Beilklopfer

Begonnen von chmoellmann, 21. April 2010, 20:25:13

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chmoellmann

Puh, war das heute ein Tag: Ein vor Wochen gepflügtes Feld, knochenhart getrocknet, schwer zu begehen. Eiskalter Wind trieb mir immer wieder das Wasser in die Augen. Weit und breit nur Staub. Das angrenzende Steinkammergrab sah plötzlich richtig gemütlich aus. Mit tränenden Augen habe ich mich immer wieder nach Vogelkacke gebückt, weil sie so aussah wie krakelierter Flint.
Dann - endlich - was Interessantes und auch der einzige Fund heute:
Meiner Meinung nach ist das ein wiederverwertetes Beil - Rechteckbeil. Die geschliffenen Flächen sind noch recht gut erhalten, soweit nicht abgesprungen.
An beiden Seiten ist es dann als Klopfgerät weiterverwendet worden.
Oder liege ich da falsch?

CptAhab

Das Vogelkackeproblem löste ich unter Mitnahme eines Stocks. Derzeit ein Regenschirmgestänge, natürlich ohne Streben und Bespannung. Liegt gut in der Hand und man erspart sich die ewige Bückerei nach Blättern, Plastik und, nach geschickter Umdrehung des vermeintlichen Objekts, Steinen.
The world is full of crashing bores. - Mozer

arriba

Zitat von: chmoellmann in 21. April 2010, 20:25:13
Mit tränenden Augen habe ich mich immer wieder nach Vogelkacke gebückt

- da müssen wir alle durch  :zwinker: Aber du bist kein echter Sucher, bevor du auch dass Zeugs in der Hand hattest  :zwinker:

chmoellmann

Ja, ja. Stimmt alles. Normalerweise nehme ich immer was vom Ackerrand (Zinken von Heuwendern - da habe ich schon 5 in meiner Sammlung, alte rostige Gestänge oder auch mal was aus Holz. Gestern war aber nix zur Hand.
Aber was ist mit dem Stein?

thovalo

#4
 :winke:

Du liegst richtig!

Zweifelsfrei ein beidseitig ("bipolar") verwendeter Klopf-/Schlagstein, den der Pflug schon intensiv mit auf "die Reise" genommen hat!

Und im Umriss auch gut als sekundär verwendete Beilklinge vorstellbar. Die Bilder lassen die Oberflächen nicht sicher erkennen. Doch da Du selber das Stück in Händen halten und fühlen kannst, wirst Du mit Deiner Ansprache als sekundär verwendetes Beilfragment nicht falsch liegen!

Als Rechteckbeil wird ein wirklich rechtwinklig vierkantig geschliffenes Beil angesprochen (mit plan geschliffenen Schmalseiten).

Das wahrscheinliche Beilfragment hier erscheint eher als Rest einer Beilklinge mit "abgerundet rechteckigem Querschnitt". In Bezug auf eine mögliche Datierung macht das einen Unterschied.

Du wandelst doch im Bereich der "Wartbergkultur"?!

Ein solcher Fundbeleg würde recht gut in diesen Zeitrahmen passen und steht aufgrund der Funktion und des längeren Gebrauchs recht wahrscheinlich mit Siedlungsaktivitäten in Beziehung.

Weil es ja offenbar ein sensibler Fundbereich in Sichtweite eines bedeutenden Bodendenkmals ist, wäre die regelmäßige Melung von Funden aus diesem Bereich ans Fachamt wichtig! Aber vielleicht bist Du ja auch schon längst im entsprechenden Austausch!

Deutlich interessanter als Vogelsch........!  :zwinker:

LG   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

chmoellmann

Ja, das Steinkammergrab ist aus der Wartbergkultur. Fundmeldungen mache ich regelmäßig - allerdings meist erst nachdem die Sachen hier eingestellt werden. Diesen Fund habe ich heute morgen gemeldet.
Auf den beiden "Kopfansichen" kann man den Querschnitt gut sehen. Ein abgerundetes Rechteck, schon sehr weit zum Oval geformt.

thovalo

#6
Hallo moellmann!  :winke:

(Wollte Dir nichts unterstellen! Um ein Mißverständnis zu vermeiden :-))


Diese gerundet rechteckigen Beile sind eine Übergangsform zwischen den oval und streng rechteckig ausgeprägten Beilklingen im Endneolithikum. Das passt hervorragend in die Zeit und ist spannend, weil die Wartbergkultur ja genau in eine Übergangs- und Zwischenzeit fällt.

Die Arbeiten von D. Raetzel-Fabian kennt Du sehr wahrscheinlich!? Er hat sich besonders intensiv mit der Wartbergkultur auseinander gesetzt. Im Link erscheint auch das Erdwerk von Calden das mit spätestem Michelsberg und Wartberg in Verbindung steht.

http://sites.google.com/site/erdwerksforschung/Home


LG  thovalo  :-)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

chmoellmann

@ Thovalo
Unterstellen kannst Du ruhig mal versuchen. Habe aber eine Unterstellgebühr, also Vorsicht :narr:
Nein, im Ernst: Ist schon richtig, immer mal wieder auf die Gepflogenheiten hinzuweisen. Ich möchte nicht wissen, was die Bauern in den letzten Jahrtausenden so alles aufgesammelt haben und was dann verschwunden ist, weil es keinen mehr interessierte.
Aus den Jahren vor dem Denkmalschutzgesetz sind ja auch viele Funde verschwunden, wo keiner weiß, was damit passiert ist. (So sagte mir mal mein Ortsheimatpfleger: Wir hatten in der Schule auch so ein paar Ausstellungstücke - aber keine Ahnung, wo die hin sind..."
Den Link kannte ich tatsächlich schon, interessante Arbeit. Calden liegt bei mir am nächsten dran, sind aber immer noch 40-50 km.


thovalo

#8
 :winke:

Dann bleibe ich "gebührenfrei"!?  :zwinker:

So eine "Schulsammlung" gab es auch hier im Ort bis zur Renovierung der Schule ............".

Mich erstaunt was die Landwirte HEUTE noch so in ihre Wege entsorgen. Das letzte "Ding" das mir begegnet ist war ein "PULVINARIVUM", eine der seitlichen "Rollen" eines römischen Altarsteins. Eigentlich nicht zu "übersehen"!

Finde Deine Region sehr spannend weil sie eine Brücke "zwischen" den Zeiten und Kulturen schlägt!

Den link kennst Du dann sicher auch!

http://www.jungsteinsite.uni-kiel.de/1999_calden/ca_lit/ca_lit.htm


Ich habe grade auch eine sekundär als Klopf- und Schlagstein verwendete Beilklinge eingestellt. Die ist gleichfalls im Querschnitt gerundet rechteckig und ordentlich "abgedengelt"! Das Gestein ist allerdings rätselhaft fremd!

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,42277.msg255734.html#msg255734



LG  thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.