Ein kleine sehr feine Pfeilschneide vom rechten Niederrhein

Begonnen von thovalo, 16. Oktober 2021, 15:42:43

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thovalo



Hallo!

Pfeilschneiden finden sich am Rhein außerordentlich selten und nur auf einem Fundgelände im Rheinland und am Niederrhein überhaupt in größerer Anzahl.

Die vergangenen Tage kam auf diesem Fundgelände wieder eine dazu. Sie lag abgeregnet an der Oberfläche, ist 2 cm lang und hat kein noch so kleines Eckchen an Substanz verloren.

liebe Grüße
Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiesenläufer

Moin Thomas,

das ist wirklich eine kleine, feine Pfeilschneide und beide Seiten retuschiert.  :super:

Doch, warum sind die so außerordentlich selten am Rhein ?
Gibt es dafür einen bestimmten Grund ?

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

thovalo

#2
Zitat von: Wiesenläufer in 16. Oktober 2021, 17:36:34
Moin Thomas,

das ist wirklich eine kleine, feine Pfeilschneide und beide Seiten retuschiert.  :super:

Doch, warum sind die so außerordentlich selten am Rhein ?
Gibt es dafür einen bestimmten Grund ?

Gruß

Gabi


Sie kommen im Rheinland in keiner Kultur vor und gehörten nicht zum festen Bestandteil der Pfeilbewehrungen.

Es gab bisher einige wenige (unter zehn) in alt- und mittelneolithischen und einige wenige (drei) in Bischheimer Befundzusammenhang im gesamten Rheinland. Das war es bislang.

Der Fundplatz am Rhein überliefert dem gegenüber alleine weit über 350 Belegstücke nur an Pfeilschneiden UND fast ebenso viele Pfeilspitzen.

Die Region liegt zwischen den Traditionsgebieten der Trichterbecherkultur und Wartbergkultur mit Pfeilschneiden im Osten und der "Gruppe von Stein" mit Pfeilschneiden im Westen. An der Seine und Oise, dem Herkunftsgebiet der Michelsberger Kultur, sind sie ebenfalls etabliert.

Irgendeine der Pfeilschneiden gebrauchenden Gruppen muss hier einen sehr starken Einfluss im eigentlichen PfeilSPITZENgebiet gehabt haben. Da sie sich über das gesammte Fundgelände verteilt finden, sind das wohl nicht die Überreste eines kämpferischen Angriffs auf die "Pfeilspitzenleute", sondern sie gehörten zum "Geräteset" einer hier siedelnden Bevölkerung, die durch den Gebrauch der Pfeilschneiden eine Tradition aufweisen, die nicht regional entstanden ist.

Ich warte und hoffe darauf, mal den Rand einer Kragenrandflasche zu finden. Dann würde sich eine weiteres kulturelles Element zeigen, das zu den Pfeilschneiden gut passen würde. Aber trotz der sehr akribischen Suche mit tausenden Keramikfragmente war noch keine Kragenhalsflasche dabei.

Es ist aber auch so, das noch auf keinem anderen Fundgelände in Deutschland, der Maasregion oder an Seine und Oise eine so hohe Funddichte von Pfeilschneiden dokumentiert worden ist. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass sie sich auf dem Fundgelände am Rhein weiterhin in großer Regelmäßigkeit finden werden.

Es gibt dort sämtliche Formen und Formate, von klein bis groß, rechteckig bis stark "tailliert".
Soweit ich mich erinnern kann, ist nicht eine einzige PfeilSchNEIDE von Ort verbrannt gewesen.
Das ist auch eine Besonderheit, denn verbrannte PfeilSPITZEN kommen durchaus vor.

Die Zuordnung der Pfeilschneiden ist bislang eine offene Frage und ein ungelöstes Rätsel.


liebe Grüße
Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiesenläufer

Moin Thomas,

sehr interessant deine Ausführung!

Wenn ich vielleicht auch etwas falsch liege, hört sich für mich an wie eine Schnittstelle zweier Kulturgruppen oder ein siedlungsfreies Gebiet in das sich diese Gruppe etabliert hat.

Spannend!

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

thovalo

Zitat von: Wiesenläufer in 17. Oktober 2021, 04:45:01
Moin Thomas,

sehr interessant deine Ausführung!

Wenn ich vielleicht auch etwas falsch liege, hört sich für mich an wie eine Schnittstelle zweier Kulturgruppen oder ein siedlungsfreies Gebiet in das sich diese Gruppe etabliert hat.

Spannend!

Gruß

Gabi


Ja, zwischen den Gebieten und ich denke die Gruppe die Pfeilschneiden geführt hat wird für eines der beiden Produkte die hier ausgetauscht worden sind stehen, entweder für das Salz aus der Hellwegzone (Soester Börde) oder für den Feuerstein aus dem Maasgebiet.


In Italien nennt man das eine "via del selce" und eine "via del sale", eine Feuerstein- und Salzstraße. Für Süddeutschland und Italien sind solche "Salz- und Feuersteintraßen" schon lange bekannt und gut dokumentiert.


liebe Grüße
Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.