Beilklinge aus merkwürdigem Felsgestein. Gibt es vergleichbares Material?

Begonnen von thovalo, 23. April 2010, 20:23:31

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thovalo

Ein im Gebrauch für Beil- oder Axtklingen ungewöhnliche Felsgesteinvariante?   :winke:


Zum Material dieser sekundär als Hiebgerät und/oder Stößel verwendeten Beilklinge (Länge noch 10.3 cm) mit abgerundet rechteckigem Querschnitt gab es beim geologischen Landesamt die Auskunft:

Metamorphes Tiefengestein ......nicht aus dem Rheinland  ... von ganz weit weg!

Das hat wirklich weiter geholfen.   :super:


Ist möglicherweise eine Beil- oder Axtklinge aus vergleichbaren grünlich-rosig-grauen Material bekannt?

"Gewöhnlicher" Aktinolith-Hornblendeschiefer/Amphibolit ist es nicht.

Durch rein optische Vergleiche fand sich bislang eine gute Entsprechung zu sogenannter "Olivingabbro", aus deren Metamorphose sich z.B. in der Alpenregion, unter enorm hoher Hitze und Druck, Eklogit und zuletzt Jadeitit gebildet hat, aber Gabbro gibts an vielen Orten, auch fern im Norden .......... :kopfkratz:

Bild 4.jpg:  das bemerkenswert schwergewichtige Gestein ist in diesem Bereich
               glasurartig durchscheinend grün



Über eine Rückmeldung würde ich mich freuen!   :-)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Der Wikinger

Hallo Thovalo !  :-)
Sehr schöner und interessanter Fund.  :super:

Das Material könnte sogar Ähnlichkeit mit nordischen Granite oder wohl eher (Granat) Amphibolite haben.  :kopfkratz:
Schau mal den ersten 4 Fotos hier:

http://www.kristallin.de/Metamorphite/Amphibolite.htm#Anker1

:winke:

thovalo

Wikinger, ich danke Dir für den Link!  :winke:

Amphibol(e)..., die dunklen Einschlüsse... das kommt schon sehr nahe und Bild 7 (von Oben gezählt) "verfalteter Amphibol" aus der Ostsee, des entspricht der "fließenden" Struktur des Gesteins der Beilklinge .....   ... nur das die grünliche Färbung ausdrücklich anhaftende Algen sind... sonst ....    wow   :glotz:


Nordischen Granit gibt es hier auch im eiszeitlichen Geschiebe, er ist oft rosig angewittert und bröckelt, aber darunter ist kein auch nur annähernd vergleichbar strukturiertes Gestein.

Vielleicht stammt das Stück ja sogar aus einem Austausch mit dem Norden und nicht mit dem Süden!?


Ganz schön irritierend!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Der Wikinger

Zitat von: thovalo in 23. April 2010, 21:32:17


Vielleicht stammt das Stück ja sogar aus einem Austauch mit dem Norden und nicht mit dem Süden!?



Wäre ja "ganz schön" interessant !!  :super:

:winke:

thovalo

Aber ja! Sogar sehr!

Sind denn lange Beilklingen mit abgerundet-rechteckigem Querschnitt auch "nordische Typen"?

Vom Nacken wird zwar nicht allzuviel Material fehlen, aber bis zu einer Schneide werden es bei dem Durchmesser von 3.5 cm und der erhaltenen Länge von 10.3 cm zum Teil der Schneide hin sicher noch mindestens 7-10 Zentimeter gewesen sein.

Das war dann ein ordentlich großer und sehr schwerer Geräteeinsatz!

Gibt es eventuell auch einen link zu "nordischen" Beilklingentypen aus Felsgestein!?


thovalo :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Der Wikinger


Leider bin ich kein Spezialist in diesen Beilklingen aus Felsgestein, und Internetlinks kenne ich auch nicht.
Unmittelbar meine ich aber, dass eine Beilklinge aus diesem Material eher selten wäre.
Die meisten Felsgesteingeräte wurden aus grünen (werden bei uns "grønsten" / Grünstein genannt) oder fast schwarzen Gesteinsarten hergestellt.
Das sind sehr feinkörninge, regelmässige gesteine, wohl auch eine Art Amphibole ?? Da wissen andere mehr.

Ich kann aber zu ein paar Threads hier im Forum hinweisen:

Hier ein Fund von mir, der aber auch mein einziger diesen Typs ist. http://www.sucherforum.de/index.php/topic,26133.msg147737/topicseen.html#msg147737

Hier sind einige wenige Typen aus den unzähligen nordischen Typen zu sehen:
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,25185.msg142432/topicseen.html#msg142432

:winke:


thovalo

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

rolfpeter

Servus,

ich würde auch für einen AHS-Schiefer / Amphibolit plädieren. Mit den länglichen dunklen Körnern, die in eine hellere Matrix eingelagert sind, ist das Stück eigentlich ziemlich typisch.

