitat von: rolfpeter in 31. August 2006, 08:39:40

Aus welchem Buch stammt die Zeichnung? Was ist die Flint-Bibel?


Hallo wieder rolfpeter !!  :-)

Das Buch, das ich "meine Flint-Bibel" nenne, ist das kleine Meisterwerk: Flint fra Danmarks oldtid (Flint aus Dänemarks Altertum) von Peter Vang Petersen,
Verlag: Høst og Søn ISBN 87-14-29268-8  :winke:

Khamsin

Hi Jungs!

Der Abbau von Valkenburger-Flint datiert ähnlich wie der von Lousberg-Flint in die Mitte des 4. Jahrtausends B.C. (Spätneolithikum). Klingen aus Valkenburg-Flint sind die grössten, die es im Rheinland je gegeben hat. Sie werden allenfalls erreicht, vielleicht sogar noch übertroffen, von solchen aus Felsgestein, wobei deren Datierung noch gar nicht klar ist. Es dürfte nicht wundern, wenn Letztere auch in diesen Zeithorizont fielen.

Aus ergonomischen Gründen ist immer davon auszugehen, dass alle Beilklingen (sowohl Parallel-, als auch Querbeilklingen) eine zum Restkörper symmetrisch orientierte Schneide besassen. Wie also kommt es zu solchen Schrägstellungen der Schneide. Die Antwort liegt auf der Hand: Die Stellung ist durch einen harten und langdauernden Einsatz der Beile und fallweise Beschädigungen am dünneren, zum Rand hin liegenden Schneidenabschnitt zu erklären. Aus arbeitsökonomischen Gründen verständlich wurden nur die dort ausgebrochenen Partien nachgeschliffen, was notgedrungen bzw. konsequent zu einer Schrägstellung führte.

Konkret heisst dass, dass es Beilklingen mit bewusst schräg angelegten Schneiden nicht gab und übrigens auch heute nicht gibt!

Beste Grüsse
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

rolfpeter

Zitat von: Khamsin in 02. September 2006, 20:11:32


Konkret heisst dass, dass es Beilklingen mit bewusst schräg angelegten Schneiden nicht gab und übrigens auch heute nicht gibt!

Beste Grüsse

Siehe hier:
http://www.feinewerkzeuge.de/grans.htm
Bildhauerbeil, Tomahawk, Skandinavische Bartaxt.

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger

Zitat von: Khamsin in 02. September 2006, 20:11:32

Aus ergonomischen Gründen ist immer davon auszugehen, dass alle Beilklingen (sowohl Parallel-, als auch Querbeilklingen) eine zum Restkörper symmetrisch orientierte Schneide besassen. Wie also kommt es zu solchen Schrägstellungen der Schneide. Die Antwort liegt auf der Hand: Die Stellung ist durch einen harten und langdauernden Einsatz der Beile und fallweise Beschädigungen am dünneren, zum Rand hin liegenden Schneidenabschnitt zu erklären. Aus arbeitsökonomischen Gründen verständlich wurden nur die dort ausgebrochenen Partien nachgeschliffen, was notgedrungen bzw. konsequent zu einer Schrägstellung führte.

Konkret heisst dass, dass es Beilklingen mit bewusst schräg angelegten Schneiden nicht gab und übrigens auch heute nicht gibt!


Hallo Khamsin !!

Also es wundert mich doch sehr, dass du so einen Quatsch schreiben kannst !!!  :platt: :irre:

Wieso sollte man vom Anfang an aus ergonomischen gründen ein Beil gerade machen, und dann aus arbeitsökonomischen Gründen schief nachschleifen. Es dauert für einen guten Flintschmied nur wenige minuten die Kante wieder symmetrisch und parallel zu machen, und danach konnte nachgeschliffen werden.

Es wundert mich auch, dass du nicht weisst, dass es schon in der Steinzeit Beile / Äxte aus Flint mit bewusst schräg angelegten Schneiden gab.

Hier mal ein schöner Flintstreiaxt aus Dänemark:

 

Khamsin

Moin!

@agersoe: Sie mir bitte nach, dass ich erst jetzt auf Deinen Kommentar antworte, was ich hiermit gerne nachholen will.

In der Tat kann man bei meinen Ausführungen, auf die Du Dich beziehst, einen Widerspruch sehen und sich fragen, was das für ein "Quatsch" ist. Ich hätte das offensichtlich anders formulieren müssen, um meine Idee rüberzubringen. Hier also ein zweiter Versuch:

- Grundsätzlich müssen wir unterscheiden zwischen den Herstellern und den Endverbrauchern. Was ich meinte und nach wie vor meine ist, dass die Hersteller a priori eine symmetrisch zum Klingenrestkörper orientierte Schneide angelegt haben.

Was dann später, und zwar nach z.T., wie uns die Gebrauchsspurenanalyse (brilliant in Dänemark Helle Juel Jensen!) lehrt (Stichwort "Holzpolitur"), erstaunlich langem und intensiven Einsatz der Beile (als Kompositgerät) durch den Endverbraucher geschah, ist eine ganz andere Sache.

Der Beleg dafür ist m.E.
a) die nachgerade überwältigende Zahl an Beilklingen-Halbfabrikaten mit entsprechend symmetrisch orientierten Schneiden und
b) der Umstand, dass benutzte Beilklingen mit überdeutlicher Schrägstellung der Schneiden ohne jede Frage und ganz eindeutig in der Minderheit sind. Dagegen sind benutzte Beilklingen mit schwacher asymmetrischer Schneidenstellung überhaupt keine Seltenheit. Letzteres hat ja dazu geführt, in diesem Merkmal Spuren der Handhabung bzw. Gebrauchsspuren zu sehen.

- Die von Dir als Gegenargument angeführte ostjütländische "Streitaxt" aus Flint ist ein in jeder Hinsicht faszinierendes Stück! Und sie lässt unbestritten eine Asymmetrie der Schneiden erkennen.

Nun fügt es sich, agersoe, dass ich mich ein wenig mit der Fachliteratur auskenne. Ein Griff ins Regal in meiner Bibliothek, kurzes Blättern, und siehe da, da ist das gute Stück Nr. 192 auf Seite 120. Natürlich besitze ich seit 1993 ein Exemplar des in jeder Hinsicht ausgesprochen empfehlenswerten Buches meines landjährigen Freundes P.V. Petersen, Flint fra Danmarks Oldtid, Kopenhagen 1993. Ein Blick in den beschreibenden Text bestätigt meine bereits vorher entstandene Vermutung. Und die wird durch die Überschrift zu diesem Kapitel noch deutlich unterstrichen.

Und jetzt hilf mir bitte, agersoe, aber meinst Du nicht, es wäre im Hinblick auf eine faire Argumentation Deinerseits richtig gewesen, nicht nur die Abbildung, sondern auch die Überschrift mit zu scannen oder ihre Bedeutung für das Stück wenigstens im Text zu erwähnen?

Die Überschrift lautet "Saerformer". "Saer" bedeutet ins Deutsche übersetzt "befremdend, kurios, seltsam, sonderbar", so dass man "Saerformer" - bitte korrigiere mich, agersoe, wenn das nicht zutreffen sollte - mit "Sonderformen" übersetzen könnte. Auch die Beschreibung offenbart unbedingt, dass dieses Stück alles andere als häufig ist, beginnt sie doch mit dem Wort "Sjaelden". Ich glaube nicht, dass man Dänisch beherrschen muss, um zu wissen, dass dieses Wort auf Deutsch "selten" bedeutet. Mehr brauche ich wohl nicht zu der Argumentationskraft und -bedeutung dieses Stückes im Zusammenhang mit meiner o.g. Ansicht zu sagen.

Vor diesem Hintergrund wirst Du mir gewiss zustimmen, agersoe, dass dieses Stück eine Ausnahme darstellt, die die von mir oben dargelegte Regel hinsichtlich der Schneiden-Symmetrie eher bestätigt als widerlegt.

Gewiss, ich hätte in meinem ersten Text deutlicher machen sollen, dass ich natürlich keine Sonderformen, sondern alle profanen Beilklingen, sozusagen für den täglichen Gebrauch, meine. Das war sicher mein Fehler, für den ich um Nachsicht bitte.

