Besuch beim Landwirt

Begonnen von rolfpeter, 02. März 2010, 22:21:59

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rolfpeter

Servus,

man trifft ja auf den Suchgängen auch die Landbesitzer und mit einem Bauern verstehe ich mich besonders gut. Der erzählte mir, daß er auch auf seinem Acker Steine gefunden hätte und bat mich, die Sachen mal anzusehen. Heute haben wir also einen Termin gemacht und ich bin hin.
Er sammelt, ohne näheres über Kulturen, Techniken usw. zu kennen, also rein intuitiv.

Unter seinen Sammelstücken sind zwei Funde, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

Erst mal eine Beilklingen-Vorarbeit aus Tonschiefer. Das Teil ist 24cm lang und wiegt gut ein kg. Kleine Beilklingen aus Tonschiefer sind an der spätneolithischen Fundstelle nicht ungewöhnlich, aber so nen Oschi habe ich bis dato noch nie gesehen...Ist was für eine Lehrsammlung!


Als zweites Stück zeige ich ein Ding aus Sandstein. Gebrochen, an der Bruchstelle kreisrund, ein wenig konisch von der Seite und an der Spitze nicht ideal kegelförmig, sondern leicht facettiert. Keine Ahnung, was es sein könnte und aus welcher Zeit es abstammen sollte.


Schaut mal hin, vielleicht fällt euch ja was Sinniges dazu ein.


HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

osman.herberger

Servus RP!

Du hast die Bilder des zweiten Fundstücks mit "mö" bezeichnet. Dabei ist mir sofort "Mörser" eingefallen. Ist das Zufall? Das Teil schaut nämlich schon irgendwie mörserartig aus oder ?

Mal so ganz spontan hingeworfen

Liebe Grüße

Stefan
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

Kelten111

Hallo würde auch einen abgebrochenen möser vermuten :zwinker:

rolfpeter

Ja klar, ich habe auch an einen Mörser gedacht.
Aber die Mörser, die ich so kenne sind am Ende kalottenförmig...der hier hat ne Facette, einen Scheitel.

Aber vielleicht ist es ja wirklich ein abgebrochener Möser, wie der verehrte Kelte schrieb. Dieser Gedanke war mir eigentlich ein wenig schlüpfrig...aber beim näheren Hinsehen...warum nicht!

Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Marienbad

Wie ist der Durchmesser?
Kann es ein Bohrkern sein, der nachbehandelt wurde. :zwinker:

:winke:

rolfpeter

Kleinster Durchmesser 44mm.
Material ist Sandstein, das wurde in unseren Breiten in der Steinzeit m.W. nicht gebohrt.
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Marienbad

Naja, mich machte die typische konische Form an, der Durchmesser würde auch noch passen!
Auch die perfekte kreisrunde Beschaffenheit des Stücks.

rolfpeter

Naja, dann wäre die Bohrung sicher 55 bis 60 mm im Durchmesser.
Ich denke, daß das Stück vielleicht gar nicht steinzeitlich ist. Vielleicht römisch....keinen Schimmer!
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Marienbad

Aber Mörser und dann aus Sandstein :kopfkratz:

werter47

Hallo,
ich sehe keinen Mörser,sondern einen abgebrochenen Stößel/Pistill.Die Facetten deuten auf einen reibenden statt stoßenden Gebrauch hin.
Gruß Günter

Augenauf!

ist sandstein für einen stössel oder mörser nicht zu weich?

aber auch damals konnten sich die "Techniker" ja schon irren. nicht nur heute wie z.b. Toyotaoder so.
gab wahrscheinlich eine Stössel-rückrufaktion :winke:

rolfpeter

Ich habe mir den großen Beil-Rohling noch mal näher angeschaut.
Beim Material handelt es sich nicht um Tonschiefer, sondern um Kieselschiefer, ich vermute Phtanit d'Ottinies aus Belgien. Dann wäre es keine Beil-, sondern eine Dechselklingen-Vorarbeit und somit in die am Fundplatz auch nachgewiesene LBK zu datieren.
Das macht den Fund noch wesentlich "pikanter"!

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Larry Flint

... was den - wie der werte Werter dankenswerter Weise schon richtig bemerkte - Stößel angeht, der seinen Gebrauchsspuren nach zu urteilen eher als "Schiebel" oder "Reibel" zu bezeichnen wäre, fällt mir ein, dass man vor Jahrzehnten ein ziemlich ähnliches Teil von monströsen Ausmaßen (ich glaub', er war satte 40cm lang...) aus einer Kiesgrube bei Neuss gefischt hat.

Soweit ich mich entsinne, war das Ding aus einem ähnlichen, wenn nicht dem gleichen Material und wies auch ähnliche Gebrauchsspuren wie Rolf Peters Entdeckung auf. Die Zeitstellung ist wohl völlig ungewiss - der Finder (Rückriem?) tippte in seiner Publikation mal intuitiv (und weil da sonst kaum wat anderes zu finden ist) auf neolithisch oder aber römisch.

Genauere Angaben zu dem Fund - samt Zeichnung - hat aber der Bastl - dem hab' ich den Aufsatz mal vermacht...

:winke:

Larry



queque

@ Larry: Werde den Aufsatz morgen rauskramen und mal nachschauen bzw. -lesen.
Muss noch Heftchen machen  :besorgt:
:winke:
Bastl

queque

Also, Herr Rückriem schreibt (irgendwann in den 50er Jahren in einer Schrift des LM in Bonn; ist nur eine Kopie, deshalb gibt es keine genaueren Angaben: Larry war wohl früher noch nicht so ein ausgefuchster Quellenfetischist wie heute  :zwinker:):

Ein bemerkenswertes, zeitlich nicht näher bestimmbares Stück ist ein in Neukirchen, südlich des Ortsteiles Wehl, [...], im Abraum der Sandgrube Offer [...] gefundener, 37,2 cm langer Stößel aus graugrünem, groben Felsgestein mit rauher, vielleicht gepickter Oberfläche (Abb. 41); das im Querschnitt rundliche Gerät verbreitert sich von einem spitzen, leicht gebogenen Nacken bis zu seinem stumpfen Ende auf etwa 5 cm Durchmesser.

@ RP: Wenn Du noch genauere Angaben zur Fundstelle und zur Literatur haben möchtest, auf die Rückriem sich bezieht, dann schick mir eine PM.

Gruß und einen schönen Tag Euch allen
Bastl



rolfpeter

Danke für die Mühe, aber ich fürchte, der werte Herr Rückriem ist in diesem Fall auch kein Quell der Erkenntnis.

Vielleicht taucht ja irgendwann noch das Gegenstück auf, dann diskutieren wir weiter.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Robert

hallo,ich halte das obere Teil für einen Rohling eines Schuhleistenkeiles.

MfG  Ro
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

DamastBarsch

@ queque: die Abbildung hab ich vor kurzem im Bonner Jahrbuch 151 (1951) überblättert (S.298).

Gruß
Tom

queque

@ DamastBarsch: Kommt genau hin. Danke für die Info.
Gruß
Bastl

Khamsin

Moin!

RP, Phtanite d´Ottignies... Wäre denn der Landwirt bereit, das Stück auszuleihen und einer Bearbeitung zu unterziehen? Es ist ein weiter Weg von Ottignies-Mousty nahe der "ferme de Belle Alliance" - na, fällt der Groschen? - bis ins Rheinland!
Den solltest Du unbedingt Deinem "Ampf" zur Kenntnis bringen. Könnte mir denken, dass der ganz schön over the moon knallt, wenn er dös Trumm sieht.
Danke für diese Information und HG KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

rolfpeter

Zitat von: Khamsin in 06. März 2010, 12:41:19

Den solltest Du unbedingt Deinem "Ampf" zur Kenntnis bringen.


Ja klar, hatte ich sowieso vor. Hab schon alles mit dem Eigner ausgekaspert...das Ding geht zum Amt!

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Levante

Hallo Leute,

Sandstein ist eigentlich kein ungewöhnliches Material, leicht zu bearbeiten und knirscht schön zwischen den Zähnen.  :zwinker:

Ne mal im Ernst, ich habe gerade Mörser oder auch Getreidemühlen schon des öfteren aus Sandstein zu Gesicht bekommen.

Was natürlich zu einem Übermäßigem Abrieb der Zähne führte.

Jedoch geht mein Bauchgefühl bei dem Fragment auch eher in Richtung Stößel.


Grüße

Patrick
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)