Beilklingen/Werkplatz/Felsgestein: Spätneolithikum Niederrhein

Begonnen von thovalo, 03. April 2010, 16:10:56

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thovalo

 :winke:

Zur weiteren Ergänzung und Vorstellung der Funde aus dem erst seit 2004 bekannten großen Siedlungskomplex vom Niederrhein, einige Belegstücke von einem Werkplatz zur Herstellung von Beilklingen aus Felsgestein und zur Fertigstellung von ausgetauschten Vorarbeiten von Beil- und Dechselklingen aus Feuersteinvarietäten.

Der Siedlungskomplex scheint in vielen Belangen arbeitsteilig organisiert gewesen zu sein. Besonders hervorzuheben ist die Produktion von Felsgesteinbeilklingen, die zumindest der Selbstversorung der hier lebenden und arbeitenden Menschen mit Hiebgeräteeinsätzen gedient hat. Der feinkörnige Siltstein wurde besonders bevorzugt, aber auch quarzitischer Sandstein, Quarzit und andere Gesteinvarietäten wurden zu Beilklingen in unterschiedlichen Formaten verarbeitet.  :glotz:

Es fanden sich zudem Trümmer der zur weiteren Bearbeitung durch Schliff dringend notwendigen Arbeitsunterlagen aus Quarzit. Es sind gezielt bereits natürlich günstig vorgeformte Gerölle an den Ort der weiteren Bearbeitung transportiert worden!

Was im Bereich des Werkplatzes zuletzt passiert ist, ist derzeit unklar, denn die meisten der hier gleichfalls enorm zahlreich angetroffenen Belege von Hiebgeräteeinsätzen aus Feuerstein (Beil- und Dechselklingen) sind verbrannt und durch die moderne Bearbeitung der Feldflur oft kleinteilig zertrümmert. Nur eine Miniaturform ist unverbrannt und unzerstört erhalten geblieben. Bislang weist keine Felsgesteinbeilklinge oder die Vorarbeit einer Felsgesteinbeilklinge Spuren intensiver Feuereinwirkung auf.

Vorstellbar ist unter anderem, dass ein Gebäude, in dem die Beilklingen gearbeitet und nach Beschädigungen vielleicht auch überarbeitet worden sind, in Folge eines Blitzschlags oder eines aus anderen Gründen ausgelösten Schadfeuers zerstört worden ist und die glühenden Resten über der Werkstelle zusammengebrochen sind. Es stellt sich dann allerdings die Frage warum auch die vollständig erhalten gebliebenen funktionsfähigen Felsgesteinbeilklingen und deren Vorarbeiten ohne Anzeichen von Feuereinwirkung auf dem selben Platz zurück geblieben sind.   :kopfkratz:


:-) Die vollständig erhaltene Beilklinge aus Siltstein (Bilder 1-5).
Länge 10.4 cm.


:-) Die eventuell bereits im Verlauf des Produktionsprozess zerbrochene Vorarbeit aus einem Geröll aus Siltstein (Bilder 5-9) ist ein aktueller Neufund vom Werkplatz und bis auf eine kleinere Partie der originalen Oberfläche gepickt.
Länge des Fragments 11.6 cm .
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#1
 :-)
Vollständig erhalten blieb eine bereits durch Pickung abschließend ausgearbeitete Beilklingenvorarbeit aus quarzitischem Sandstein
(Bilder 1-5)    Länge 9.4 cm

Das Werkstück weist noch eine kleine Partie der natürlich überprägten Oberfläche des verwendten Gerölls in einer Einbuchtung (Bilder 2 und 5) auf. Die Anlage der Schneide wurde durch eine Facettierung des Kantenverlaufs vorbereitet (Bild 3).

:-)
Aus derselben Gesteinvarietät ist das Trümmerstück einer nur teilweise gepickten Vorarbeit überliefert.
(Bilder 6-7)    Länge 6.8 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#2
 :winke:

Zwei Beispiele für die sehr unterscheidlich ausfallenden Formate der auf dem Werkplatz angetroffenen Beilklingen aus Siltstein:


:-)
Eine vollständig überschliffene bauchige Kleinform.
(Bilder 1-3)

Länge 6.7 cm

:-)
Eine vollständig überschliffene bauchige Großform.
(Bilder 4-7)

Länge 10.5 cm

:-)
Fragment einer Schleifplatte aus Quarzit.
(Bilder 8-9)

Länge bzw. Breite des Fragments 11.1 cm





Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.