Auch bei den frühneolithischen Dechselklingen kommt das Material keinesfalls einheitlich daher! Es gibt mal mehr, mal weniger dunkle Bestandteile. Die dunklen Körner sind verwitterungsresistenter als die Matrix. Nach meiner Erfahrung wird das Gestein durch "Patinierung" immer dunkler, rezente Macken sind also immer relativ hell. Die deutliche Musterung kommt erst bei patinierten Stücken richtig raus. Das ist auch bei Deinem Fund so.

Ich habe mal eine mittelneolithische Klinge angehängt, auch nicht typisch, aber doch Amphibolit .

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

thovalo

 :glotz:

Ich habe auch noch einmal das Fundmaterial durchgesehen und vom selben Fundplatz eine kleine schräg gebrochene Beilklinge aus Amphibolith fotografiert.

Es gibt offenbar die gut bekannte eher "schiefrig" geschichtete Variante mit unter dem Fingernagel rauer Oberfläche, die graugrünlich gefärbt ist und an angewitterten und angeschlagenen Stellen grünlich wirkt und dann eine enorme Bandbreite von Unterschieden in Dichte und Struktur. Die ist auch im Internet immer wieder zu finden. Genauso wie bislang wenig gelungene Versuche die jeweilige Herkunft sicher zu erkunden.

An dem oben abgebildeten als Stößel verwendten Stück ist die überformte Oberfläche glasglatt, das Farbspiel geht von grau über grünlich bis leicht rosig. Die eingelagerten dunklen Minerale sind sehr groß , die "Matrix" ist leicht silbrig glänzend und das Gewicht enorm hoch. In der Seitenansicht wirkt der Stein wie lang "gezogen".

Das könnte gut die Folge unterschiedlicher Prägungsbedingungen derselben Gesteinmasse durch Hitze und Druck sein.


@ rolfpeter

nicht nur ästhtisch schön sondern auch ein technologisch eindruckvoller Fundbeleg in Deiner Hand!


Vielen Dank!   :winke:



Unten Bilder der kleinen Beillklinge, deren Material ich als "typisch" und "charakteristisch" für Amphibolit kennen gelernt habe. Das wäre sozusagen das "reguläre" verwendete Material und alles andere unterschiedlich ausgeprägte Varianten. Für den Fundort selber sind das dann sicher Beilklingen aus eingetauschten bzw., aus welcher Himmelsrichtung auch immer, "mitgebrachten" Gesteinvarietäten
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

rolfpeter

Ja genau, das ist der typische Amphibolit.
Der angebohrte Keil ist nicht von mir, der stammt aus einem Museum  :zwinker:

Ermittle doch mal die Dichte des Gesteins. Vielleicht bringt uns das weiter.

Meine Diagnosen sind ja auch bekanntermaßen die eines Laien!

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

thovalo

Gibst Du mir bitte nen Tip wie ich die Dichte ermitteln kann?  Da bin ich vollkommen unbedarft! :kopfkratz:


PS: Museum....  was das Finden solcher Prachtstücke angeht, traue ich Dir und Deiner Sammlung ALLES zu!
A propos Museum und Deine Funde: Du hattest doch eine zweiseitig spitz zulaufende Axtklinge mit ovalem Schäftungsloch in zwei Teilen aufgelesen. Ich kann mich an eine identisch geformte vollständige Klinge mit ovalem Schäftungsloch im Museum von INGOLSTADT erinnern. Trotz langem Suchen habe ich dazu aber keine Bilder gefunden. In der Schweiz gibt es eine noch geschäftet gefundene Klinge mit vergleichbarer Form, ohne dass ich etwas über die Gestaltung des Bohrlochs weiß. Diese Stücke werden als Zeremonialäxte angesehen und sind bekannter maßen sehr selten!

Geht DOCH!  Dritte von Links!   :winke:

http://www.ingolstadt.de/stadtmuseum/scheuerer/museum/r-02-004.htm

LG  thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

der finder

Moin,

hier in der Mitte von Niedersachsen finde ich manchmal Steine in der Art die am Rand grünlich durchscheinend sind. Das das Material ein bißchen Ähnlichkeit mit Obsidian hat, habe ich mir mal ne Klinge daraus geschliffen. Ist leider etwas Porös aber ansonsten gut geeignet für Klingen und läßt sich sehr schön polieren. Mit meiner Klinge läßt sich Papier sehr gut schneiden, ein schöner Brieföffner.
Da die Steine hier aufn Acker alle mit den Gletschern aus dem hohen kommen ist die Herkunft von da oben sehr wahrscheinlich.

