12. Begehung auf "Hauptfundplatz 1"

Begonnen von thovalo, 21. Juni 2010, 18:19:07

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thovalo

 :-)

Jetzt geht es zwar nur noch in den Traktorspuren weiter, doch fand sich neben einer Anzahl von kleineren Abschlägen auch eine Pfeilspitze.

Sie besteht aus Feuerstein der Varietät "Rijkholt" und ist aus einer kleinen Klinge gefertigt. Der retuschierte Bulbus befand sich im Bereich der Ventralfläche an der Spitze des Projektils, wie die "Wallnerlinien" noch gut erkennen lassen. Die äußere Spitze ist rezent abgedrückt.

Das Stück ist vollständig von ventral nach dorsal kantenretuschiert. Nur eine kleinere Partie des Kantenumlaufs ist bifaziell auch auf der Ventralseite anretuschiert worden. (Bild: Projektil 5.jpg)

Die Basiskante ist durch einen Biegebruch knapp weggebrochen, doch lassen sich die auslaufenden Nagetive der Randretuschierung noch sehr gut erkennen. Die Spitzenpartie ist dorsal durch eine Flächenretusche ausgedünnt worden.

Die Projektile auf diesem Platz setzten sich aus ungewöhnlich zahreiche Pfeilspitzen und Pfeilschneiden zusammen.

Die Pfeilspitzen weise ungemein vielfältige Formen und Retuschierweisen auf. Ein "Standard" in Form und Ausprägung kann nicht herausgestellt werden.

LG  thomas   :winke:


Länge: noch 2.6 cm; max. Breite: 1.4 cm; max. DM: 0.35 cm

(im letzten Bild, neben den sonstigen Pfeilspitzenbelegen, ist der Neufund oben rechts freigestellt)

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,43227.0.html (link zu Bildern der Pfeilschneiden desselben Fundplatzes)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

queque

Lieber Thomas,

schöner Fund, wenn auch etwas klobig und die (intentional?) abgerundete Spitzenpartie irritierend. Mal eine ganz andere (dumme?) Frage: Wenn ich dich richtig verstanden habe, stammen alle Projektile von einem Fundplatz. "Aber interessant" ... (um den genialen Wolf Haas zu zitieren  :zwinker:@ Larry):
Warum kommt es zu einer solchen Häufung von Projektilen (innerhalb eines mutmaßlichen Siedlungspaltzes)???
Man sollte doch davon ausgehen, dass die Teile auf der Jagd, entfernt von ihrem Herstellungsplatz, verschossen und dabei auch ramponiert wurden, oder? Also: Verworfene Spitzen, Halbfabrkate, unbefriedigende Produktionsergebnisse oder einfach nur der ganz normale Vorrat, der in der Hütte resp. dem Zelt gelagert wurde? Oder Geschosse, die mit der erlegten Beute wieder in die Siedlung geschleppt wurden? Aber warum wurden sie dann nicht wieder benutzt? Einige der Spitzen sehen doch  - noch - ganz propper aus!
Fragen über Fragen.
Bitte um Aufklärung, Ideen oder Maßregelung ob solch unqualifizierter Gedankengänge.
Gruß und bis spätestens Donnerstag :winke:
Bastl

Larry Flint

#2
Och Bastl,

... vielleicht, weil sich in einer Siedlung hin und wieder Menschen aufgehalten haben, die den ganzen Plunder (... nicht nur Pfeilspitzen...) - aus irgendwelchen Gründen - hergestellt und benutzt haben? :kopfkratz: :narr:

Auf Siedlungsplätzen häufen sich nämlich Funde schomma, wie du womöglich schon bemerkt hast...

Ansonsten rotten sich Pfeilspitzen zuweilen aber auch in Gräbern zusammen - frag' mich bloß nicht wieso...

Abgesehen davon, scheint der ganze Kram (... außer typischen Siedlungsanzeigern wie z.B. Mahl- und Reibsteinen oder bezeichnenderweise Hüttenlehm...) allerdings fast überall irgendwie zu streuen, was wohl daran liegen mag, dass andere Örtlichkeiten nicht in dem Maße wie z.B. Siedlungen frequentiert worden sind - und sollten sie es doch...

... dann häuft es sich dort eben wieder.

Genug gehäufelt.

:winke:

Larry

PS: Upps - hab' gerade erst gecheckt, dass ich diesbezüglich wohl gar nicht explizit angesprochen war, sondern Thomas - insofern muss ich wohl auch nicht weitergrübeln, was zur Hölle jetzt schon widder für Donnerstach geplant war... - Verzeihung, ich werd' alt...

thovalo

#3
Zitat von: queque in 21. Juni 2010, 20:30:47
Lieber Thomas,

die (intentional?) abgerundete Spitzenpartie...... Mal eine ganz andere Frage: Wenn ich dich richtig verstanden habe, stammen alle Projektile von einem Fundplatz.... Warum kommt es zu einer solchen Häufung von Projektilen (innerhalb eines mutmaßlichen Siedlungspaltzes)??..... Also: Verworfene Spitzen, Halbfabrkate, unbefriedigende Produktionsergebnisse oder einfach nur der ganz normale Vorrat, der in der Hütte resp. dem Zelt gelagert wurde? Oder Geschosse, die mit der erlegten Beute wieder in die Siedlung geschleppt wurden? Aber warum wurden sie dann nicht wieder benutzt? Einige der Spitzen sehen doch  - noch - ganz propper aus!
Fragen über Fragen.


Bitte um Aufklärung, Ideen oder Maßregelung ob solch unqualifizierter Gedankengänge.
Gruß und bis spätestens Donnerstag :winke:
Bastl


Hallo Bastl!


Die Spitze ist nicht abgerundet, sondern abgebrochen.  :glotz:  Da ist der doofe Kartoffelbauer wieder mal mit seinem Pflug dagegen gefahren!!!!  :wuetend: (das macht der doch mit Absicht!!!!)


Tja warum so viel auf einen Haufen..  :kopfkratz:.. Denke da spontan an Muttis Nähkasten....  welche Nadel nehmen wir denn Heute.. , welche passt wozu .... ?

Wenn der Hirsch stolz in der Abendsonne nahe am Pfostenbau steht, wäre es wohl schlicht und einfach zu spät gewesen dann mit der Produktion einer geeignete Pfeilspitze anzufangen ....

So grundsätzlich spräche ja Manches dafür, dass Silexartefakte und insbesondere Projektile nicht erst dann hergestellt wurden wenn man sie im nächsten Moment brauchte, sondern dann, wenn "zuhause" Zeit dafür übrgig war, sich z.B. Abends in Ruhe beim schummrigen Schein des Herd- oder Lagerfeuers (ein bißchen verklärte Romantik muss sein!) mit einer gewissen Vorproduktion zu beschäftigen. Jeder machte das dann so gut wie es konnte. Zweckmäßig und tödlich waren die Dinger alle, ob nun flächig oder wie hier lateral anretuschiert.

Dann gab es Stunden für den Bau von Pfeilen, für die dann die vorgefertigten Projektile verwendet wurden. Es wurde ja sicher auch nicht erst ein Pfeil gebaut, dann verschossen, dann wieder ein Pfeil gebaut ...

Du hast ja schon die enormen Mengen an Artefakten von diesen einen Platz im Original gesehen... der Himmel ist den Menschen dort irgendwann auf den Kopf gefallen, eine Seuche hat sie kurz und knapp dahin gerafft, der Rhein hatte Hochwasser, dass viel zu lange stehen blieb und der Ort musste verlassen werden, es gab eine gewalttätige Auseinandersetzung und es kam Niemand mehr zurück...  Das ist hier wirklich eine einzigartige und merkwürdige Fundsituation!!! Scheinbar Überreste einer "Momentaufnahme"  

Der Platz und die anderen Plätze konnten aus unbekannten Gründen offenbar nicht "systematisch" geräumt werden!

:winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

chmoellmann

Stand doch neulich in der Zeitung: Hochsitz zusammengebrochen, Jäger tot. Wird vor 5000 Jahren nicht anders gewesen sein. Such mal weiter, vielleicht findest Du die Knochen auch noch. :winke:

thovalo

#5
Da rätselt die Wissenschaft, der Laie wundert sich...

und die Erklärung liegt so nahe:


der steinzeitliche Jagdheld ist beim Zusammenbruch seines Hochstandes in den eigenen Pfeil gestürzt und mit ihm und seinen Überresten ist die mit Jagdmotiven bestickte Umhängetasche mit dem Pfeilspitzenvorrat flächig in den Modder entglitten!!!


Mann, jetzt noch die Pfeilspitze in einem Knochen des sonst in seinen physischen Resten vergangenen "Bruchpiloten" finden und ich hab´s geschafft!   :glotz: :glotz:


        ........  "gespickter Neolithiker an Pfeilspitzensalat"  


Archäologie kann die Horizonte enorm weiten!!!!!!!!!!!!    :-D


LG  thomas    :zwinker:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.