Steinbeil (?) vom Ostseestrand

Begonnen von Christoph_Berlin, 18. August 2010, 16:32:40

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Christoph_Berlin

Liebe Kollegen,

anbei ein paar Bilder von einem - wie ich vermute - kleinem Steinbeil, das mir im Urlaub geschenkt wurde. Es wurde wohl von einem steinigen Strand der Ostsee im deutsch-dänischen Grenzgebiet abgesammelt.

Es ist 8 cm lang und an der breitesten Stelle 4 cm breit.

Es hat verschiedene Abschläge (z.B. an der Schneide), die mir eher rezent erscheinen, ggf durch die Lagerung/Bewegung am Steinstrand.

Da ich mit Steinartefakten keine Ahnung habe, würde ich mich freuen, wenn Ihr mir zur Datierung etc etwas sagen könntet.

Danke + Grüße
Christoph

Der Wikinger

Ein "zum Hinknien" schönes Scheibenbeil !!  :super:

Stark Wassergerollt, beschädigte Schneide.
Das Beil hat eine typische Salzwasserpatinierung und rezente Absplitterungen.

Die Datierung ist höchstwahrscheinlich die Erteböllekultur, 5.300 - 3.900 vor Chr.

:winke:

Sprotte

Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen, auch was die wahrscheinliche Datierung angeht  :super:
Viele Grüße  :winke:
Sprotte

Christoph_Berlin

Hallo Wikinger, Hallo Sprotte,

ja fein, genau so etwas wollte ich lesen...  :smoke: Vielen Dank für eure Einschätzung!!!

Grüße
Christoph

Moonk

Glückwunsch, willst du jetzt selber auch auf den Äckern umherirren und Artefakte suchen oder wartest du auf den nächsten Urlaub um deine Sammlung zu vergrößern. :dumdidum:  :friede: :dumdidum:
HG Moonk :smoke:
Das Leben ist wie eine Hühnerleiter man kommt vor lauter ..... nicht weiter. HG Moonk

Christoph_Berlin

Liebe Kollegen,

aus gegebenen Anlass hole ich mal diesen 3 Jahre alten Thread wieder aus der Kiste: Denn ich habe im Urlaub wieder ein Beil geschenkt bekommen!!!  :-D Wieder stammt es von einem steinigen Strand im Deutsch-Dänischen Grenzgebiet. Der Fundort war wohl etwa 20 km vom Fundort des letzten Beils entfernt.

Das Beil ist 10,5 cm lang und an der Schneide ca 4,5 cm breit. An der Schneide sind wieder rezente Absplitterungen zu erkennen.

Auffälligstes Merkmal diese Beils ist wohl, dass das vordere Drittel, also auf beiden Seiten im Bereich der Schneide, die Oberfläche sorgfältig in Form geschliffen wurde.

So wie ich das sehe, dürfte das Teil wieder aus der Ertebölle-Kultur stammen, also ca 6000 bis 4000 v. Chr., richtig? Ist das eher ein Scheibenbeil oder ein Kernbeil? (Und woran wäre der Unterschied zu erkennen?)

Außerdem: Wie häufig sind denn solche Beile am Strand zu finden? Oder gibt es die eigentlich eher auf dem Acker? Und wurde das Beil wohl eher aus der Böschung gewaschen o.ä. oder aus dem Meer angespült?

Danke + Grüße
Christoph

Steinkopf

#6
Hallo Christoph,


Dann stellst Du einige Fragen:

"Wie häufig sind denn solche Beile am Strand zu finden?"  Antwort:  Immer dann wenn eines oben liegt und jemand es sieht.
Eine generelle Vorhersage gibt es nicht.

-"Oder gibt es die eigentlich eher auf dem Acker?"  Antwort sowohl - als auch.
Es verhält sich prinzipiell so, das der nord-(östliche) Teil Dänemarks, der sich vom Druck des Eises befreien konnte,
aufsteigt. Folge: Die ehemalig an der Küste gelegenen Siedlungen sind heute im Binnenland und werden möglicherweise beackert.
Die eher süd-(westlichen) Bereiche sinken ab mit der Folge, dass diese Siedlungsplätze eher unter Wasser liegen.
Dies trifft auf die bekannten Plätze bei Rügen, Timmendorf, Neustadt etc. zu.

Und wurde das Beil wohl eher aus der Böschung gewaschen o.ä. oder aus dem Meer angespült?

Antwort: Die Uferkanten können natürlich erodieren, so dass Artefakte aus einer Siedlungsschicht herausfallen können.
Die häufigste Ursache ist aber, dass unter Wasser Teile der alten Siedlungsflächen erodieren.
Dann kann Tang, wie z. B. Blasentang sich an frei liegenden Steinchen (auch solche Beilchen) festhaften
und wachsen. Irgendwann ist die Tangpflanze so groß, dass sie den Wellen mehr Angriffsfläche gibt,
als der Stein verankert ist. Dann verdriften diese Ensembles Richtung Ufer und über längere Zeiträume
hinweg entstehen die bekannten Steinestrände.

LG

Jan


Christoph_Berlin

Hallo Jan,
besten Dank für Deine ausführlichen Antworten.

Eine Frage hätte ich noch: Ist das jetzt eher ein Scheibenbeil, oder doch ein Kernbeil?

Danke + Grüsse

Christoph

Steinkopf

#8
Hi Christoph,

Wenn (Ich kann es auf den Bildern nicht so recht erkennen) die Schneidenpartie poliert/geschliffen ist,
gehört es nicht mehr ins Mesolithikum sondern dann ist es eigentlich schon neolithisch.
Damit wird es kompliziert. Es könnte ein luschig gefertigtes Stück vielleicht der Einzelgrabkultur sein.
Möglich aber weniger wahrscheinlich ist auch, dass ein Schaden durch nachträgliches Abschlagen von
störenden Teilen provisorisch behoben wurde.
Für eine Beurteilung müsste man es sich genauer ansehen können.
So richtig einordnen kann ich es nicht.

LG

Jan

Marienbad

moin,
wenn es denn Schleifspuren sind  :kopfkratz:
ich kann es auf diesen Fotos nicht eindeutig sehen und tendiere daher mehr zu einem Scheibenbeil.

   :winke:  Manfred

Christoph_Berlin

Hallo Manfred,

ja, es im Bereich der Schneide eindeutig in Form geschliffen.

@all: Danke für die Hilfe + Infos!

Gruß
Christoph

Sprotte

Hallo,

das Stück erweckt für mich für den Eindruck eines geschliffenen, später jedoch +/- kernbeilartig überarbeiteten Flintbeils. Eine genauere zeitliche Einoirdnung als "neolithisch" würde ich daher nicht wagen wollen.

Viele Grüße
Sprotte