Gruß der finder 
Glaube kann Berge von Wissen ersetzen!

thovalo

Hallo finder  :winke:

Das wirkt ja sehr nahe "verwandt"! So ein schönes Ausgangsmaterial gibt es hier gar nicht! Herzlichen Dank für die Bilder und den Hinweis!

LG  :-)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Grenzton

Hallo thovalo.

Im Münsterland habe ich mal ein aus ähnlichem Material gearbeitetes Beil gefunden.
Die Oberfläche ist zwar nur gepickt, aber ich denke das es zum Vergleich sicher interessant ist.
Nur die Schneidenpartie ist leicht geschliffen.
Das Rohmaterial wie auch das Material des Beils stammt aus dem Münsterländer Kiessandzug. Dieser beinhaltet zahlreiche nordische Gerölle, wie auch diesen Amphibolit.

Gruß, der Kalle 
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

rolfpeter

Ja, die Dichte zu ermitteln, das geht einfach. Hat der weise Archimedes herausgefunden.

Man benötigt beim heutigen Stand der Technik:
1 Digitalwaage (Küchenwaage Aldi o.ä., 1g genau, €9,99)
1 Gefäß, Einmachglas o.ä.
Wasser,
Bindfaden.

Man füllt in den Behälter so viel Wasser, daß das Stück, dessen Dichte bestimmt werden soll, ganz eintauchen kann.
Jetzt wird das Gewicht des Prüflings ermittelt. Ich habs mal mit je einer Dechselklinge aus Amphibolit und Basalt gemacht.

Amphibolitdechsel: 99g
Basaltdechsel: 110g

Dann wird das gefüllte Gefäß gewogen.
Gefäß, gefüllt mit Wasser: 457g

Nun wird dier Prüfling mit einem dünnen Nähgarnfaden ins Wasser gehalten, so, daß er ganz eintaucht, aber nicht den Boden oder die Wand berührt. Das Gewicht wird gemessen

Gefäß, Wasser und Amphibolitklinge: 490g
Gefäß, Wasser und Basaltklinge: 495g

Indem man vom Bruttogewicht das Nettogewicht abziehen, erhält man den Auftrieb. Da Wasser eine Dichte von 1g/cm³ hat, entspricht das dem Volumen.
Amphibolit: 490g - 457g = 33g, entspricht 33 cm³ Volumen
Basalt: 495g - 457g = 38g entspricht 38 cm³ Volumen

Dichte= Gewicht / Volumen

Amphibolit: 99g / 33 cm³ = 3 g/cm³
Basalt: 110g / 38 cm³ = 2,89 g/cm³

Viel Spaß beim kleinen Physikpraktikum

:winke:
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

thovalo

Gaaaanz einfach ... geht klar ......    :winke:

Ich werd mich mal   v o r s i c h t i g   dran begeben ...   doch das wird wohl was dauern!!!!!!


Sobald ich´s raus habe gebe ich Raport!   :super:



:zwinker: Der spinnt doch der Archimedes........ hatte ja auch sonst nix zu tun.... ich und Physik.....  :heul:
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der finder

Moin,

ich habe ca 1,5 - 2cm runtergeschliffen bis er so aussah und ich den Kern erreicht hatte. Vorher sah der Stein von der Struktur aus wie deiner. Ich müßte davon noch welche im Garten haben, werde morgen mal einen suchen und ein paar Bilder machen.
Gruß der finder
Glaube kann Berge von Wissen ersetzen!

Kelten111

Habe auch ein Beil von meinen Lieblingsacker das dem Material ähnelt :glotz:
Ist aber im Heimatmuseum.
Werde es mal Fotographieren.

thovalo

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der finder

Moin,

hier mal die Bilder vom Ausgangsmaterial. Das Grün geht leicht ins olive.

gruß der finder
Glaube kann Berge von Wissen ersetzen!

chmoellmann

Für alle Nicht-Physiker gibts noch ne alte Methode für Dichte-Prüfung:
Stein mit Schmackes vor den Kopf hauen, auf einer Schmerzskala von 1-10 und anhand der Beschädigungen am Stein lässt sich dann eine persönliche Dichte-Skala entwickeln.
Kopf kaputt = nicht ganz dicht. :narr:

thovalo

Hat   s e h r  weh getan!!!!!!!!!    :irre:


und............  kann mich an Nichts erinnern!!!!!!!!!!!!    :engel:



Problem gelöst........ :-D .......   :super:
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