Wilhelm II mit seltsamen Schäden

Begonnen von RockandRole, 16. November 2016, 14:57:27

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RockandRole

Servus Leute,

heute durfte ich diesen Wilhelm II aus dem Boden ziehen. Nach der anfänglichen Freude sind mir diese Schäden unter der dicken Sulfidkruste aufgefallen. Nach mehreren Planschbädern in Ascorbinsäure stellte sich heraus, dass kaum noch etwas auf der Münze zu erkennen ist. Das was man jetzt noch lesen kann, war vorher auch schon gut zu lesen gewesen.

Wie erklärt man sich denn so eine Zerstörung? Ich dachte Silber wäre recht stabil im Boden.

Danke schon mal für die Aufklärung und liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

stratocaster

Hallo Daniel,

geh mal in die Suche unter "Hornsilber".
Leider nützt da viel Vitamin C gar nichts, und Du hast jetzt die Erfahjrung gemacht,
die viele von uns leider auch schon machen durften  :irre: :heul:

Viele schwören auf C-4´s Wundermittel und ich habe mein scharfes Skalpell.

Gruß  :winke:
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und dennoch geschwiegen haben !

RockandRole

Hey Strato  :winke:

das heißt, mit einem Komplexbildner hätte ich da evtl. noch mehr herausholen können? Ich hätte mal ein vorher Bild machen sollen, an den Rändern und in die Mitte rein war es schon blank und so dünn wie jetzt. Lediglich auf der Rückseite war der Adler noch im hornigen Silber zu erkennen gewesen, aber nicht so scharf wie auf einer gut erhaltenen Münze, sondern so wie nach 4-8 Bier  :prost:

