Lamelle

Begonnen von Silex, 03. Februar 2006, 22:25:48

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Silex

Servus Steinzeitdetektive,
Man liest ja viel wenn man sich mit der Steinzeit befaßt, aber was ist "Sache" bei solchen "Geräten/Abschlägen"? Sie sind meist sehr dünn geartet, weisen meist mehrere Miniklingennegative auf und man kann fast immer  feinste Gebrauchsspuren und oft filigrane "Perlretuschen" feststellen - und sie sind messerscharf. Bei uns nennt man sie "Lamellen". In welcher Steinzeitepoche waren sie typisch? Welche Funktion hatten sie und wer kennt das Material dieses speziellen Exemplars?

Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Rambo

Servus!
Ich muß gestehen, so etwas habe ich noch nie gesehen selbst die Bezeichnung Lamelle ist mir unbekannt.  :platt:
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Der Wikinger

Hallo Silex  :-)

Ich denke, was du Lamelle nennst, wird bei uns Mikroflække (Mikroklinge) genannt !!

Die Mikroklingen werden bei den Experten oft so definiert: Länge weninger als 5 cm, Dicke weniger als 0,4 cm, Breite weniger als 1,2 cm !!!

Diese Stücke kann man natürlich an Fundorte aller Kulturen finden, aber nur in einer Kulturphase wurden sie bei uns bewusst in grossen Mengen als Material für Geräte hergestellt, und zwar in der frühmesolitischen MAGLEMOSE-KULTUR, 8800 - 6500 vor Kristus.

Ich kann dir vielleicht da ein Buch empfehlen, das zwar auf Dänisch geschrieben ist, das aber Zusammenfassungen auf Englisch hat, so wie auch Fototexte auf Englisch:
Das Buch beschreibt ganz minutiös die Funde eines frühen Maglemose-Fundorts auf unser Nachbarinsel Langeland, die Fundstelle heisst Flaadet.

Buch: Jørgen Skaarup: Flaadet - en tidlig maglemoseboplads på Langeland. Langelands Museum 1979. ISBN 87-980444-19



rolfpeter

Moins,

ich kenne solche dünnen Klingenstücke als jungsteinzeitliche Erntemessereinsätze.
Wenns älter als neolithisch wird, bin ich allerdings überfragt. Pfeileinsätze, Harpunenwiderhaken, siehe Agersoe?

este Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger

Hallo rolfpeter  :-)

Ja, wir kennen auch die dünnen jungsteinzeitliche Klingenstücke.
Der Unterschied ist aber, dass sie aus dünnen Klingen gemacht sind, die ursprünglich länger als 5 cm waren, und daher nicht als Lamellen (mikroklingen) kategorisiert werden können.
Ich denke auch, die sind sehr oft breiter als 1,2 cm.



Rambo

Ich hätte das vielleicht als Stichel bezeichnet  :idee:
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Der Wikinger

Hallo Rambo  :-)

Warum denn Stichel ??

Wie ich das sehe ist kein Stichelabschlag vorhanden !!


Rambo

Mir fällt sonst keine andere Bezeichnung dazu ein  :zwinker:
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

rolfpeter

Ja Agersoe, haste recht.
Die Erntemessereinsätze sind aus längeren Klingen gebrochen und auch breiter als 12mm.
Im Posing vom guten Silex waren die Maße allerdings nicht angegeben. 

Gruß
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Ja die Maße.... An der breitesten Stelle 8 mm, 3 cm lang und unheimlich dünn...am Längsgratrücken auch nur 3 mm.
Also  nikks mit Hebeln , Sticheln und anderen kraftanwenderischen Arbeiten. Und ich finde die Dinger nur an endpaläo- und mesolithischen  Rastplätzen.
Ich such nochmal ein paar zusammen.. vielleicht kann man da  Entsprechungen und Charakteristika besser herauslesen..

Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo wieder Silex  :-)

Ich möchte dir mal einige Fotos von den sehr schönen und genauen Zeichnungen des früher erwähnten Buches zeigen:

   




Silex

Danke agersoe- die Nr. 9 und vor Allem die Nr. 10 sind auch für unseren Raum die typischen "Lamellenvertreter"
"Mikroklingen" heissen bei uns eher kanten- parallele Kleinklingen mit ebensolchen Abschlagsnegativen.
Lamellen sind vor Allem uuuunheimlich dünn- man könnte sie auch für dünne Abschläge halten - doch weisen sie in der Regel feinste Gebrauchsspuren (Aussplitterungen)  und Mikrobuchten auf.
Man stellt sie meistens ins Mesolithikum (oft getempert). Wenn diese DINGER Werkzeuge waren dann muss man sie wegen der brutalen Schärfe in jedem Fall geschäftet haben. Nicht zuletzt ihretwegen sind meine Fingerspitzenleisten nach einer Suchsaison quasi nicht mehr vorhanden.
Die Zeichnungen sind exquisit
Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo wieder Silex  :-)

Hier noch ein paar Fotos aus dem Buch, wo man die Produkte der Mikroklingen / Lamellen sieht, kleine Pfeilspitzen / -einsätze:





Und hier ein Foto aus einem anderen Buch, es zeicht Rekonstuktionen der Pfeilspitzen-Typen der Maglemose-Kultur:
Man hat solche wohlbewahrt in Mooren gefunden.