Pseudoartefakt

Begonnen von Lutze, 01. November 2005, 19:58:19

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Lutze

Angesteckt durch eure Besprechungen habe ich meine Augen seit ein paar Tagen auch für Flint geöffnet. Folgendes Stück fand ich im Wald. Es hat  sogar eine Rinde.
Mir ist klar, daß es nicht bearbeitet ist. Dennoch wäre es meiner Meinung so wie es ist, brauchbar.
Als Schaber liegt es gut in der Hand. (ich weiß Khamsim, davon hälst Du nicht viel). Daumen und Zeigefinger lägen gut an den Seiten an, die Steigung vorne würde beim Schaben das abgeschabte Material nach oben weggleiten lassen.
Deshalb meine eigentliche Frage. Müssen einfache Werkzeuge immer so retuschiert sein, wie ihr hier sie zeigt?

Anbei drei Bilder, die leider wegen der Nahaufnahme nicht so scharf geworden sind.
Das letzte Bild ist eine Negativfarbbearbeitung.

Lutz

Rambo

Warum sollen es immer Retuschen sein ?
Hier ein Stück welches ins Neolithikum datiert wird und auf welchem man auch noch die Rinde erkennen kann und keine Rutsche ist auf der "Schneide"
Im bin auch der Meinung das es nicht viel zu sagen hat,  wenn ein Stück gut in der Hand liegt  :engel:
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Khamsin

Moin!
Rambos Stück ist ein Artefakt, wie die Unterseite gut zu erkennen gibt, ein Abschlag. Im übrigen scheint mir das schöner Hornstein zu sein.
Das obere Stück ist tatsächlich ein naturefact, und zwar ein sog. Frostbruch, besser thermische Abplatzung. Das sieht man besonders gut auf dem 2. Foto, wo schon früher einmal ein sog. potlid, also ein rundlicher Abhub abgeplatzt ist. Charakteristisches Merkmal solcher potlids ist ihre zumeist rundliche Form und die auf dem entsprechenden Negativ erkannbaren runden "Schlag"wellen, in deren Zentrum cum grano salis sich immer eine winzige Erhebung befindet.

Es ist unbestritten, dass es Artefakte in Form von Grundformen, also Abschlägen und Klingen gibt, die ohne jegliche intentionelle Retuschierung als veritables Gerät gebraucht worden sind; bei den Archäologen hat sich dafür die Bezeichnung "ad hoc Gerät/Artefakt" eingebürgert. Vom zumeist schabenden/spanabhebenden oder schneidenden Gebrauch zeugen feine bifaziale Aussplitterungen oder je nach Einsatzdauer auch Glanzzonen. Werden solche Stücke einer Gebrauchsspurenanalyse unterzogen, dann lässt sich oft das bearbeitete organische Material bestimmen.
Freilich: solange solche Analysen nicht gemacht worden sind, ist eine Funktionszuweisung eines solchen Fundes nicht möglich bzw. bleibt Spekulation.
Beste Grüsse
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Rambo

Danke Khamsin  :super:
Ich weiß schon, das mein Stückerl ein Artefakt ist, ich wollte es nur als Beispiel zeigen, das es ist nicht retuschiert ist.
Übnrigens dürfte der Hornstein aus der Steiermark sein, nur woher.. darüber rätseln unsere Geologen noch herum.
Gruß Rambo
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