Wohl spätrömischer Siegelring, Schiene gebrochen und verbogen

Begonnen von St. Subrie, 05. Juli 2018, 15:34:49

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St. Subrie

Dieses Petschaft kommt vom Weinberg direkt neben  diesem keltisch, römisch und frühmittelalterlich vorbelastetem Luzernefeld
 http://www.sucherforum.de/index.php/topic,74194.0.html
Der Rheingauner und ich haben vor ein paar Wochen in diesem Weinberg nach kurzer Zeit schimpfend aufgegeben, das Unkraut stand fast hüfthoch. Jetzt hat sich der Winzer erbarmt und den Boden bearbeitet und siehe da, man findet ! Römische Dachziegel zum Beispiel. Aber heute auch optisch schöneres :
Dieses kleine Petschaft (das kleinste, das ich je gefunden habe) gibt mir Rätsel auf. Die Handhabe könnte als hochmittelalterlich durchgehen, allerdings ist sie deutlich zierlicher als die eher klobigen mittelalterlichen. Die Platte aber paßt m.E. nicht zum Mittelalter, sie hat für mich archaischere Anklänge. Ähnliche Darstellungen habe ich auf antiken Siegeln gesehen, aber daran mag ich hier nicht glauben. Ganz rechts steht eine Figur, die an einen Adoranten oder einen Heiligen erinnert.

Gruß St. Subrie

stratocaster

#1
Ich habe mal die Farben invertiert; d.h. einen Quasi-Abdruck erzeugt.
Vielleicht hilft das  :glotz:
Erinnert mich an die Rückseite einer römischen Kleinmünze.  :nixweiss:

Ist das auf der Rückseite eine Bruchstelle oder eine linienförmige Erhebung am Rand ?

Gruß  :winke:
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und dennoch geschwiegen haben !

St. Subrie

Vielen Dank Strato, kommt jetzt gut raus. Eine Gestalt nach links mit Stab ? Ein Bischof ? Keine Bruchstelle, eine Erhebung auf der Oberseite vorne.
Das Ding ist wirklich winzig !
Gruß
W.

Sigillata

Eine Petschaft im eigentlichen Sinne ist das wohl nicht, eher ein Siegelring mit gebrochener Schiene. Datierung (spät)römisch.

St. Subrie

#4
Jetzt bin ich aber baff, Sigi ! Und Du hast sicherlich recht, denn wenn es ein Siegelring ist, dann wäre die "Erhebung auf der Vorderseite" nichts anderes als ein abgebrochener  Ansatz der Schiene. Schon Strato hatte das völlig richtig gesehen. Und meine "zierliche Handhabe" ist einfach nur die verbogene Schiene selbst.
Das Objekt ist allerdings vor Ort in "Südwesteuropa" geblieben, es ist Teil eines Fundkonvoluts von einer im Luftbild entdeckten, ungewöhnlich großen römischen villa mit zwei einander gegenüberliegenden Gebäudereihen von jeweils etwa 80 Metern Länge, so daß  samt Innenhof eine Fläche von mehr als 4000 qm bedeckt wäre. Das gesamte Fundmaterial steht vor Ort bereit. Und wartet auf Begutachtung durch die regionale Archäologie.
Auch "spätrömisch" würde gut passen, es liegen kaiserzeitliche, spät- bis späteströmische und auch frühmittelalterliche Funde vor, z. B. die vergoldete Silberschnalle, die ich bereits vorgestellt habe (unter "Schnallen").
Ich werde die Freunde vor Ort informieren und darum bitten, den Ansatz der "Handhabe" zum abgebrochenen Ende hin genauestens zu betrachten. Dann hätten wir letzte Sicherheit.

Vielen Dank für deine akribische Analyse des Objekts !

St. Subrie

Ich glaube, mich laust der Affe ! Ich blättere so vor mich hin nach Bildern von römischen Siegelringen und stoße auf das hier :
http://www.bodendenkmalpflege.lvr.de/de/aktuelles/fund_des_monats/fund_des_monats_juni_2014~id_297695.html#
Kann es sein, daß wir es hier ebenfalls mit einer vom LVR-Amt so genannten "Quellszene"  aus frühchristlichem Kontext zu tun haben ? Der Aufbau der Szene ist ähnlich. Der "Prophet"  ist bei meinem Stück anders gekleidet, aber er hält ebenfalls etwas Stabförmiges in der Hand (das ich für ein Schwert gehalten habe). Und links im Bild sind bei beiden Darstellungen kleine wellenförmige Rundungen zu sehen, die Quelle ?
Überraschend wäre ein frühchristlicher Fund von meiner Fundstelle nicht unbedingt, kam von dort doch auch das erste bis jetzt bekannte Anzeichen des aufkommenden  Christentums in unserem Tal, eine römische Münze mit christlichem Symbol   http://www.sucherforum.de/index.php/topic,73303.0.html
Jetzt bin ich sehr gespannt auf euere Meinungen.
Gruß
St. Subrie

Merowech

Zitat von: Sigillata in 24. Juli 2018, 11:17:39
Eine Petschaft im eigentlichen Sinne ist das wohl nicht, eher ein Siegelring mit gebrochener Schiene. Datierung (spät)römisch.

Richtig ein Ring.
Frühchristlich etwa um 350 - 400.
Grüße    MICHA   Und nutze den Tag - na ja ? - die Nacht auch !  :zwinker:

Merowech

#7
Variante I.  Nach A.Beatriz Chadour handelt es sich um die Darstellung eines gebückten Jünglings welcher mit einer Langsichel zwei Ähren erntet. Zwei Varianten.

Variante II. Ebenfalls Chadour ( und mein Favorit ) Jüngling angelnd neben Felsen sitzend. Zurückgehend auf eine pagane Darstellung Amors als Fischer
oder mit Waffen spielend.

In frühchristlicher Zeit galt Christus als der Fischer der Sterblichen und gehörte Sinnbildlich zur Bekehrung zum Christentum und zur Errettung der Seelen. Und Jesus sprach zu Paulus " Von nun an sollst du Menschenfischer werden " Somit wird der Fischer zum Tauf - und Heilssymbol der Christen in frühchristlicher Zeit.



Quelle ( Von mir und Anne Beatriz Chaudour / Rings 1994 )

Grüße    MICHA   Und nutze den Tag - na ja ? - die Nacht auch !  :zwinker:

St. Subrie

Vielen Dank, lieber Micha, jetzt hätten wir also zwei ernstzunehmende Deutungsmöglichkeiten, wobei ich jedenfalls  die dritte Möglichkeit (Langsichel) nicht wirklich sehe.
Gruß
W.

stratocaster

Mannomann  :glotz:
Du findest vielleicht tolle Sachen  :super: :super: :super:
Ich bin ganz baff, auch über die tollen Hinweise von Mero  :super: :super: :super:
Was man hier nicht alles zu sehen bekommt  :ildf:

Gruß  :winke:
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Merowech

Zitat von: St. Subrie in 24. Juli 2018, 21:37:14
Vielen Dank, lieber Micha, jetzt hätten wir also zwei ernstzunehmende Deutungsmöglichkeiten, wobei ich jedenfalls  die dritte Möglichkeit (Langsichel) nicht wirklich sehe.
Gruß
W.

Für mich kommt die Langsichel auch nicht in Betracht. Ich denke V II. passt gut überein.

Grüße Micha
Grüße    MICHA   Und nutze den Tag - na ja ? - die Nacht auch !  :zwinker: