derbe Spitze

Begonnen von Steinkopf, 20. September 2014, 11:37:11

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Steinkopf

Dieses Fundstück, bei Winterstürmen am Limfjord freigespült, gab mir Rätsel auf.

Für einen Bohrer oder eine 'Spitzwaffe' schien mir die Spitze nicht fein genug ausgearbeitet.

Da das Ende (die 'Spitze') mit Cortex am Rand des bearbeitbaren Materials liegt, kann sie auch nicht
abgebrochen oder abgenutzt sein.

Ich halte es für einen speziellen Bohrer, der kein Loch bohren (penetrieren) muss,
sondern ein vorhandenes Loch erweitern.
Dafür sprechen auch die Retuschen und/oder Gebrauchsspuren an den beiden retuschierten Kanten
sowie auf dem Rück-Grat des Gerätes.

Rein spekulativ ist es bei den Bohrungen an Geweih- oder Knochengeräten einsetzbar.

LG

Jan


thovalo


Für mich ist hier nichts intentionell angelegtes zu erkennen.
In silexreichen Regionen sieht Vieles interessant aus.

Hier erkenn ich keine gewollten Zurichtungen und keine Gebrauchsmerkmale!

lG Thomas

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

steinwanderer

Zitat von: thovalo in 20. September 2014, 11:49:42
Für mich ist hier nichts intentionell angelegtes zu erkennen.
In silexreichen Regionen sieht Vieles interessant aus.

Hier erkenn ich keine gewollten Zurichtungen und keine Gebrauchsmerkmale!

lG Thomas



Moin Thomas,
Du hast wohl heute deinen Nörgeltag.
Man sieht doch deutlich an der Spitze die fortlaufende Retusche und auf der gegenüber liegenden Seite die typischen Ausbrüche die durch den Bohrvorgang in hartem Material entstehen.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

queque

Könnte es sich nicht vielleicht auch um einen Feuerschlagstein handeln bzw. um ein Stück, das als ein solcher - eventuell auch rezent - gebraucht wurde?

LG
Bastl

thovalo

Zitat von: steinwanderer in 20. September 2014, 14:43:19
Moin Thomas,
Du hast wohl heute deinen Nörgeltag.
Man sieht doch deutlich an der Spitze die fortlaufende Retusche und auf der gegenüber liegenden Seite die typischen Ausbrüche die durch den Bohrvorgang in hartem Material entstehen.
Gruß Klaus

Nein, ich schreibe nur was ich sehe .... kein Artefakt ....!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Schönen Dank Thomas, Klaus und Bastl für das Hinschauen und das feedback.

Ich will gerne noch einmal meine Sicht auf dieses Ding darlegen indem ich
drei Fotos anhänge und erläutere.

SdD 1:  Die (wie auch immer entstandene) Grundform ist länglich und zeigt in der 'Spitze' sowie im Nacken
            klare Kanten und Grate:
            Sie ist kein abgerollte Strandgeröll mit zufällig entstandenen Verletzungen.
           
            Die von einem kleinen Grat überzogene Fläche ist die 'Plattform',
            von der die Form und Funktion gebenden Retuschen abgeschlagen wurden.
            Die Grundform ist an einem Ende (mit Cortex) eher spitz - verläuft dann dreikantig dicker werdend -
            und endet mit einem vierkantig - rechteckigem Profil als Nacken.
            Insbesondere dieser Nackenbereich hat klare unverletzte Kanten.
           
SdD 2:  Das Gerät mit der Spitze nach rechts: Der retuschierte und / oder strapazierte Bereich ist sichtbar.

SdD 3:  Das Gerät zeigt mit der Spitze nach links: Diese Seite ist etwas gekrümmt.
            auch hier ist der retuschierte und / oder strapazierte Bereich ist sichtbar.
            Die Grate / Kanten des rechteckigen Nackenteils zeigen nur eine rezente Verletzung.

Aufgelesen habe ich dieses Stück vor einer Abbruchkante, aus der schon öfter ETB-Artefakte fielen.
Ich verstehe die Befürchtung des deutschen Binnenländers, der im Strandgeröll die Beliebigkeit von Pseudokrams fürchtet.

Es ist aber nun einmal die geologische Grundlage im Norden, dass mit dem Abschmelzen zunächst der Meeresspiegel stieg,
danach sich ein Teil des Landes wieder aus dem Meer erhob (ein anderer weiter absank)
und die Naturgewalten auch ohne Grabungsgenehmigungen Artefakte aus primärer oder sekundärer Lagerung wieder freilegen.
Dies kann geschehen, indem Flugsandlagen unter den Siedlungsschichten 'aus dem Profil weggeblasen' werden
oder indem das Wasser die Küsten erodiert. Xaver & Co. haben 2013/2014 stark auf die Küsten eingewirkt.

LG

Jan

CF

Hallo Jan,

interessantes Stück. Die Negative auf der Dorsalseite, die von der Mitte nach außen laufen, dienten der Anlage eines Leitgrats, damit beim Trennschlag die Energie weit durch den Stein läuft. Die seitlichen Negative hingegen stellen eine formgebende Modifikation dar.

Möglicherweise handelt es sich um das Griff- oder Schäftungsende; das eigentliche Funktionsende könnte fehlen. Wenn das Stück mesolithisch ist, kommt eine Picke(l) in Betracht.
"Toleranz ist die Fähigkeit, jeden in seiner Umgebung zu dulden."