Kerben auf Knochen

Begonnen von Grenzton, 14. Mai 2007, 16:29:42

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Grenzton

Hallo.
Nachdem ich schon in diversen paläontologischen Foren die Frage nach der Deutung von Kerben auf einem Mittelfußknochen eines Equus sp. gestellt habe, und bisher noch niemand wirklich einen Tip hatte, will ich dies hier noch einmal posten.
Die Knochen habe ich im aufgebaggerten Boden einer Baustelle gefunden, somit ist die genaue Fundherkunft nicht sicher.
Sicher ist, die Fundstelle befindet sich in der näheren Umgebung der von mir bei Amt gemeldeten Fundstelle der Keramikscherben.
Bei der Begehung schätzte ein Archäologe vom Amt meine Etdeckung als eisenzeitlich ein.
Könnte es einen zusammenhang geben? Ich glaube eher das die Knochen wesentlich älter sind denn sie sind nahezu versteinert.
Auf einer Flachseite sind Kratzspuren durch den Bagger oder Geröll entstanden, aber auf einem Querseitenende sind mehrere "Kerbenpaare" zu erkennen die alle ähnlich zueinander stehen.
Bisswunden?      ...warum dann nicht auch von der anderen Seite?
Schnittwunden?  ...warum dann an unterschiedlichen Stellen?
Schlagmarken?  ...warum dann so weit vom Gelenkkopf weg?

Ich hatte mal einen Wirbelknochen eines miozänen Rochens gefunden an dem ich Bissmarken eines Haies feststellen konnte, da ein Haigebiss (Revolvergebiss) eine charakteristische Zahnanordnung hat, konnte das eindeutig erkannt werden.

Ich weiß nicht mehr weiter, bitte helft mir.

Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Grenzton

hier der Wirbelknochen des "Opfers"
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Albrecht

Hallo!
Erstmal glaube ich nicht, dass die Knochen fast versteinert sind. Sehen einfach sehr gut erhalten aus. Das kann an einem geringen Alter oder aber einer günstigen Lagerung gekommen sein. Für die Marken gibt es genau die Möglichkeiten, welche Du selbst schon angeführt hast. Bissspuren, Schlachtspuren oder sonstige Bearbeitungsspuren, bzw. Marken vom Einsatz als Werkzeug.

Grenzton

Hallo Albrecht.
Es gibt einen einfacher Trick um herauszufinden ob ein Knochen rezent oder schon fossiliert ist, der Zungentest. Bleibt die Zunge bei Berührung heftig kleben ist der Knochen rezent da das Colagen noch in der Knochensubstanz enthalten ist und Wasser geradezu aufsaugt. Wenn das aber nicht der Fall ist, geht das alter schon eher in die Richtung Versteinerung.
Was den farblichen Zustand angeht ist das sehr abhängig von den Sedimenten in denen ein Knochen eingebettet ist. In diesem Fall helle Sande aus der Saale-postglazial dicht über Oberkreide, also max. 120000 Jahren. Da der Baggeraushub aus "gewachsenem" Boden stammt glaube ich nicht an eine industrieelle Entsorgung dieses und anderer Knochen.
Das sagt natürlich nichts aus, ich weiß, aber dennoch.

Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!

Albrecht

Ok, wußte ich auch noch nicht. Meist sind die Knochen mit denen ich es zu tun habe nicht älter als zweitausend Jahre. Wir haben hier auch teilweise sehr kalkarme und durchlässige Böden, weshalb sich fast nur in Gruben oder Kulturschichten Knochen gut erhalten haben.

Rambo

Das mit der Zunge ist ein guter Trick nur leider  ist er für die Katze. Wenn es so einfach wäre... aber man sollte zunächst einmal definieren was ist fossil. Ich halte den Knochen für rezent
Die Verfärbung von Knochen hängt sehr vom Boden ab in dem sie liegen, ich habe einen rezenten Schädel der sieht aus als wäre er schon ein paar 1000 Jahre alt und dafür einen Schädel aus einem gesicherten frühmittelalterlichen Reihengräberfeld der sieht aus als wäre er erst von 10 Jahren in den Boden gekommen. Die Verfärbung hat wenig bis gar nichts mir der ,,Liegedauer" eines Knochen zu tun.
Daher tippe ich bei den ,,Marken" eher auf Bissspuren welche jedoch auch Postmortal sein kann. (zB Nagetieer wie Ratte usw.)
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Grenzton

Hallo Ranbo.
Wenn ein Knochen oder andere organischen Substanzen versteinern, wird doch die ursprügliche hier nun Knochensubstanz in mineralisch bzw. mikrokristalline Matrix umgewandelt. Somit verändert sich doch auch das relative Gewicht des Knochens, bei Calzit oder Quarz liegt die Dichte etwa bei 2,6-2.8g/cm3, und dieser Knochen wie auch der Hufknochen sind recht schwer.
Ich will ihn nicht anbohren oder anschleifen, aber mit einem Zahnarztstichel kann ich die Oberfläche nicht mal eben anritzen.
Oder sind Pferdeknochen so viel härter? Ich denke nicht. Von der Fundstelle konnte ich auch noch weitere Knochen aufsammeln, die im Gegensatz zu den Pferdeknochen weich und leicht sind, da lasse ich mich auf rezentes Material ein. Aus anderen Fundstellen in Holland habe ich weitere Knochen z,B. Mammut, Schildkröte, Krokodil aus dem Miozän, da sind die glaukonithaltigen Minerale in den Knochen übergegangen und haben sie fast schwarz verfärbt.
Aber ich denke das ich bei den Knochen hart an der Grenze zum Fossil bin.
Ich weiß, es ist immer besser wenn man sowas selbst in der Hand halten kann um ein Gefühl für so einen Knochen zu bekommen.
Vielleicht ist es das Beste, wenn ich alles was ich sonst noch von der Fundstelle habe mal den Archäologen vorlege, die arbeiten ja nun auch mit der Paläontologie zusammen.
Habe auch noch einige Feuersteinstücke in meinem Wascheimer die ich eigentlich in experimenteller Archäologie zu Flintwerkzeugen verarbeiten möchte, wer weiß ob sich unter den Stücken nicht noch was verbirgt was ich lieber heil lassen sollte...
Kalle
Ich möchte schlafend sterben wie mei Opa, und nicht schreiend wie sein Beifahrer!