Flurname

Begonnen von awo, 29. November 2009, 19:15:54

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awo

Hallo,

Ich suche nach der Bedeutung der "Flurnamens" Wedde.

Ich komme aus dem süddeutschen Raum (Baden Württemberg).

Im Nachbarort wird / wurde als die Wedde eine Art Teich im Ort bezeichnet, der später als Feuersee genutzt wurde...bei uns im Ort ist die Wedde eine Stelle am Dorfbach.

Wer hat eine Idee, wo der Name herkommt, was er ursprünglich bedeutete ?

Im Internet habe ich folgendes gefunden:

Durch Hakenbildung und Verlandung der flachen Seen entwickelte sich die Abgrenzung der Seen untereinander und zum Großen Jasmunder Bodden. Alte Flurbezeichnungen zwischen den Seen deuten auf den Verlauf historischer Furten –,,Kleine Wedde" und ,,Große Wedde" – und zeigen an, daß die Hakenbildung auch unter Wasser weit fortgeschritten war (Bedingungen für eine Wedde: Fester Boden aus Seesand).

andreas

awo

Hat jemand Interpretationsideen?

Daniel

Schon mal probiert über die Uni Bibliotheken etwas über die Flurnamen Deines Orts rauszubekommen? :kopfkratz:
http://www.ub.uni-stuttgart.de
In die Suchmaske den Ort von Dir eingeben und schauen,was dabei rauskommt.
In meinem Fall gab´s ein Buch von 1944,in dem die ganzen Flurnamen von meinem Ort (auch diejenigen,die es einmal gab.) erklärt wurden. :super:
Und im Normalfall darf man sich auch als "Nichtstudierender" Bücher ausleihen,sofern man ein Benutzerkonto angelegt hat.

Gruß Daniel
Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

Theodahad

Hallo awo

Ich denke dass es auch einen Zusammenhang mit "Watt" hat,passt ja von der Ähnlichkeit des Namens und der Beschreibung mit dem festen Seeboden her.

Das Wort kann auch von einem Namen stammen,der "widu" im Namen hat,z.B. Widukind,das heißt der Namensgeber hat da gewohnt,gewirkt oder Besitz gehabt.In Bezug auf Süddeutschland aber eher ungewöhnlich,nehm ich an.

"wede" kann für Holz/Hölzung/Wald stehen.

jabberwocky666

Der Name ist dort zwar nicht aufgeführt, vielleicht kann man Dir da aber trotzdem helfen - eine sehr interessante Seite: http://www.flurnamen.net/

LG Jan
Neuer Tag, neues Glück, sieh nach vorne, nicht zurück...

awo

Danke für die hilfreichen Tips! Werd dort mal nachschauen.

Grüße
awo

blabla

Laut Bahlow (ISBN 3-518-37721-3<1600>) hat Wedde seinen Ursprung im indogermanischen wad (wed) und bedeutet "Sumpf".

chabbs

Mit widu dürfte das nicht viel zu tun haben.

Das kommt wohl von "Weide", Du kannst das (auch wenn es weiter nördlich liegt) mit dem Ort Avenwedde bei Gütersloh vergleichen. Die erste Erwähnung nennt hier Ovenwide. Von wide bekommst Du auch eine sprachgeschichtlich richtige Herleitung hin.

Weshalb die enge Verknüpfung zu Gewässern besteht, kann ich bei euch nur raten. Ich vermute aber, dass die Flur etwas tiefer gelegen ist, und daher für eine Ackerwirtschaft ungünstig war- weshalb man einfach dort seine Viecher zum weiden schickte.


Hier noch mal der Auszug aus dem mittelhochdeutschen Wörterbuch v. Benecke. Ist auch im Netz verfügbar: http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/bmz/wbgui?lemmode=lemmasearch&mode=linking&textsize=600&onlist=&word=wide&lemid=BW01306&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern=

ZitatWÎDE   swf. weide. ahd. wîda Graff 1, 766. 773. lat. vitex, gr. ιτεα; vgl. wida. salix sumerl. 15,74. 39,57. 45,38. 58,32. voc. o. 41,164. gl. Mone 4, 94. Diefenb. gl. 241. populus sumerl. 13,23. i t i a (ιτεα) wît das. 10,18. – ich vant daჳ schif bî einer wilden wîden Nib. 1508,2. unser herre Krist hieჳ von dornen rôsen springen, mit süeჳer vruht vürdringen daჳ honic von der wîden (: lîden) Barl. 20,19 Pf. ein korbelîn von binson u. von wîdon Griesh. pred. 2,111.


Das heißt übrigens nicht, dass Bahlow hier falsch liegt (obwohl er das gerne mal tut :zwinker:) Aber Bahlow ist ein Namenlexikon für Haus-und Familiennamen. Außerdem steh ich so gar nicht auf "indogermanische" Herleitungen...da wurde im 19. Jhdt. viel verbaselt, weil die allgemeine Römer- und Antikenhysterie seltsame Blüten trieb- jeder zweite Berg bei uns in der Gegend wäre demnach ein Opferberg oder Ort der Varuskatastrophe :narr:
Meist reichen Mittelhoch- und niederdeutsch zur Bestimmung der Flurnamen aus...da braucht man keine künstlich hergeleitete Sprache für.

Was Du noch nachforschen könntest, wäre, ob es sich um ein kirchliches Gut handeln könnte. Wäre zwar ein bisschen untypisch, aber spannend. Manche der wide- wedde-vidu- etc. leiten sich auch vom Wittdum/Widum ab. Das sind nun keine Weiden, sondern "gewidmete" Höfe. D.h. das sie zur Versorgung der geistlichen oder der adeligen eingerichtet wurden, um diesen ein Auskommen zu bescheren. Das sagt Wiki dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Wittum

Wie gesagt, die erste Herleitung gefällt mir eher, aber nur so als Weiterbildung :winke:


Liebe Grüße!

Daniel

Zitat von: chabbs in 04. Dezember 2009, 08:54:28
Manche der wide- wedde-vidu- etc. leiten sich auch vom Wittdum/Widum ab. Das sind nun keine Weiden, sondern "gewidmete" Höfe. D.h. das sie zur Versorgung der geistlichen oder der adeligen eingerichtet wurden, um diesen ein Auskommen zu bescheren. Das sagt Wiki dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Wittum
Wäre dann vergleichbar mit einem Meyerhof?
http://www.scheessel.de/04_kultur-tourismus/sehenswuerdigkeiten/meyerhof-geschichte.php

Gruß Daniel
Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

chabbs

Zitat von: Daniel in 04. Dezember 2009, 09:29:01

Wäre dann vergleichbar mit einem Meyerhof?
http://www.scheessel.de/04_kultur-tourismus/sehenswuerdigkeiten/meyerhof-geschichte.php


Ja, das ist schon vergleichbar. Die drei großen Ministerialen auf dem Land würde ich als Meier, Schulte (Schultheiß) und Wiedemann (Wittumsmann) bezeichnen. Auch wenn das jetzt etwas plakativ bleiben muss, weil ich sonst den ganzen Tag schreiben würde :smoke:

Der Schultheiß (Schulze, Schulte etc.) war der sculdheizo, der die Leistung einfordert. Vertreter der niedrigen Gerichtsbarkeit und dem Grafen untergeordnet. Er war damit der Gemeindevorsteher. Es gab ihn somit auf dem Land und in der Stadt...

Der Meier, der sprachgesch. vom Major abstammt, war natürlich auch der Vorsteher. Er betrieb meist den Fronhof und setzte dafür auch Hörige ein, die zu Handdiensten verpflichtet war. Im Verlauf des Mittelalters verblasste diese Stellung allerdings etwas, d.h. auch immer mehr Hofpächter oder selbstständige Bauern (die dennoch zu Handdiensten verpflichtet sein konnten) trugen diese Bezeichnung. Deshalb gehört der Name auch mit zu den häufigsten in Deutschland...bei wiki eig. ganz nett erklärt:
ZitatDie Meier waren ursprünglich selbst Hörige; im Lauf des Mittelalters konnten sie oft zu Ministerialen aufsteigen und versuchten, ihr Meieramt zu einem erblichen Lehen zu machen. Im Zuge dieser Entwicklung wurden die Naturalabgaben von den Grundherrn häufig in eine feste, jährlich zu entrichtende Summe umgewandelt, so dass der Meier vom Gutsverwalter zum Pächter wurde. Das Gut hieß dann Meierhof oder Meiergut (Kolonat). Aus dieser bäuerlichen Berufs- und Stellungsbezeichnung bildete sich der häufig anzutreffende Familienname Meier mit seinen orthografischen Varianten

Das Widum/Wittum hingegen hat eine etwas andere Geschichte... Das vidualitium wurde eigentlich erst als eine Art Witweversorgung eingerichet und bestand aus beweglichen Gütern. Erst später wurden dann "Immobilien" daraus, wodurch sich dann die weiteren Formen entwickeln konnten. Auch, der Einfachheit halber, wieder Wiki:
ZitatAdelige Familien, die ihre weiblichen Mitglieder in Klöstern unterbrachten, statteten diese mit sogenannten Widumshöfen aus. Um die adeligen Nonnen von jeglicher Arbeit zu befreien, erhielten die Klöster Höfe mitsamt Leibeigenen zur Versorgung der Damen. In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff Widumshof auch auf den Pfarrhof übertragen, der dem Geistlichen als wirtschaftliche Grundlage diente.

Dort ist also die Bedeutungswandlung zu sehen. Im späten MA und der FNZ trifft man dann am häufigsten auf Wittumsmänner (z.B. Wiedemann, der also nicht wie oft angenommen von der Weide kommt....), die kirchliches Gut verwalteten oder eben bewirtschafteten. Der große Unterschied scheint mir aber ab dem Spät-MA zu sein, dass es eben um kirchliche Güter ging und dass die Güter somit auch komplett im Besitz und Eigentum der Kirche blieben.

Ich hoffe, ich konnte etwas helfen. Wenn noch Fragen sind...ihr wisst ja, wo ihr mich findet. Kann mich gerne auch mal näher mit dem Thema hier befassen. Wie gesagt, es ist ein weites Feld. Das hier nur eine Kurzerklärung.


LG chabbs


insurgent

Zitat von: chabbs in 04. Dezember 2009, 11:20:27


Ich hoffe, ich konnte etwas helfen. Wenn noch Fragen sind...ihr wisst ja, wo ihr mich findet. Kann mich gerne auch mal näher mit dem Thema hier befassen. Wie gesagt, es ist ein weites Feld. Das hier nur eine Kurzerklärung.


LG chabbs



Danke  :super:
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Daniel

Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

awo

#12
Danke für die Informationen! Sie sind mir sehr hilfreich !

Die Wedde ist ein abschnitt bei uns im Bach des Ortes. Im Nachbarort gibt es auch eine Wedde (Laut meiner Oma war es eine Art Teich im Ort, der später von der Feuerwehr genutzt wurde. Bei uns in der Region sagte  mein Opa damals: wir sollen  "nicht so eine Wedde machen "...wenn wir als Kinder mit Wasser spielten.

Im Internet habe ich gefunden, das dieses Wort germanisch auch "Weide (Baum)" bezeichnet -> Weiden am Wasser ?!


direkt davor im Bach ist "die Alte Nächt" ein paar Häuser am Bach, wo früher eine Furt war und eine "Geleitstelle"

->Was bedeutet "Alte Nächt "

Pituli

Hi

Deine Oma hat nicht ganz unrecht.

Die Übersetzung in der germanischen Etymologie :

Wedde = Tränke ( Wortstamm Wadi-Wedde- )

Hat also mit Wasser zu tun. :winke:

Ich empfehle bei der Wortsuche von Flurnamen immer die etymologischen Auswertungen.

liebe Grüße

Pituli

awo

Wo kann man denn die etymologischen Auswertungen nachschauen ? Gibts da was brauchbares online ?

chabbs

Zitat von: awo in 25. Februar 2010, 12:41:55
Wo kann man denn die etymologischen Auswertungen nachschauen ? Gibts da was brauchbares online ?

Wie gesagt, vergiss das mit der "germanischen" Etymologie mal ein wenig. Außer bei Fluss-oder Gewässernamen sind diese germanischen (kein Mensch weiß genau, was das ist...) Namen seltenst  erhalten geblieben. Denkt daran, nicht jeder Römerweg ist auch ein Römerweg!
Die meisten Namen stammen tatsächlich aus dem Mittelalter. Für diese Namen gibt es gute Bezugspunkte:

Etwa in Mittelhochdeutschen, oder in niederdeutschen Wörterbüchern. Diese gibt es sogar online im Netz.

http://germa83.uni-trier.de/MWV-online/WBInfos.html
http://www.mediaevum.de/wb1.htm

Andy

Hallo,
ich komme ja auch aus Bw, doch Wedde hab ich noch nie gehört oder gelesen,
könnte es auch sein daß dieses Wort in einer ganz eng begrenzten Region so genutzt wurde? Wedde-Weide könnte sein, Weiden wachsen ja am Bach,"Alte Nächt" könnte auf alte , lang genutzte Nachtweide hinweisen
Gruß
Andy

awo

Ich habe in einer Oberabtsbeschreibung, unserer Gegend (Da werden die Orte des Oberamts beschrieben) immer Wedde in Verbindung mit Wasser bzw. Tümpel im Ort gefunden.

Andy

Na dann wird das in diesem Oberamt so verwendet worden sein, nehm ich mal schwer an, welche Gegend ist denn das ?