Umgang mit Quellenangaben

Begonnen von stratocaster, 23. März 2015, 10:51:34

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stratocaster

Mal ne Frage:
Kürzlich hatten wir in einem Beitrag diesen Link
http://dare.uva.nl/cgi/arno/show.cgi?fid=339325
hinter dem sich die Arbeit "Armed Batavians" verbirgt, die sich mit römischen Funden
vor allem auf niederländischem Gebiet befasst.
(Download dauert; die Arbeit ist umfangreich)

Die Beschläge auf den Seiten 40 und 359 unten sind nun mit 99%iger Sicherheit nicht römisch
sondern hoch- bis spätmittelalterlich.
Wie geht man jetzt damit um ?
Ich will um Gottes Willen auf keinen Fall die Bedeutung dieser tollen Arbeit schmälern, aber
Irren ist ja menschlich und kommt vor aber: wenn irgendwo etwas steht, dann ist es auch zitierfähig.

Wenn ich mir z.B. die Funde der Seiten 318 -321 ansehe, dann kann sich die Ansprache "römisch"
für die meisten Objekte doch nur aus einem Fundkontext herleiten und nicht aus der Art des Objektes selbst, oder ?

Mich würden Eure Meinungen oder Erfahrungen interessieren.

Gruß  :winke:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

TeSi

Die abgebildeten Objekte, insbesondere die Schnallen, sind auch aus anderen römischen Fundkomplexen bereits seit der frühen Kaiserzeit bestens bekannt, so dass die Datierung des einzelnen Objektes in die Römerzeit durchaus per se erfolgen kann.

lord3d

Ich sitze gerade an einer Hausarbeit über den Kulturtransfer mesopotamischer Dichtung nach Griechenland in der Archaischen Zeit und damit verbunden der Frage, als wie wesentlich dieser einzuschätzen ist – und ob dabei der Landweg über Anatolien die zentrale Rolle spielte, oder doch der Seekontakt mit der Levante. Die ganzen Aufsätze der letzten fünfzehn Jahre, die ich dazu durcharbeite, sind ein Quell an subtilen Beleidigungen gegenüber anderen Lehrmeinungen, sowas habe ich noch nicht gesehen – was 2001 ,,erwiesen" wurde, zerreißt der nächste im Jahr 2003, dessen Arbeit wiederum 2007 komplett auseinandergenommen wird – und alle haben sie ganz stichhaltige Beweise. :-)

Was ich damit sagen will: Ich glaube, dass es sowas in Massen gibt. Im archäologischen Bereich lässt es sich natürlich einfach als ,,eindeutig falsch" abstempeln, als z. B. in der Altorientalistik. Im Prinzip kann man dagegen nichts machen. Den Autor könnte man natürlich darauf hinweisen, aber das bringt auch nicht besonders viel, wenn eine Arbeit einmal im Umlauf ist und in den Bibliotheken steht. Es hat im Endeffekt auch niemand ein Interesse daran, sich selbst zu korrigieren. Im Zweifelsfall wird auf den Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung oder wiederum ältere Arbeiten verwiesen. Ist ein bisschen ein Teufelskreis.
Habemus Nachforschungsgenehmigung.

St. Subrie

Guten Tag,

wenn ich Euch so lese, Sratocaster, TeSi und lord3d, dann bin ich schon ein bischen stolz auf das Niveau unseres Forums. Man stelle sich diese Diskussion beispielsweise im xxx.forum vor, die Reaktion wäre "hä???".
Hat nichts mit dem Thema zu tun, mußte ich jetzt aber los werden.
Gruß
St. Subrie

Jøran-Njål

@St. Subrie

Zustimmung von meiner Seite.  :super:
Neben ein "Hä" folgt dann auch meistens gerne mal "Wieviel Geld bekommt man dafür"?

Grüße,

Jøran-Njål
Der Raubgräberterminator meint: Freiheit für legalle Sondengänger und Archäologen. Nieder mit der Deutschen Sondengänger Union! Vertraut ihnen nicht!

meckpom

Zum xxx.würg halte ich mich mal raus, auch wenns schon wieder anständig in den Fingern juckt ...

stratocaster

Zu meiner eigentlichen Frage kamen nun doch recht wenige Antworten.
Was lord3d schreibt, kann ich aus anderer Sicht nur bestätigen. Ich komme aus der Technik
und habe früher auch einiges veröffentlicht. Da habe ich den Begriff "Zitierkartell" gelernt. Da mag es
5-10 "Forscher" geben, die sich ständig gegenseitig hochleben lassen und keinen in ihr Zitierkartell lassen.

Die Arbeiten anderer zu kritisieren kommt dann selten vor, weil man ja nicht genau weiß, ob die eigene Arbeit
nicht auch Fehler oder Unzulänglichkeiten aufweist. Da lässt man das lieber sein. Einfacher ist es doch,
die Arbeiten der "Feinde" zu verschweigen und es sich im eigenen Zitierkartell gemütlich zu machen.

Die oben zitierte Arbeit aus den Niederlanden hat ja nun weit über 400 Seiten. Da ist es rein aufgrund der Menge
wahrscheinlich, dass bestimmte Dinge nicht stimmen. Ist ja auch nicht schlimm. Aber wie geht man damit um ?
Ich hatte mal im Neuen Museum etwas entdeckt, was nicht stimmt und daraufhin den Museums-Chef angeschrieben.
Der hatte ausgesprochen freundlich geantwortet, sich bedankt, auch Gründe genannt, und gesagt, dass man
bei Gelegenheit korrigieren wird (Ist aber wohl noch nichts passiert). Auch beim Tilly-Fund stimmen zumindest die
im Internet gezeigten Knöpfe eher nicht.

Gruß  :winke:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

lord3d

Wäre eigentlich mal eine schöne Idee für ein Online-Projekt – eine Website, die Fehler in modernen (!) wissenschaftlichen Arbeiten aufzeigt und jedem die Möglichkeit gibt, selbst Fehler zu melden. Also kein ,,GutenPlag" resp. Pranger, sondern einfach ein sinnvolles Instrument, um Falsches nicht blind weiterzutragen.
Habemus Nachforschungsgenehmigung.

Caddy

Zitat von: lord3d in 29. März 2015, 12:45:43
Wäre eigentlich mal eine schöne Idee für ein Online-Projekt – eine Website, die Fehler in modernen (!) wissenschaftlichen Arbeiten aufzeigt und jedem die Möglichkeit gibt, selbst Fehler zu melden. Also kein ,,GutenPlag" resp. Pranger, sondern einfach ein sinnvolles Instrument, um Falsches nicht blind weiterzutragen.

Die Idee finde ich ganz interessant. Man kann da als Laie sicherlich noch etwas dazulernen, sind ja einige fachbezogene Experten
hier unterwegs.

Wo ich eine Gefahr sehe, dass es zu Kreisdiskussionen kommt, um die eigene Theorie/Auslegung zu verteidigen.

Aber interessant allemal.

lord3d

Zitat von: Caddy in 29. März 2015, 14:35:33
Wo ich eine Gefahr sehe, dass es zu Kreisdiskussionen kommt, um die eigene Theorie/Auslegung zu verteidigen.

Im Bezug auf archäologische Funde würde das zwar auch eine Rolle spielen, ich glaube aber die Streitpunkte wären geringer als wenn es um die Interpretation griechischer Dichtung ginge. Machen wir das doch einfach als Subdomain von sucherforum.de, spielen da z. B. Mediawiki drauf und los geht's mit der fundierten Kritik an wissenschaftlichen Arbeite. :prost:
Habemus Nachforschungsgenehmigung.