Eine Bestätigung meiner Feststellung findest Du übrigens zwanglos, wenn Du vielleicht noch einen Blick in die Kapitel "Tyndnakkede ökser" (S. 105-110 ) und dort auf die Zeichnungen Nrn. 156-167 sowie das nachfolgende Kapitel "Tyknakkede retökser" (S. 111-117) und dort auf die Zeichnungen Nrn. 168-183) wirfst. Also, wenn das nicht schönste längsachsenbezogene Symmetrie der Schneiden ist, was könnte es dann noch sein!?

Gut, das war die Herstellerseite. Die Endverbraucherseite ist eine ganz andere Sache. Und dass es da immer einmal wieder Jungs gab, denen es - im Hinblick auf die Handhabung - offensichtlich ziemlich egal war, wenn einmal eine Schneide nach dem schnellen Nachschleifen z.T. auch deutlich schief stand, liegt sozusagen innerhalb der statistischen Standardabweichung. Aber auch das ist eher die berühmte Ausnahme, die die Regel (s.o.) nicht zu widerlegen in der Lage ist.

Last but not least, agersoe, stimme ich Dir nur zu gerne zu, dass die Reparatur einer ausgebrochenen Beilklingen-Schneide sicher keine grosse Sache war. Hab ich auch schon des öfteren gemacht, und natürlich geht das relativ schnell und einfach. Freilich - und das lehren uns ja die von RP gezeigten Stücke und sonstige, tendenziell vergleichbare aus der Literatur - einigen Jungs war das offensichtlich ebenfalls ziemlich egal; vielleicht waren das auch keine versierten "Flintschmiede". Jedenfalls haben die ihre Schneiden durch schräges Anschleifen repariert. 

Fazit: agersoe, wenn Du meine vorherige - zugegebenermassen nicht ausformulierte - Ausführung als "Quatsch" bezeichnest, wie möchtest Du dann die Methodik Deiner "Streitaxt"-Argumentation gewertet wissen?

Wie immer, beste Grüsse   

"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Der Wikinger

Hallo Khamsin  :-)

Was ich ein bisschen grob als Quatsch bezeichnet habe, war einzig und allein die Statement von dir:

"Konkret heisst dass, dass es Beilklingen mit bewusst schräg angelegten Schneiden nicht gab und übrigens auch heute nicht gibt!"

...was ja auch die Posting mit Link von Rolfpeter bestätigt.

Gleicherweise wollte ich mit dem ja, seltenen Streitaxt zeigen, dass es auch in der Steinzeit Beile mit schräg angelegten Schneiden gab.

.........
Eine Bestätigung meiner Feststellung findest Du übrigens zwanglos, wenn Du vielleicht noch einen Blick in die Kapitel "Tyndnakkede ökser" (S. 105-110 ) und dort auf die Zeichnungen Nrn. 156-167 sowie das nachfolgende Kapitel "Tyknakkede retökser" (S. 111-117) und dort auf die Zeichnungen Nrn. 168-183) wirfst. Also, wenn das nicht schönste längsachsenbezogene Symmetrie der Schneiden ist, was könnte es dann noch sein!?

Ich habe nie bestritten, dass die Flintschmiede nach Symmetrie strebten !! Das zeigen ja 100-Tausende von Funden deutlich.

Ich finde es jedoch nicht bewiessen, dass EINIGE Arbeits-Beile, wie auch die modernen in Rolfpeters Link, nicht vom anfang an BEWUSST schräg gemacht worden sein könnten, um besondere Aufgaben zu lösen, die eine Winkelung forderten.

rolfpeter

Zitat von: agersoe in 11. September 2006, 20:11:18


Ich finde es jedoch nicht bewiessen, dass EINIGE Arbeits-Beile, wie auch die modernen in Rolfpeters Link, nicht vom anfang an BEWUSST schräg gemacht worden sein könnten, um besondere Aufgaben zu lösen, die eine Winkelung forderten.


Dieser Meinung möchte ich mich ausdrücklich anschließen. Das Gegenteil möge bitte bewiesen werden!

beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert