Dolchfragment - Überraschungsfund

Begonnen von Steinkopf, 22. Mai 2017, 22:35:31

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Steinkopf

Hallo,

Der Weg zu einer (anderen) Fundstelle führte an einem Wasserlauf entlang.

Plötzlich sah ich - ohne weitere Funde ringsherum diese abgebrochene Spitze.

Das Stück ist gerade und ca. 10 mm stark, 58 mm lang und 32 mm breit.

Es dürfte sich wohl um ein Dolchfragment handeln.

Auffällig sind die geschliffenen (polierten) Zonen.
Auf der einen Seite etwas größer, auf der anderen Seite nur klein.

Das es überschliffene Dolche gibt, hab ich schon gehört.
Aber hier passen diese Flächen nicht so recht ins Bild.

Die Bruchkante wirkt recht scharf - vielleicht ist der Bruch noch so jung, dass
ein weiteres Teil noch im Boden liegt.

LG

Jan

palaeo1

#1
Da passt doch alles, die müssen nicht vollflächig überschliffen sein. Ein schönes Beispiel der Variabilität der überschliffenen Dolche, vom Spandolch zu einer anderen Dolchform.

LG palaeo1

StoneMan

Zitat von: Steinkopf in 22. Mai 2017, 22:35:31
...vielleicht ist der Bruch noch so jung, dass ein weiteres Teil noch im Boden liegt.
...dann schlage gefälligst Dein Biwak auf und suche den Rest  :-D

Moin,

und Glückwunsch  :Danke2: hast ja wohl gerade einen guten Lauf  :super:

Gruß

Jürgen

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Sprotte

Dolche wurden oft überschliffen/geschliffen. Gerade die bronzezeitlichen Dolche wurden danach nochmals flächenretuschiert - so entstanden dann diese meisterlichen Stücke.

Viele Grüße
Sprotte

palaeo1

#4
Zitat von: Sprotte
Dolche wurden oft überschliffen/geschliffen. Gerade die bronzezeitlichen Dolche wurden danach nochmals flächenretuschiert - so entstanden dann diese meisterlichen Stücke.

Das stimmt leider so nicht. Es sind zum einen die Spandolche, die häufig Schliff aufweisen und zum anderen die Dolche des Typs I (nach Kühn 1979). Zudem gibt es räumlich begrent einen selteneren Dolchtyp mit Parallelretusche, wobei naheliegend ist, dass diese überschliffen wurden und dann die Parallelretusche erhielten. Die weitaus meisten Dolchtypen weisen keinen Schliff auf und wurden vor der muscheligen Retusche auch nicht überschliffen.
Gruß
palaeo1

thovalo


Schöner Bryozoenfeuerstein, tolles Fragment  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Schönen Dank für die sachdienlichen Hinweise zu diesem Fund paläo 1, Jürgen, Sprotte und thovalo.

Im breiten Spektrum der Dolchtypen aus baltischem Feuerstein ist dieses Teil
eher nicht ein solches spektakuläres 'Prunk'-Stück mit feinster Retusche.
Der Querschnitt ist nahe der Spitze mit 10 mm noch recht 'alltagstauglich'.

Beim genaueren Hinsehen habe ich gesehen, dass nicht nur Schliffflächen an der
Breitseite sind sondern auch eine Schneidenseite durch Schliff begradigt wurde.

Scheinbar war die Schärfe der Schneide nicht so wichtig wie der gerade Verlauf?

LG

Jan






palaeo1


Furchenhäschen

Zitat von: palaeo1 in 23. Mai 2017, 13:08:31
Das stimmt leider so nicht. Es sind zum einen die Spandolche, die häufig Schliff aufweisen und zum anderen die Dolche des Typs I (nach Kühn 1979). Zudem gibt es räumlich begrent einen selteneren Dolchtyp mit Parallelretusche, wobei naheliegend ist, dass diese überschliffen wurden und dann die Parallelretusche erhielten. Die weitaus meisten Dolchtypen weisen keinen Schliff auf und wurden vor der muscheligen Retusche auch nicht überschliffen.
Gruß
palaeo1

Hallo Palaeo,
zum Thema "Schliff" hätte ich eine Frage und zwar hatte ich einen größeren "Messerförmigen" Sicheleinsatz aus Plattenhornstein aufgelesen, der vollflächig beidseitig glatt geschliffen ist.
Welchen Sinn macht denn bei diesem Werkzeugtyp sinn denn eigentlich sollte die raue Kortex der Sichel in der Schäfftung zusätzlichen halt verleihen. (möchte man jedenfalls meinen)

Gruß
Peter

Steinkopf

#9
Hallo,

zum Schliff bei den Dolchen aus baltischem Flint hat sich Ebbe Lomborg in
'Die Flintdolche Dänemarks' (Kopenhagen 1973) ab S. 29 ausführlich geäußert.

Demnach ist der seitliche Schliff manchmal an den Griffkanten zu finden.
Bislang sehe ich mein Fundstück aber eher als Dolchspitze an - kann es auch ein Griffteil sein?

In der weiteren Umgebung des Fundortes liegt im Schwedenspeicher in in Stade (an der Elbe)
der 'Dolch von Wiepenkathen' mit seiner fein gearbeiteten Lederscheide.

Ich kann ja spekulieren:
War die Schneide vielleicht nicht glatt genug um in die Lederscheide zu flutschen
und musste zum Schutz der feinen Lederscheide etwas 'entgratet' werden?

LG

Jan

StoneMan

Moin,

dass Dolche oft überschliffen wurden, wie Sprotte weiter oben schreibt,
kann man so nicht stehen lassen.

Bei einigen Dolchtypen, palaeo1 erwähnt den, "Dolchtyp mit Parallelretusche",  kam es
zu einem "Zwischenschliff", der dann aber weitestgehend wieder durch die nachfolgende
Parallelretusche verschwand.
Reste des vorbereitenden, "Zwischenschliffs", können mitunter stehen bleiben.

Nach der vollendeten Retusche wurden diese Dolche nicht überschliffen.

Hierzu Knut Rassmann in,  "Die Nutzung baltischen Feuersteins an der Schwelle zur Bronzezeit...".
Quelle: https://www.academia.edu/3360987/Die_Nutzung_baltischen_Feuersteins_an_der_Schwelle_zur_Bronzezeit

Zitat:
[...]
Geräteherstellung
[...]
Neben der muschelförmigen Retusche weisen einige wenige nordostdeutsche Feuersteindolche,
vor allem solche aus dem westlichen Mecklenburg, eine Parallelretusche auf. Diese Stücke kennzeichnet
eine gleichmäßige Oberfläche mit einer schräg angesetzten, annähernd parallel verlaufenden Retusche
mit einer Breite um 0,4 cm.
Vor dem Anbringen der Parallelretusche mußte die Oberfläche überschliffen werden (12).
Bei der an dem Dolch von Wakendorf, Lkr. Bad Doberan vorhandenen "halben Parallelretusche" stoßen
Negative der abgedrückten Späne in der Mitte aufeinander [...]. Die volle Parallelretusche, bei der
die Späne über die gesamte Blattbreite reichen, ist in Nordostdeutschland bislang nicht belegt.[...]

[12) Lomborg 1973, 28 f. Dafür sprechen sowohl experimentalarchäologische Erfahrungen
(Auskunft Harm Poulsen, Schleswig) als auch die mitunter sichtbaren kleinen Schliffflächen
auf Dolchen mit Parallelretusche.

Das "Fettmarkierte" wurde von StoneMan gekennzeichnet

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry