Silex vom Römeracker

Begonnen von archfraser, 22. September 2011, 10:33:28

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archfraser

Hi

Manchmal findet man auch etwas Unerwartetes.
Ich denke, es wird wohl ein Kratzer gewesen sein?
Ich habs jetzt nur mal schnell gescannt. Wenn ihr weitere Fotos braucht, gebt mir Bescheid.
Es ist 2,7cm lang und 1,4cm breit.

archfraser
,,Es mag sein, dass wir durch das Wissen anderer gelehrter werden. Weiser werden wir nur durch uns selbst."

Michel de Montaigne

Fischkopp

Hallo archfraser,

Ich kann leider keinen Kratzer erkennen. Die Retusche sieht mir auch ein wenig
unretuschig aus.

LG Fischkopp

archfraser

#2
Zitat von: Fischkopp in 22. September 2011, 19:17:29
Die Retusche sieht mir auch ein wenig
unretuschig aus.

Hallo und danke Fischkopp

Ich denke eigentlich schon dass (unten rechts) Retuschen zu sehen sind.
Es scheint allerdings ein grösseres Stück ausgebrochen (Frost, Pflug...?) zu sein.

Ich wundere mich wo all die Steinexperten hin sind!?

archfraser
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Michel de Montaigne

steinwanderer

Moin Archfraser,
ich meine auch das das ein Schaber ist dessen Stirn vom Ackergerät malträtiert wurde.
Solche aus Frosttrümmern gefertigte Geräte sind bei mir im Neolithikum sehr häufig.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Silex

Schwieriges Teil....und soooo fern! Wenn das  auf der retuschengegenüberliegende Ventralseite  (1. Bild) Rinde ist... dann sinkt die
Artefaktwahrscheinlichkeit.
Klarheit werden- wie so oft- die weiteren Begehungen schaffen.
Servus vom
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

archfraser

Hallo Edi

Ich weiss zwar nicht genau wo du jetzt meinst eventuell Rinde zu sehen.
Eine leichte Patina überzieht fast das ganze Stück.
Ich habe mir das Teil nochmal genau vorgenommen und sehe auf der Stirnseite (2. Bild unten) einen Rest Cortex.
Das macht mich nun auch etwas stutzig und es würde auch nicht zu einem herkömmlichen Kratzer passen.
Und doch scheint hier ganz klar retuschiert worden zu sein. :kopfkratz:

Ich begehe diesen Acker schon jahrelang und es ist das erste Silex das ich dort finde.
Diese Gegend ist schon seit Urzeiten besiedelt!
Allerdings gab es etwa 300m entfernt eine neolithische ...(Siedlung ?)
,,Es mag sein, dass wir durch das Wissen anderer gelehrter werden. Weiser werden wir nur durch uns selbst."

Michel de Montaigne

Silex

Dann hab ich dies schon mal verstanden, archfraser. Ungewöhnlich dass, wenn es ein Abschlagsschaber wäre,  der Abschlag dorsal und ventral patiniert ist und die Retuschen sichtbar jüngeren Ursprungs.  Dorsal wirkt es als ob  man 2 Grate  und treppenartig-wallnerrierende Stufungen erkennen könnte.  Wenn Silex dort nicht üblich ist- die Kante scharf scheint- dann  könnte es sich um einen sekundär nachbearbeiteten Abschlag handeln.
Aber das wäre schon ein arger Zufall...bei dem einzigen Silexfundstück an dieser Stelle.
Wer kann das schon ahnen.
Glück Auf
vom
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

StoneMan

Zitat von: archfraser in 22. September 2011, 21:16:55
...
... sehe auf der Stirnseite (2. Bild unten) einen Rest Cortex.
Das macht mich nun auch etwas stutzig und es würde auch nicht zu einem herkömmlichen Kratzer passen.
Und doch scheint hier ganz klar retuschiert worden zu sein. :kopfkratz:
....

Moin,

dass retuschiert wurde kann ich unterstützen (habe mir die Bilder "aufbereitet")  :glotz:
Und es sieht so aus, als wenn es an einer Stelle dorsal und ventral retuschiert wurde.

Allerdings sehe ich weder einen Schlagflächenrest, noch einen Bulbus,
auch Wallnerlinien vermag ich nicht auszumachen.