Hab hier mal was zu Hornsilber und Komplexbildner

Das Silber ist schon seit frühester Zeit zum Prägen von Münzen verwendet worden. Entsprechend lang können die Verweilzeiten von Silbergegenständen daher auch im Boden sein (bzw. in anderen Medien, wie z.B. im Schlamm von Flüssen oder in auch Mooren). Silber bleibt an der Luft im Allgemeinen blank, solange keine Spuren von Schwefelverbindungen, vornehmlich ist hier der Schwefelwasserstoff zu nennen, vorhanden sind. Zum Schwefel besitzt das Metall eine besonders große Affinität, das heißt, es bildet sehr leicht Überzüge aus der Verbindung Silbersulfid Ag2S. An der (schwefelfreien) Luft bleibt das Metall glänzend, es bildet sich erst bei hohen Temperaturen (glühen) im Sauerstoffstrom ein dunkelbrauner Film aus Silberoxid, der nicht besonders beständig ist. Das mit dem Schwefel gebildete Silbersulfid hat eine dunkelbraune bis tiefschwarze Farbe und ist chemisch recht beständig. Es bildet den hauptsächlichen Teil der Patina des Silbers, auch die so von vielen Sammlern geschätzten, warmen Altsilber-Töne sind auf sehr dünne Schichten von Silbersulfid zurückzuführen. Das Sulfid hat von Natur aus schon bei seiner Entstehung eine sehr dunkle Farbe, was für andere Silberverbindungen nicht gilt, (darauf beruht die Verwendung des Metalls in der Fototechnik!). Besonders empfindlich sind in dieser Beziehung die Halogenide des Silbers: Silberchlorid, -bromid und —iodid. Diese Verbindungen sind bei ihrer Entstehung in reinem Zustand weiß bzw. gelb. Erst unter dem Einfluß von Licht verfärben sie sich dunkel, da durch ihre Instabilität metallisches Silber in fein verteilter Form freigesetzt wird. Deshalb verfärbt sich z.B. Silberchlorid AgCl zunächst hellgrau, dann dunkelgrau und schließlich schwarz. Wie schnell dieser Prozeß abläuft, hängt vor allem von der Stärke und der Beschaffenheit des Lichteinfalls auf das Silberchlorid ab.
Im Boden sind neben einer Vielzahl von chemischen Stoffen auch Ionen der Halogene, hauptsächlich des Chlors, vorhanden, (in salzhaltigen Böden besonders stark vertreten) Dadurch kann es zur Bildung einer Schicht aus Silberchlorid auf den Fundgegenständen kommen. Diese Schicht kann Teile des Gegenstandes oder dessen gesamte Oberfläche überziehen. Diese auch Hornsilber genannten Überzüge aus Silberchlorid sind von dunkelgrauer, brauner oder schwarzbrauner bis tiefschwarzer Färbung und ziemlich zäh, daher ist ihre mechanische Entfernung nicht ganz einfach. Allerdings bestehen die Beläge auf Stücken, die im Boden lagen, nicht immer nur aus reinem Silberchlorid, sondern oft aus Gemischen von AgCl, Ag2S und Stoffen aus dem Boden wie Sand, Kalk und Humus. Besonders die oft für Münzen verwendeten Silber — Kupfer - Legierungen (Billon) sind anfallig für die Bildung solcher Hornsilber - Auflagen. Bei Feinsilber (hochkarätiges Silber) ist die Neigung zur Silberchlorid-und Silbersulfidbildung etwas geringer, jedoch immer noch deutlich vorhanden. Die Entfernung der Beläge ist auf verschiedene Weise möglich, unter den chemischen Methoden sind die Auflösung mit speziellen Komplexbildnern sowie die Reduktionsmethode die wichtigsten. Bei der Reduktionsmethode wird das Silberchlorid (oder-sulfid, je nachdem) mit Hilfe von lauge (Natronlauge und Aluminium — Pulver reduziert, auch die Verwendung von Zinkblech und Schwefelsäure ist möglich. Die reduzierende Behandlung ist recht wirksam, allerdings etwas umständlich in der Anwendung. Ein weiterer Nachteil besteht in der möglichen Bildung von Metall - Niederschlägen auf dem Gegenstand, d.h., es scheidet sich metallisches Silber in fester Form auf einer Münze oder einem Schmuckgegenstand nieder. Das kann zu bestimmten optischen Beeinträchtigungen fuhren. Dieses abgeschiedene Metall ist mitunter nur schwer wieder zu entfernen. Dieses Problem besteht bei der Anwendung von Reinigern auf Komplexbildner — Basis nicht, hier wird das Hornsilber komplett in Lösung gebracht und verbleibt gelöst im Reinigungsbad bis zum Ende der Behandlung. Schäden am Metall selbst entstehen nicht (bis auf das eventuelle Sichtbarwerden von Schäden, die unter dem Belag unsichtbar vorhanden waren!) Wohlgemerkt entfernt diese Reinigungslösung nur das Hornsilber (Silberchlorid), nicht die ,,normale" Silberpatina auf der Basis von Silbersulfid. In ungünstigen Fällen, wenn also z.B. auf einer Münze ein Teil der einigermaßen einheitlich gefärbten Patina aus dem genannten Hornsilber besteht, welches aber eine ähnliche Färbung wie die umgebende Patina hat, kann das Resultat einer Anwendung des Reinigungsmittels in einer fleckigen Patina bestehen.

Quelle: Fa. CSP – Chemische Spezialprodukte Olaf Günther

Muss ich mir mal bestellen

liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Quellbrunn

Hallo, kommt immer auf den Zustand an ob ich mich für mechanische Reinigung oder Chemie entscheide. Im Nachbarforum ist da ein schönes Anwendungsbeispiel veröffentlicht, das ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Bei Silber noch unproblematischer als bei Cu. Wunder erreichst Du damit aber auch nicht, suche mal auf schatzsucher.de nach edta und Anwendungsbeispiel. Ich weiß nicht ob ein link hier erwünscht ist.
Grüße von QB

stratocaster

Zitat von: Quellbrunn in 16. November 2016, 16:59:01

Ich weiß nicht ob ein link hier erwünscht ist.


Ach, warum denn nicht.

Gruß  :winke:
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