Echt fett!

Begonnen von rolfpeter, 24. August 2006, 14:25:30

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rolfpeter

Servus Freunde,

ich weiß ja nicht, wie ihr sammelt, aber wenn man so langsam am statistisch letzten Lebensviertel schnuppert wie ich, dann bückt man sich nicht mehr gerne für jeden Mist. Also wende und drehe ich die meisten Steine zuerst mal mit der Fußspitze, eh ich den Buckel krümme.
So auch bei diesem Stück. Aber ich konnte kicken wie Beckham, nix hat sich bewegt. Messer raus und gebuddelt. Zutage kam dieser (mein erster vollständig erhaltener) Mahlstein. Durchaus noch nicht am Ende seiner Lebenserwartung, aber schon länger nicht mehr aufgearbeitet, die Bahn ist glatt wie ein Kinderpopo.
Der Fundkontext ist in dieser Gegend des Rheinlandes übrigens linearbandkeramisch.

Maße 40*17*10 cm, Gewicht 7,5 kg
Material ist der für die hiesigen neolithischen Mahlsteine typische Eschweiler Kohlensandstein.

Nun bitte ich doch um eine Hilfe von euch Schiebermühlenexperten. Ist das ein Lieger oder ein Läufer?

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

wühlmaus

Hi rolfpeter

auch als nicht Experte: Ganz eindeutig ein "Lieger" und zwar ein wunderschöner!!!

Die dazu gehörenden Reibsteine waren kleiner, "handlicher". Auch die Wölbung nach Innen spricht eine eindeutige Sprache.

Herzlichen Glückwunsch!!!

ciao
das Wühlmäusle

Silex

so ein jungfräulicher unbeschadeter Unterlieger  kommt einem selten unter die Hufe.... Ein einziger liegt bei meinen Eltern im Garten der annähernd so  unverletzt ist wie Deiner..... Erst in den letzten 3 Jahren  hab ich diese faszinierenden Trümmer  als wertvolles Fundgut erkannt und mitgenommen (in den elterlichen Garten).
Und genau wie Du es beschreibst, R.P.,  gehts auch bei mir....  Die Dinger liegen fast immer auf dem Bauch oder stecken schräg in der Erde weil  eben frisch ausgeackert- wenn sie zu weit herausschauen nimmt sie der Bauer oft gleich vom Acker und dann ist so ein Monument verloren.
Was da an Arbeit, Mythen und Alltagsgeschichte dranhängt kann man heute wohl kaum mehr ermessen...eine Mama-  mit bisweilen hungrigen Kinderaugen rundherum- kniet sich die Knochen kaputt- vielleicht ein altes Lied- Gebet summend.......
Und das verbackene Mahlgut samt Mahlsteinabrieb sorgte dafür  dass die Menschen mit 20 nur noch mit abgekaute Ministummeln in den Kiefern  leben mussten.
Bei uns sind etliche Fundstücke bekannt geworden die  deutliche artifizielle (kultische) Einritzungen auf der Mahlfläche aufwiesen- jedoch konnte nie Genaueres darüber herausgefunden werden...
Für mich sind das  auch wirklich "fette Teile" weil  ein Mahlstein,  neben dem Herd, wohl das Zentrum einer Familie oder Sippe darstellte.

Ich hab jetzt auch schon 12 Stück (bei den Eltern im Garten)

Mahlzeit

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Tja Jungs (ist Wühlmaus männlich?), egal, ich glaube auch an einen Unterlieger.

Aber alle Fragen sind noch nicht beantwortet.
Warum schmeißt man einen solch veritablen Mahlstein weg? Vielleicht bei der toten Omma als Grabbeilage? Das Material mußte aus ca. 30 km herangeschleppt werden und so stellte der Stein sicherlich einen gewissen Wert dar.

@Edi
Ich habe hier gerade ein interessantes Buch vom Hessentag in Heppenhein 2004. Da hat der "Verein Bandkeramisches Aktionsmuseum e.V." 10 Tage Bandkeramiker gespielt. Und nachher hat Jens Lüning ein wirklich lesenswertes Buch "Die Bandkeramiker" herausgegeben.
Im Kapitel zu den Schiebemühlen wird ausgeführt, daß die Qualität des LBK-Mehles durchaus die des heutigen Mehles erreichte und nicht voller Gesteinsstaubes war. Experimente zeigen, daß sich der Klang der Mühle, wenn der Läufer den Unterlieger berührt, ändert und man dann Getreide nachlegte. Eigentlich logisch - oder? Man will ja schließlich auch die Beißerchen schonen  :frech:

Habe das Buch gerade am vergangenen Sonntag für 12,50 ergattert, hat 304 Seiten und ist alles drin zur Bandkeramik, was man so braucht als Steinesammler.


Beste Grüße
und Danke
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert