Beilklinge aus Jadeit?

Begonnen von Paläo, 03. April 2010, 22:36:46

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Paläo

Hallo zusammen,

vor ca. 10 Jahren habe ich für einen inzwischen verstorbenen Mönchengladbacher Sammler Artefakte fotografiert, da er einen Diavortrag halten wollte. Dabei war auch ein Beil, das ich bisher bisher als Jadeitbeil angesehen habe. Inzwischen habe ich - insbesondere aufgrund des Beitrags von thovalo - Zweifel, ob es sich wirklich um Jadeit handelt. Leider habe ich nur ein Foto.
Ich hoffe, Ihr könnt mir helfen.

Der Wikinger


Ich kann dir leider zum Thema Material nicht helfen, da solche Funde bei mir im Norden unbekannt sind.
Mich würde aber interessieren, ob es irgendwelche Info zur Fundstelle gibt, also in welcher Region das schöne Teil gefunden wurde ?  :kopfkratz:

:winke:

Paläo

Guten Morgen Wikinger,
ich kann mich nicht genau erinnern, ob das Beil in Mönchengladbach oder an der Rur im Raum Jülich gefunden wurde.
Dies waren die Suchgebiete des Sammlers.

Mit freundlichen Grüßen
Paläo

thovalo

#3
Hallo Paläo!  :winke:

Das Bild ermöglicht zumindest die sichere Feststelllung, dass es sich bei dem Material der abgebildeten Beilklinge NICHT um Jade/Jadeitit handelt! Die gut erkennbare Textur spricht absolut dagegen!

Da das Beil selber wohl nicht zur Verfügung steht, ist eine nähere Ansprache des Materials mit diesem einen Foto nicht möglich. Eklogit ist immer tief grün bis zu dunkelviolett! Kann es sein, dass die Färbung  dunkler war als in der Abbildung wider gegeben?

Insgesamt wirkt die Beilklinge nicht allzu groß (unter 10 cm?) und gehört typologisch sicher nicht zu den "Prunkbeilklingen".

Schade, dass das Beil nicht mehr erreichbar zu sein scheint um Näheres klären zu können! Kleinformen von Eklogitbeilklingen sind im Rheinland auch nicht häufig nachgewiesen!

Doch wenn der Fundbeleg ohnehin "weg" ist, nutzt die Abklärung leider auch nicht viel!

LG  thovalo  :-)

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

rolfpeter

Servus Jungs,

ob es anhand des übrigens sehr gut gelungenen Fotos möglich ist, Jadeitit als Rohmaterial kategorisch auszuschließen, daran seien mir - in aller Bescheidenheit - Zweifel gestattet.

In der Produktfotografie setzt man Licht als gestalterisches Element ein. Bei diesem Bild wollte der Fotograf sicher darstellen, wie schön die Klinge schliffen ist, und er hat die Lichtquellen so positioniert, daß die Reflexionen der polierten Flächen gut zu erkennen sind. Dabei kann es durchaus vorkommen, daß bei schräger Ausleuchtung die Textur eigentlich glatter Stellen überbetont wird. Vermutlich ist die Oberfläche im mittl. Bereich des Bildes glatter, als es auf dem Foto erscheint.

Es gab ja nicht viele Sammler aus Mönchengladbach, die an der Rur gelaufen sind. Und so tippe ich mal auf W. Schol. Wenn das stimmt, dann kommt die Beilklinge aus Floßdorf bei Jülich.
Da Herr Schol im hohen Alter seine Sammlung dem Rheinischen Landesmuseum übereignet hat, ist die Klinge ja vielleicht von M. Errera analysiert worden.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

thovalo

#5
Zitat von: rolfpeter in 04. April 2010, 08:23:28
Servus Jungs,


In der Produktfotografie setzt man Licht als gestalterisches Element ein. Bei diesem Bild wollte der Fotograf sicher darstellen, wie schön die Klinge schliffen ist, und er hat die Lichtquellen so positioniert, daß die Reflexionen der polierten Flächen gut zu erkennen sind. Dabei kann es durchaus vorkommen, daß bei schräger Ausleuchtung die Textur eigentlich glatter Stellen überbetont wird. Vermutlich ist die Oberfläche im mittl. Bereich des Bildes glatter, als es auf dem Foto erscheint.



Die Beilklinge ist zwar unbenommen SEHR schön, fachlich aber unklar und für einen Austausch darüber wenig geeignet dokumentiert. In einer Auseinandersetzung mit Bodenfunden geht es im Wesentlichen um eine authentische Darstellung in Form, Farbe unter Hervorhebung spezifischer Merkmale und nicht um die Herstellung von Abbildungen für einen Ausstellungskatalog!  :zwinker:   ....Deshalb wirken die beiden

Projektile aus dem zweiten Beitrag tatsächlich auch SEHR fremd!  

(Kein "Traummodel" in einem Hochglanzmagazin wäre im Bild wirklich so glatt und "schön" ohne die Perfektion von "Visagisten" und Fotografen!)  :zwinker: Dabei spricht ja nichts gegen eine ästhetisch gehobene Darstellung von Artefakten, als Genuß für das Auge! Kleingebrochenes "Allerlei" sehen wir ja jeden Tag!


Was das Material der Beilklinge angeht, wäre es eine Möglichkeit J.W. zu fragen, der guten Zugang zum Fundmaterial aus dieser Region und zum Thema hat!

Ich denke es wird dabei bleiben: kein Jadeitit, dafür reichen die erkennbaren Merkmale des künstlerisch und ästhetisch für archäologische Zwecke tatsächlich zu schön ausgeleuchteten Artefakts; Eklogit ist nicht ausgeschlossen!

LG und frohe Ostern!  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

steinsucher

#6
Hallo Paläo, hallo Forum,

na dann, gebe ich also auch meinen "Senf" dazu. Ostern ist ja sonst zu langweilig.

Klar, das ist kein Prunkbeil. Aber ein prächtiges Exemplar eines Feuersteinbeils mit einem "spitz" zulaufenden Nacken. Ich würde auch sagen aus Maasfeuerstein, wohl Rijckholt. Alles unter Vorbehalt, aber das Foto kann man einfach angucken oder aber etwas genauer betrachten.

Es ist schon etwas ungewöhnlich. In der guten Absicht ein "superschönes" Foto zu machen hat man offensichtlich mehrere Beleuchtungsquellen eingesetzt. Dazu sagt Paläo sicher noch was. Die können viel gutes tun, aber auch viel Verwirrung stiften. Verwirrung (zumindest bei mir) deshalb, weil ich den Eindruck beim Betrachten des Beils habe, die Schneidenpartie sei eingezogen geschliffen. Das liegt aber nur an der Beleuchtung, man sieht vier (?) Kegel. Sobald das Gehirn das korregiert hat, ist der Typ hier im Bereich um Mönchengladbach, Jülich, Heinsberg wohl gut bekannt.

Mit diesen Fotoeffekten habe ich einmal gute Bekanntschaft gemacht, als ich eine Sammlung Model über einen Scanner eingelesen habe. Hier der Link. Und hier. Obwohl alle Model ein Negativ der Figur enthalten, erscheinen die Figuren erhaben.

So, jetzt habe ich an den Fotos herum gemeckert. Ich muss aber jetzt noch eins sagen, in diesem Forum wird man in der Regel mit ganz anderen Produkten konfrontiert. Auf dem Foto oben kann man sehr viel mehr erkennen, als auf vielen, vielen anderen eingestellten Fotos. Oft sieht man tolle Fingernägel und -abdrücke ganz scharf, manchmal eher eine Oberflächenaufnahme eines Eintopfes und dann noch die Makroaufnahmen mit "Handys".

Wir dürfen aber eines nicht vergessen, dies ist kein Fachforum, sondern eines für alle. Keiner ist Fachfotograf, Urgeschichtler, Geologe usw. in einer Person. Und ich sollte jetzt "gute Nacht" sagen.

Tschüß, der Steinsucher.