@archfraser, wenn Du Zeit hast, machst Du vielleicht doch noch Fotos (?).
Für den Größenvergleich habe ich mal was gemacht  :glotz:


Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

archfraser

Hi

Ich hab schnell noch ein paar Fotos gemacht.
Vielleicht können die ja weiterhelfen.

archfraser
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Michel de Montaigne

Saxaloquuntur



Ich wundere mich wo all die Steinexperten hin sind!?

archfraser

vermutlich in einem anderen Forum? Saxaloquuntur.

fuchs

Hallo miteinander,

ich kann da nur ein patiniertes Klingenbruchstück mit rezenten Beschädigungen erkennen. Die vermeindlichen Retuschen ergeben überhaupt keinen Sinn, ganz gewiss keinen Kratzer. Es ist wohl davon auszugehen, dass alle unpatinierten Bereiche moderne Beschädigungen sind.

archfraser

Hallo fuchs

Ich kann das alles absolut nachvollziehen, jedenfalls für die größere Ausbuchtung und die Beschädigung an der Stirnseite. Doch die drei beieinanderliegenden "Retuschen" sind mir einfach zu gleichmäßig für eine einfache Beschädigung.

archfraser
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Michel de Montaigne

fuchs

Hallo Archfraser,

wären die drei patiniert, könnte es sich um Reste einer Retusche und damit möglicherweise um einen Klingenkratzer handeln. Da die Patina dort aber fehlt, ist von einer modernen Beschädigung auszugehen, auch wenn sie "regelmäßig" ist.

Zu Beginn meiner Sucherei habe ich solche Beschädigungen immer für Retuschen gehalten. Nimm dir mal eine selbst geschlagene Klinge und ratsche mit einem scharfkantigen Eisen schräg daran vorbei. Du erhältst eine wunderschöne Retusche, je nach Druck und Geschwindigkeit von Perlretusche bis hin zu so einer wie bei deiner Klinge.

Kelten111

Hallo  :winke:
So wie fuchs schon argumentierte handelt es sich hier um ein pateniertes Klingenbruchstück ohne weitere Beaarbeitungsspuren  :glotz:
Die Retuschen sind rezent :glotz:
@Archfraser du würdest dich wundern was für schöne gleichmäsige Retuschen ein Pflug zustande bringt !

Mfg Fredi  :winke: :winke:

archfraser

@fuchs

Ich glaube es ist absolut so nachvollziehbar. Die Patinageschichte hat mich jetzt doch schlussendlich davon überzeugt.
Meine Frage wäre nun noch: Ab wann kann die Patina das Stück überzogen haben? Ich weiss aber sehr wohl dass diese Frage nicht wirklich beantwortet werden kann, das dies von sehr vielem abhängt.
Wäre es denn (rein theoretisch) nicht möglich dass der Klingenabschlag aus dem Mittelneolithikum stammt, dieser dann langsam vor sich hinpatinierte, Endneolithikum gefunden wurde und die Retuschen angebracht wurden? :dumdidum:

Ich weiss dass die Frage eigentlich haarsträubend ist, aber ich wollte sie nur einmal gefragt haben. :hilfe3:

archfraser
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Michel de Montaigne

fuchs

Hallo Archfraser,

die Patinierung hängt unter anderem von den Bodenverhältnissen ab. Diese sind so verschieden, dass du Informationen dazu nur aus deinem Suchgebiet beziehen kannst. Versuche es doch mal beim Bodendenkmalamt. Manchmal wissen die sowas.

Für den linken Niederrhein gilt folgendes: http://www.steinzeitwissen.de/patina

Eine Zweitnutzung von Artefakten kann vorkommen, ist aber sehr selten. Hier würde ich das ausschließen, da die "Retuschen" keinen Sinn machen, siehe oben. Es ist weder eine vernünftige Schneide, Kratzerkappe, Bucht oder sonst eine gezielte Zurichtung zu erkennen. :glotz:

archfraser

@fuchs
Ich danke dir für die sehr lehrreichen Informationen! :super:
und auch allen anderen für ihre Hilfsbereitschaft :danke: :danke: :danke: :danke:

archfraser
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Michel de Montaigne

StoneMan

Moin,
ich bin noch nicht von allem überzeugt, wenngleich ich grundsätzlich die Ausführungen von Fuchs sehr schätze :friede:

So kann ich die Ausführungen von unserem Füchschen sehr wohl nachvollziehen und weiß,
dass es grundsätzlich so ist wie er es erklärt. Kann es niemals anders sein?

Zur Patina kann man noch folgendes ergänzen:
(Ich lese jetzt nichts nach, sondern gebe aus dem Gedächtnis wider was ich gelesen habe,
auch ist es keine vollständige Ergänzung - bitte um Korrektur)


An einem und dem selben Stück Silex kann es zu unterschiedlicher Patinierung kommen.
Grund dafür ist u.a. auch die Oberflächenbeschaffenheit - ob die Fläche rau oder glatt ist.
Weitere Gründe sind die bereits von Fuchs erwähnten Bodenverhältnisse und auch
sonstige Lagerungs und Umwelteinflüsse.


  • Rauhe unbearbeitete Oberfäche = schnellere/stärkere Patinierung
  • Glatte bearbeitete Oberfläche (z.B. Absplissbahnen/Retuschen = andere geringere Patina

Dann noch einen Gedanken zu "rezenten" Beschädigungen. Ist es ausgeschlossen, dass ein Steini
sich ein patiniertes Stück Flint nimmt und daran rumfummelt?

Noch eine Anmerkung und ´ne Frage.
Wenn ich heute Flint beschädige/retuschiere, sieht diese Oberfläche völlig anders aus,
wie schnell wird eigentlich eine Beschädigung/Retusche mit Patina überzogen?


Zum Fundstück (Bild): Terminales/distales Klingenfragment

Die Retuschen - schwarze Pfeile - sehen für mich sehr intentionell aus.
Sie sind entstanden, bevor das Ende malträtiert wurde - das kann man sehr gut sehen!

Die Retuschen (?) - hell-/dunkelblaue Pfeile - sind an dieser Stelle sowohl von dorsal als auch von ventral.

Alles nur Gedanken.

Gruß

Jürgen
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Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

Servus,
im Prinzip gibt es nicht mehr viel zu sagen!
Fuchs hat gesprochen und liegt mit seiner Ansprache vollkommen richtig!
Die (Pseudo)-Retuschen machen auch Werkzeugtechnisch gesehen absolut keinen Sinn.

HdeE

Kelten111

Dere StoneMan ich sehe dorsal nur einen ausbruch bei den Blauen Pfeilen keine Retuschen  :glotz:

StoneMan

Zitat von: Kelten111 in 23. September 2011, 20:27:55
Dere StoneMan ich sehe dorsal nur einen ausbruch bei den Blauen Pfeilen keine Retuschen  :glotz:
Dere Fredi, da habe ich ja auch ein Fragezeichen (?) gemacht... :-D

Ein "Ausbruch", wie Du es nennst, kann auch eine Retusche sein, eine Gebrauchstretusche. :belehr:
Und es sind dorsal derer fünf "blaue" einzelne Retuschen/Aussplitterungen.

Man korrigiere mich bitte, wenn ich was falsches schreibe.

Es gibt also noch ein Menge hierzu zu sagen... :smoke:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

Servus,
dann drücken wir es einfach so aus.
Es handelt sich keinesfalls um intentionale Retuschen.
Man kann aber sicherlich noch weiterrätseln was den Ist-Zustand des Stückes denn herbeigeführt haben könnte.
Dies wäre natürlich alles rein hypothetisch und ohne jegliche Beweiskraft.
HdE

Kelten111

Jo jo so is es wie sagte ein anerkanter Dr. ....... Man kann sie leider nicht mehr fragen !  :-D
Mfg Fredi  :winke:

StoneMan

Zitat von: Kelten111 in 24. September 2011, 08:44:47
Jo jo so is es wie sagte ein anerkanter Dr. ....... Man kann sie leider nicht mehr fragen !  :-D
Mfg Fredi  :winke:

Moin Fredi,

"sie" kann man nicht mehr fragen, das stimmt - aber die Steine sprechen doch auch.

Allerdings muss man sich damit befassen - immer und immer wieder. Und in Frage stellen,
was gesagt und geschrieben wurde. Sonst bekommen wir keine neuen Erkenntnisse.


Gut Fund am Wochenende  :-)

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

archfraser

Hi

Nochmals vielen Dank an alle für die sachlichen und sehr interessanten Anmerkungen.
Ich werde mir vieles davon zu Herzen nehmen und bei der Archivierung berücksichtigen.
Ich werde auch bei Gelegenheit auch noch mal mit "meinem" Archäologen drüber sprechen.

archfraser
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Michel de Montaigne