Paläo

Hallo zusammen,
leider war es mir aus österlichen familiären Verpflichtungen gestern nicht möglich, auf die verschiedenen Fragen und Anmerkungen zu meinen beiden Beiträgen einzugehen. Dies kann ich jetzt endlich nachholen:
Bei dem Sammler, für den ich die Beilklinge und die Pfeilspitze 6 fotografiert habe, handelt es sich nicht um Willy Schol.
Steinsucher, herzlichen Glückwunsch zu Deinem hervorragenden Gedächtnis; ich habe die Pfeilspitze 1 tatsächlich 2007 in Bonn vorgelegt.
Nun etwas zu den Fotos: Sie wurden vor über 10 Jahren für einen Diavortrag gemacht, in dem der Sammler einem heimatkundlich interessierten Publikum das hiesige Neolithikum vorstellen wollte. Hierfür habe ich ca. 60 Fundstücke fotografiert, von Beil- und Dechselklingen verschiedener Größen und Ausformungen über Kratzer, Klingen, Pfeilspitzen, Keramikscherben u.s.w. Bei den Fotos kam es darauf an, die Merkmale, Brearbeitungsspuren und auch die Ästhetik der Artefakte darzustellen, um die handwerklichen Fähigkeiten, die Lebensweise und auch das Schönheitsempfinden der damaligen Menschen näherzubringen.
Auch die von mir gefundene Pfeilspitze 1 habe ich vor ca. 2 Jahren so fotografiert, damit die Retuschen deutlich hervortreten. Das Foto war damals nicht dafür bestimmt, in diesem Forum eine Diskussion über die Art des Feuersteins hervorzurufen. Ich wollte einfach ein schönes Foto Foto von einer wunderschönen Pfeilspitze machen, einen Abzug von dem Foto in meinem Arbeitszimmer aufhängen und mich gelegentlich daran erfreuen.
Hier muss ich jetzt allerdings auf die Problematik des Fotografierens von mehr oder weniger transparentem Feuerstein eingehen.
Die Farben, die wir wahrnehmen, werden durch die Länge der Lichtwellen erzeugt, die die Oberfläche eines Gegenstandes reflektiert. Dabei werden die Kürzesten Wellen als ultraviolett und die längeren Wellen als rot wahrgenommen. Dazwischen liegt das komplette Farbspektrum des Regenbogens.
Wird nun ein mehr oder weniger transparenter Feuerstein mit einen hellen, harten Lichtstrahl angeleuchtet, dringt das Licht in den Feuerstein ein. Als Folge leuchtet der Feuerstein aus sich heraus und überlagert teilweise die von der Oberfläche reflektierten Wellen. Genauso erging es mir bei meiner Pfeilspitze 1, die ich - um die Retuschen herauszuarbeiten - mit hellen Lichtstrahlen aus zwei Halogenlampen anstrahlen musste. Das Foto zeigt daher nicht die naturgetreue Farbe des Feuersteins. Um beides, nämlich die Berarbeitungsspuren und die naturgetreue Farbe deutlich darszustellen, müssen zwei Fotos gemacht werden: Ein Foto mit einer guten Ausleuchtung und einn Foto bei Tageslicht für die Farbdarstellung.
Gut gemachte Fotos von Steinartefakten haben für mich aber noch eine weitere wichtige Funktion:
Wenn ich Laien z.B. Mikrolithen und andere fein bearbeitete Artefakte in einer Vitrine zeige, können sie damit rein garnichts anfangen. Wenn sie die Artefakte aber in die Hand nehmen und im Licht drehen können und ich anhand von Fotos die Bearbeitungen zeigen kann, merken sie, dass unsere Vor- Vor---fahren keine tumben keulenschwingenden Urwaldmeschen waren, sondern dass sie ein ausgeprägtes handwerkliches Geschick hatten und - man siehe die Pfeilspitze - auch ein Gefühl für Ästhetik und Gefallen an schönen Dingen. Dieser Einblick in die frühe Kultur bringt uns die früheren Menschen auch näher. Ich merke immer wieder, dass gerade diese Hinweise auf die perfekt gearbeiteten Artefakte die Leute neugierig machen und sie uns nicht mehr nur als mit gebeugtem Haupt über die Äcker schlurfenden "Steinchensucher" ansehen, sondern akzeptieren, dass unsere Tätigkeit hilfreich für die Erforschung der Lebensweise in dieser frühen Geschichte ist.
Jetzt noch etwas zu Fundsituation der "nordafrikanischen" Pfeilspitze 1:
Wir haben zu Viert einen ca. 1 ha großen gut abgeregneten Acker abgesucht, auf dem unseres Wissens vorher noch niemand gesucht hat. Wir gingen nebeneinander mit einem Abstand von jeweils etwa 2,50 - 3 m. Auf meiner Bahn entdeckte ich die Spitze, die zu etwa 1/3  aus dem Boden herausschaute. Ihr könnt Euch sicher mein Gefühlsleben vorstellen, als ich sie herauszog und sie immer länger wurde. Im Übrigen haben wir auf dem Acker nur 3 nicht näher einzuordnende Absplisse bzw. Abschläge gefunden.
Zum Schluss noch etwas zur Fototechnik: Ich habe eine gute, aber keine professionelle Ausrüstung. Ich fotografiere mit eine Nikon D 80 und einem Objektiv Sigma EX Makro 2,8/105 mm. Wichtiger als die Ausrüstung ist aber die Ausleuchtung, die ich mit einfachen Mitteln selbst entwickelt habe.
Falls von den Moderatoren gewünscht, kann ich sie in Kürze hier vorstellen.
So, genug jetzt.
Allen, die meinen teilweise recht ausschweifenden gedanklichen Ergüssen bis hierher gefolgt sind, vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Einen schönen Tag wünscht Euch
Paläo

Khamsin

Salaam!

Also, ich schliesse mich gerne RP und Paläo an und bin mir sehr sicher, dass es sich bei dem Material keinesfalls um Flint, sondern mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit um Grüngestein der Art Jadeit handelt.

HG KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

CptAhab

Schönes Foto. Was es zeigt, sei einmal dahingestellt.  :zwinker:
The world is full of crashing bores. - Mozer

steinsucher

Hallo,

tja, wenn ich schon mal versuche, selbstsicher etwas zu behaupten.  :heul:

Das ist wohl mein Schicksal. Aber, das gute Stück hat schon eine große Ähnlichkeit mit den grünen Beilen. Interessant wäre die Dicke der Klinge.

Der Steinsucher.

thovalo

Sammler tot? Beil weg? Diskussion erledigt!    :super:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

rolfpeter

Ich habe noch eine schöne Doktorarbeit zu Beilklingen aus alpinem Grüngestein gefunden.

Schaust Du hier:
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,27939.0.html
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert